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Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

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Das XII. Capitel
wohl stehen würde/ mit menschlichen
Gesetzen und Verträgen den jenigen zu
binden/ der den Heil. Geist so überflüs-
sig in scrinio pectoris wohnende haben
soll. Jedoch ist das Collegium Cardina-
Cardinal-
stand.
lium gleichsam perperuus Senatus des
Kirchen-Staats/ wie bey den Hohen
Stifftern in Teutschland das Thum-
Capitel ist/ dero Rath sich der Pabst in
wichtigen Sachen bedienet. Wiewol
auch vielmal der Pabst und seine Nipoti
nicht viel nach der Cardinäle Rath und
Einwilligung fragen/ sondern thun was
ihnen selbst gefället. Die vornemste Wür-
de der Cardinäle bestehet darinnen/ daß
sie einen Cardinal wehlen/ und zwar ei-
nen aus ihren Mitteln/ weil sie am
nächsten darzu sind/ und einen haben
müssen/ der an die Geschäffte des Hofs
zu Rom gewohnet ist. Die ordentliche
Anzahl derer ist siebenzig/ sind aber selten
complet. Sie lassen sich mit dem Titel E-
minentz
aus Verordnung Urbani VIII.
tractir
en/ da sie vorher Illustrissimi hies-
sen/ welcher Titel in Jtalien gar gemein
wurde. Weil aber die Cardinäle ihren
Titel vergrösserten/ wolten die Fürsten in
Jtalien auch Altezza heissen/ da ihnen
zuvor Excellenza genug war. Diese Car-
dinäle zu wehlen stehet bey dem Pabst/

der

Das XII. Capitel
wohl ſtehen wuͤrde/ mit menſchlichen
Geſetzen und Vertraͤgen den jenigen zu
binden/ der den Heil. Geiſt ſo uͤberfluͤſ-
ſig in ſcrinio pectoris wohnende haben
ſoll. Jedoch iſt das Collegium Cardina-
Cardinal-
ſtand.
lium gleichſam perperuus Senatus des
Kirchen-Staats/ wie bey den Hohen
Stifftern in Teutſchland das Thum-
Capitel iſt/ dero Rath ſich der Pabſt in
wichtigen Sachen bedienet. Wiewol
auch vielmal der Pabſt und ſeine Nipoti
nicht viel nach der Cardinaͤle Rath und
Einwilligung fragen/ ſondern thun was
ihnen ſelbſt gefaͤllet. Die voꝛnemſte Wuͤr-
de der Cardinaͤle beſtehet darinnen/ daß
ſie einen Cardinal wehlen/ und zwar ei-
nen aus ihren Mitteln/ weil ſie am
naͤchſten darzu ſind/ und einen haben
muͤſſen/ der an die Geſchaͤffte des Hofs
zu Rom gewohnet iſt. Die ordentliche
Anzahl derer iſt ſiebenzig/ ſind aber ſelten
complet. Sie laſſen ſich mit dem Titel E-
minentz
aus Verordnung Urbani VIII.
tractir
en/ da ſie vorher Illuſtriſſimi hieſ-
ſen/ welcher Titel in Jtalien gar gemein
wurde. Weil aber die Cardinaͤle ihren
Titel vergroͤſſerten/ wolten die Fuͤrſten in
Jtalien auch Altezza heiſſen/ da ihnen
zuvor Excellenza genug war. Dieſe Car-
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[846/0876] Das XII. Capitel wohl ſtehen wuͤrde/ mit menſchlichen Geſetzen und Vertraͤgen den jenigen zu binden/ der den Heil. Geiſt ſo uͤberfluͤſ- ſig in ſcrinio pectoris wohnende haben ſoll. Jedoch iſt das Collegium Cardina- lium gleichſam perperuus Senatus des Kirchen-Staats/ wie bey den Hohen Stifftern in Teutſchland das Thum- Capitel iſt/ dero Rath ſich der Pabſt in wichtigen Sachen bedienet. Wiewol auch vielmal der Pabſt und ſeine Nipoti nicht viel nach der Cardinaͤle Rath und Einwilligung fragen/ ſondern thun was ihnen ſelbſt gefaͤllet. Die voꝛnemſte Wuͤr- de der Cardinaͤle beſtehet darinnen/ daß ſie einen Cardinal wehlen/ und zwar ei- nen aus ihren Mitteln/ weil ſie am naͤchſten darzu ſind/ und einen haben muͤſſen/ der an die Geſchaͤffte des Hofs zu Rom gewohnet iſt. Die ordentliche Anzahl derer iſt ſiebenzig/ ſind aber ſelten complet. Sie laſſen ſich mit dem Titel E- minentz aus Verordnung Urbani VIII. tractiren/ da ſie vorher Illuſtriſſimi hieſ- ſen/ welcher Titel in Jtalien gar gemein wurde. Weil aber die Cardinaͤle ihren Titel vergroͤſſerten/ wolten die Fuͤrſten in Jtalien auch Altezza heiſſen/ da ihnen zuvor Excellenza genug war. Dieſe Car- dinaͤle zu wehlen ſtehet bey dem Pabſt/ der Cardinal- ſtand.

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Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 846. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/876>, abgerufen am 22.11.2024.