Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

Das XII. Capitel

daß sie des Pabsts interesse in allem fu-
geten. Und zwar so waren nicht allein
die Professores Theologiae, die sich die
Oberstelle zugeeignet hatten/ des Pabsts
Creaturen/ sondern auch die Professo-
res Juris Canonici, die geschäfftig wa-
ren des Pabsts Hoheit/ und seine der
Christenheit aufgedrungene decreta zu-
sampt der chicane auszubreiten. An-
gesehen eben das Jus Canonicum den
langweiligen Rechts-Proceß ausgehe-
cket/ nachdem die Clerisey so viel juris-
diction an sich gezogen/ damit ihr Geitz
desto mehr Anlaß hätte den Partheyen
Geschencke abzunehmen. Es waren
auch die meisten Philosophi des Pabsts
mancipia; so daß/ wenn gleich einer auf
den Grund der Sachen hätte suchen
wollen/ er gleich von den andern wäre
unterdruckt worden. So war auch die
Theologie und Philosophie, die man
auf selbigen Academien lehrete/ gar
nicht dahin angesehen/ daß die Leute sol-
ten gelehrter und klüger davon werden;
sondern daß sich die guten ingenia mit
dunckeln und leeren Grillen aufhielten/
damit sie von gründlicher Wissenschafft
derjenigen Dinge abgehalten würden/
die ihnen des Pabsts Betriegerey zu
erkennen Anlaß geben köndten. Jn-

massen

Das XII. Capitel

daß ſie des Pabſts intereſſe in allem fu-
geten. Und zwar ſo waren nicht allein
die Profeſſores Theologiæ, die ſich die
Oberſtelle zugeeignet hatten/ des Pabſts
Creaturen/ ſondern auch die Profeſſo-
res Juris Canonici, die geſchaͤfftig wa-
ren des Pabſts Hoheit/ und ſeine der
Chriſtenheit aufgedrungene decreta zu-
ſampt der chicane auszubreiten. An-
geſehen eben das Jus Canonicum den
langweiligen Rechts-Proceß ausgehe-
cket/ nachdem die Cleriſey ſo viel juris-
diction an ſich gezogen/ damit ihr Geitz
deſto mehr Anlaß haͤtte den Partheyen
Geſchencke abzunehmen. Es waren
auch die meiſten Philoſophi des Pabſts
mancipia; ſo daß/ wenn gleich einer auf
den Grund der Sachen haͤtte ſuchen
wollen/ er gleich von den andern waͤre
unterdruckt worden. So war auch die
Theologie und Philoſophie, die man
auf ſelbigen Academien lehrete/ gar
nicht dahin angeſehen/ daß die Leute ſol-
ten gelehrter und kluͤger davon werden;
ſondern daß ſich die guten ingenia mit
dunckeln und leeren Grillen aufhielten/
damit ſie von gruͤndlicher Wiſſenſchafft
derjenigen Dinge abgehalten wuͤrden/
die ihnen des Pabſts Betriegerey zu
erkennen Anlaß geben koͤndten. Jn-

maſſen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0892" n="862"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">XII.</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
daß &#x017F;ie des Pab&#x017F;ts <hi rendition="#aq">intere&#x017F;&#x017F;e</hi> in allem fu-<lb/>
geten. Und zwar &#x017F;o waren nicht allein<lb/>
die <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;ores Theologiæ,</hi> die &#x017F;ich die<lb/>
Ober&#x017F;telle zugeeignet hatten/ des Pab&#x017F;ts<lb/>
Creaturen/ &#x017F;ondern auch die <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;o-<lb/>
res Juris Canonici,</hi> die ge&#x017F;cha&#x0364;fftig wa-<lb/>
ren des Pab&#x017F;ts Hoheit/ und &#x017F;eine der<lb/>
Chri&#x017F;tenheit aufgedrungene <hi rendition="#aq">decreta</hi> zu-<lb/>
&#x017F;ampt der <hi rendition="#aq">chicane</hi> auszubreiten. An-<lb/>
ge&#x017F;ehen eben das <hi rendition="#aq">Jus Canonicum</hi> den<lb/>
langweiligen Rechts-<hi rendition="#aq">Proceß</hi> ausgehe-<lb/>
cket/ nachdem die Cleri&#x017F;ey &#x017F;o viel <hi rendition="#aq">juris-<lb/>
diction</hi> an &#x017F;ich gezogen/ damit ihr Geitz<lb/>
de&#x017F;to mehr Anlaß ha&#x0364;tte den Partheyen<lb/>
Ge&#x017F;chencke abzunehmen. Es waren<lb/>
auch die mei&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophi</hi> des Pab&#x017F;ts<lb/><hi rendition="#aq">mancipia;</hi> &#x017F;o daß/ wenn gleich einer auf<lb/>
den Grund der Sachen ha&#x0364;tte &#x017F;uchen<lb/>
wollen/ er gleich von den andern wa&#x0364;re<lb/>
unterdruckt worden. So war auch die<lb/><hi rendition="#aq">Theologie</hi> und <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophie,</hi> die man<lb/>
auf &#x017F;elbigen Academien lehrete/ gar<lb/>
nicht dahin ange&#x017F;ehen/ daß die Leute &#x017F;ol-<lb/>
ten gelehrter und klu&#x0364;ger davon werden;<lb/>
&#x017F;ondern daß &#x017F;ich die guten <hi rendition="#aq">ingenia</hi> mit<lb/>
dunckeln und leeren Grillen aufhielten/<lb/>
damit &#x017F;ie von gru&#x0364;ndlicher Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft<lb/>
derjenigen Dinge abgehalten wu&#x0364;rden/<lb/>
die ihnen des Pab&#x017F;ts Betriegerey zu<lb/>
erkennen Anlaß geben ko&#x0364;ndten. Jn-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ma&#x017F;&#x017F;en</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[862/0892] Das XII. Capitel daß ſie des Pabſts intereſſe in allem fu- geten. Und zwar ſo waren nicht allein die Profeſſores Theologiæ, die ſich die Oberſtelle zugeeignet hatten/ des Pabſts Creaturen/ ſondern auch die Profeſſo- res Juris Canonici, die geſchaͤfftig wa- ren des Pabſts Hoheit/ und ſeine der Chriſtenheit aufgedrungene decreta zu- ſampt der chicane auszubreiten. An- geſehen eben das Jus Canonicum den langweiligen Rechts-Proceß ausgehe- cket/ nachdem die Cleriſey ſo viel juris- diction an ſich gezogen/ damit ihr Geitz deſto mehr Anlaß haͤtte den Partheyen Geſchencke abzunehmen. Es waren auch die meiſten Philoſophi des Pabſts mancipia; ſo daß/ wenn gleich einer auf den Grund der Sachen haͤtte ſuchen wollen/ er gleich von den andern waͤre unterdruckt worden. So war auch die Theologie und Philoſophie, die man auf ſelbigen Academien lehrete/ gar nicht dahin angeſehen/ daß die Leute ſol- ten gelehrter und kluͤger davon werden; ſondern daß ſich die guten ingenia mit dunckeln und leeren Grillen aufhielten/ damit ſie von gruͤndlicher Wiſſenſchafft derjenigen Dinge abgehalten wuͤrden/ die ihnen des Pabſts Betriegerey zu erkennen Anlaß geben koͤndten. Jn- maſſen

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): CC BY-SA 4.0.
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/892
Zitationshilfe:	Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 862. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/892>, abgerufen am 22.11.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.