Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Das XII. Capitel
des Evangelii mißbrauchten zu einen gott-
losen liederlichen Leben/ als wenn die
Freyheit in der ungezähmten Ubung al-
ler Laster bestünde. Welches gleichfals
den Päbstlichen Anlaß gab Lutheri Leh-
re zu lästern; zumahl dieser das ärgerli-
che Leben der Clerisey heftig durchgezo-
gen/ und damit sich grossen Beyfall ge-
machet. Es war auch ein groß Un-
glück/ daß bald nach Lutheri Predigt ein
grosser Schwarm abscheulicher Phan-
tasten ausflog/ als da waren die Wieder-
täuffer/ und dergleichen. Jtem/ daß
die Bauren in Teutschland toll wurden/
und einen gefährlichen Auffstand anfin-
gen. Welches alles von des Pabsts Crea-
turen des Lutheri Lehre zugerechnet
ward. Und begunten deswegen viel
Potentaten diese Lehre für verdächtig
zu halten/ als wenn dadurch eine gesetzlo-
se Licentz des Pöbels eingeführet wür-
de; welches ihnen ein grösser Ubel dün-
ckete/ als daß sie etwas von der Cleri-
sey gedruckt würden: und huben dem-
nach an mit aller Gewalt des Lutheri
Lehre sich zuwidersetzen. Einige wol-
len auch der Academie zu Paris et-
was hierinne zu schreiben/ weil Luthe-
rus
sich soll eingebildet haben/ selbige

wä-

Das XII. Capitel
des Evangelii mißbrauchten zu einẽ gott-
loſen liederlichen Leben/ als wenn die
Freyheit in der ungezaͤhmten Ubung al-
ler Laſter beſtuͤnde. Welches gleichfals
den Paͤbſtlichen Anlaß gab Lutheri Leh-
re zu laͤſtern; zumahl dieſer das aͤrgerli-
che Leben der Cleriſey heftig durchgezo-
gen/ und damit ſich groſſen Beyfall ge-
machet. Es war auch ein groß Un-
gluͤck/ daß bald nach Lutheri Predigt ein
groſſer Schwarm abſcheulicher Phan-
taſten ausflog/ als da waren die Wieder-
taͤuffer/ und dergleichen. Jtem/ daß
die Bauren in Teutſchland toll wurden/
und einen gefaͤhrlichen Auffſtand anfin-
gen. Welches alles von des Pabſts Crea-
turen des Lutheri Lehre zugerechnet
ward. Und begunten deswegen viel
Potentaten dieſe Lehre fuͤr verdaͤchtig
zu halten/ als wenn dadurch eine geſetzlo-
ſe Licentz des Poͤbels eingefuͤhret wuͤr-
de; welches ihnen ein groͤſſer Ubel duͤn-
ckete/ als daß ſie etwas von der Cleri-
ſey gedruckt wuͤrden: und huben dem-
nach an mit aller Gewalt des Lutheri
Lehre ſich zuwiderſetzen. Einige wol-
len auch der Academie zu Paris et-
was hierinne zu ſchreiben/ weil Luthe-
rus
ſich ſoll eingebildet haben/ ſelbige

waͤ-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0852" n="822"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">XII.</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
des <hi rendition="#aq">Evangelii</hi> mißbrauchten zu eine&#x0303; gott-<lb/>
lo&#x017F;en liederlichen Leben/ als wenn die<lb/>
Freyheit in der ungeza&#x0364;hmten Ubung al-<lb/>
ler La&#x017F;ter be&#x017F;tu&#x0364;nde. Welches gleichfals<lb/>
den Pa&#x0364;b&#x017F;tlichen Anlaß gab <hi rendition="#aq">Lutheri</hi> Leh-<lb/>
re zu la&#x0364;&#x017F;tern; zumahl die&#x017F;er das a&#x0364;rgerli-<lb/>
che Leben der Cleri&#x017F;ey heftig durchgezo-<lb/>
gen/ und damit &#x017F;ich gro&#x017F;&#x017F;en Beyfall ge-<lb/>
machet. Es war auch ein groß Un-<lb/>
glu&#x0364;ck/ daß bald nach <hi rendition="#aq">Lutheri</hi> Predigt ein<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Schwarm ab&#x017F;cheulicher Phan-<lb/>
ta&#x017F;ten ausflog/ als da waren die Wieder-<lb/>
ta&#x0364;uffer/ und dergleichen. Jtem/ daß<lb/>
die Bauren in Teut&#x017F;chland toll wurden/<lb/>
und einen gefa&#x0364;hrlichen Auff&#x017F;tand anfin-<lb/>
gen. Welches alles von des Pab&#x017F;ts Crea-<lb/>
turen des <hi rendition="#aq">Lutheri</hi> Lehre zugerechnet<lb/>
ward. Und begunten deswegen viel<lb/>
Potentaten die&#x017F;e Lehre fu&#x0364;r verda&#x0364;chtig<lb/>
zu halten/ als wenn dadurch eine ge&#x017F;etzlo-<lb/>
&#x017F;e Licentz des Po&#x0364;bels eingefu&#x0364;hret wu&#x0364;r-<lb/>
de; welches ihnen ein gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Ubel du&#x0364;n-<lb/>
ckete/ als daß &#x017F;ie etwas von der Cleri-<lb/>
&#x017F;ey gedruckt wu&#x0364;rden: und huben dem-<lb/>
nach an mit aller Gewalt des <hi rendition="#aq">Lutheri</hi><lb/>
Lehre &#x017F;ich zuwider&#x017F;etzen. Einige wol-<lb/>
len auch der <hi rendition="#aq">Academie</hi> zu Paris et-<lb/>
was hierinne zu &#x017F;chreiben/ weil <hi rendition="#aq">Luthe-<lb/>
rus</hi> &#x017F;ich &#x017F;oll eingebildet haben/ &#x017F;elbige<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wa&#x0364;-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[822/0852] Das XII. Capitel des Evangelii mißbrauchten zu einẽ gott- loſen liederlichen Leben/ als wenn die Freyheit in der ungezaͤhmten Ubung al- ler Laſter beſtuͤnde. Welches gleichfals den Paͤbſtlichen Anlaß gab Lutheri Leh- re zu laͤſtern; zumahl dieſer das aͤrgerli- che Leben der Cleriſey heftig durchgezo- gen/ und damit ſich groſſen Beyfall ge- machet. Es war auch ein groß Un- gluͤck/ daß bald nach Lutheri Predigt ein groſſer Schwarm abſcheulicher Phan- taſten ausflog/ als da waren die Wieder- taͤuffer/ und dergleichen. Jtem/ daß die Bauren in Teutſchland toll wurden/ und einen gefaͤhrlichen Auffſtand anfin- gen. Welches alles von des Pabſts Crea- turen des Lutheri Lehre zugerechnet ward. Und begunten deswegen viel Potentaten dieſe Lehre fuͤr verdaͤchtig zu halten/ als wenn dadurch eine geſetzlo- ſe Licentz des Poͤbels eingefuͤhret wuͤr- de; welches ihnen ein groͤſſer Ubel duͤn- ckete/ als daß ſie etwas von der Cleri- ſey gedruckt wuͤrden: und huben dem- nach an mit aller Gewalt des Lutheri Lehre ſich zuwiderſetzen. Einige wol- len auch der Academie zu Paris et- was hierinne zu ſchreiben/ weil Luthe- rus ſich ſoll eingebildet haben/ ſelbige waͤ-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/852
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 822. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/852>, abgerufen am 22.11.2024.