Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.vom Pabst. massen ihre Schul-Theologie nicht inErforschung und Auslegung der Heil. Schrifft bestehet/ sondern ein groß Theil in Erörterung unnützer Fragen/ so meists von Petro Lombardo, Thoma Aquinate, Scoto, und andern Patriar- chen der Pedanterie auf die Bahne ge- bracht worden. So ist auch dasjenige/ was sie Philosophie heissen nichts anders als eine colluvies von elenden Grillen/ aus leeren terminis und schlimmen La- tein bestehend; deren Wissenschafft den ingeniis mehr Schaden als Nutzen brin- get/ wenn man nichts bessers darbey ge- lernet hat. So daß alle ihre Wissen- schafft dahinaus lieffe/ daß man nichts rechts wissen solte. Und mit diesen Lumpereyen plagete man sich auff den Academien nicht allein in den Barba- rischen Zeiten; sondern noch diese Stun- de/ da die guten Wissenschafften so hoch gestiegen/ wird der alte Sauer- teig mit sonderbarem Fleiß unterhal- ten und fortgeflantzet; hingegen wer- den die guten soliden Wissenschafften unterdrücket/ und sonderlich diejeni- ge/ so den Leuten in den menschlichen Handlungen die Augen auffthun. Jn- massen vornehmlich die so nothwen- dige Doctrina moralis von ihnen gantz
vom Pabſt. maſſen ihre Schul-Theologie nicht inErforſchung und Auslegung der Heil. Schrifft beſtehet/ ſondern ein groß Theil in Eroͤrterung unnuͤtzer Fragen/ ſo meiſts von Petro Lombardo, Thoma Aquinate, Scoto, und andern Patriar- chen der Pedanterie auf die Bahne ge- bracht worden. So iſt auch dasjenige/ was ſie Philoſophie heiſſen nichts anders als eine colluvies von elenden Grillen/ aus leeren terminis und ſchlimmen La- tein beſtehend; deren Wiſſenſchafft den ingeniis mehr Schaden als Nutzen brin- get/ wenn man nichts beſſers darbey ge- lernet hat. So daß alle ihre Wiſſen- ſchafft dahinaus lieffe/ daß man nichts rechts wiſſen ſolte. Und mit dieſen Lumpereyen plagete man ſich auff den Academien nicht allein in den Barba- riſchen Zeiten; ſondern noch dieſe Stun- de/ da die guten Wiſſenſchafften ſo hoch geſtiegen/ wird der alte Sauer- teig mit ſonderbarem Fleiß unterhal- ten und fortgeflantzet; hingegen wer- den die guten ſoliden Wiſſenſchafften unterdruͤcket/ und ſonderlich diejeni- ge/ ſo den Leuten in den menſchlichen Handlungen die Augen auffthun. Jn- maſſen vornehmlich die ſo nothwen- dige Doctrina moralis von ihnen gantz
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Erforſchung und Auslegung der Heil.
Schrifft beſtehet/ ſondern ein groß Theil
in Eroͤrterung unnuͤtzer Fragen/ ſo
meiſts von Petro Lombardo, Thoma
Aquinate, Scoto, und andern Patriar-
chen der Pedanterie auf die Bahne ge-
bracht worden. So iſt auch dasjenige/
was ſie Philoſophie heiſſen nichts anders
als eine colluvies von elenden Grillen/
aus leeren terminis und ſchlimmen La-
tein beſtehend; deren Wiſſenſchafft den
ingeniis mehr Schaden als Nutzen brin-
get/ wenn man nichts beſſers darbey ge-
lernet hat. So daß alle ihre Wiſſen-
ſchafft dahinaus lieffe/ daß man nichts
rechts wiſſen ſolte. Und mit dieſen
Lumpereyen plagete man ſich auff den
Academien nicht allein in den Barba-
riſchen Zeiten; ſondern noch dieſe Stun-
de/ da die guten Wiſſenſchafften ſo
hoch geſtiegen/ wird der alte Sauer-
teig mit ſonderbarem Fleiß unterhal-
ten und fortgeflantzet; hingegen wer-
den die guten ſoliden Wiſſenſchafften
unterdruͤcket/ und ſonderlich diejeni-
ge/ ſo den Leuten in den menſchlichen
Handlungen die Augen auffthun. Jn-
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Zitationshilfe: | Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 863. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/893>, abgerufen am 16.07.2024. |