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Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.

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Vorrede.
Decalogum meistentheils in Praeceptis
negativis,
oder in Verboten abgefas-
set/ den Statum corruptum, oder die
verderbte Natur der Menschen vor Au-
gen gehabt habe. Zum Exempel das
erste Gesetz/
darinnen die Abgötterey
verboten ist/ praesupponiret einen sol-
chen Zustand/ darinnen die Menschen
zu dergleichen Sünde geneiget gewesen.
Jm Stande der Unschuld/ da sie/ mit
der völligen GOttes Erkäntniß erleuch-
ter/ sich mit GOTT allezeit unterreden
konten/ sehe ich nicht/ wie es möglich ge-
wesen wäre/ daß sie sich/ an statt des wah-
ren GOttes/ etwas anders/ und falsches
hätten erdichten können/ um solches
hernach entweder vor dem wahren GOtt
selbst/ oder doch nur nebenst demselben
anzubeten/ oder zu glauben/ daß solch
erdichtetes Ding Göttliche Macht und
Gewalt habe. Und also wäre es nicht
vonnöthen gewesen/ denen Menschen/
nach damaliger Beschaffenheit/ ein solch
Verbot vorzuschreiben: Du solt nicht
andere Götter haben;
sondern es
hätte ihnen nur schlechter Dinges Prae-

cepto

Vorrede.
Decalogum meiſtentheils in Præceptis
negativis,
oder in Verboten abgefaſ-
ſet/ den Statum corruptum, oder die
verderbte Natur der Menſchen vor Au-
gen gehabt habe. Zum Exempel das
erſte Geſetz/
darinnen die Abgoͤtterey
verboten iſt/ præſupponiret einen ſol-
chen Zuſtand/ darinnen die Menſchen
zu dergleichen Suͤnde geneiget geweſen.
Jm Stande der Unſchuld/ da ſie/ mit
der voͤlligen GOttes Erkaͤntniß erleuch-
ter/ ſich mit GOTT allezeit unterreden
konten/ ſehe ich nicht/ wie es moͤglich ge-
weſen waͤre/ daß ſie ſich/ an ſtatt des wah-
ren GOttes/ etwas anders/ und falſches
haͤtten erdichten koͤnnen/ um ſolches
hernach entweder vor dem wahren GOtt
ſelbſt/ oder doch nur nebenſt demſelben
anzubeten/ oder zu glauben/ daß ſolch
erdichtetes Ding Goͤttliche Macht und
Gewalt habe. Und alſo waͤre es nicht
vonnoͤthen geweſen/ denen Menſchen/
nach damaliger Beſchaffenheit/ ein ſolch
Verbot vorzuſchreiben: Du ſolt nicht
andere Goͤtter haben;
ſondern es
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[0044] Vorrede. Decalogum meiſtentheils in Præceptis negativis, oder in Verboten abgefaſ- ſet/ den Statum corruptum, oder die verderbte Natur der Menſchen vor Au- gen gehabt habe. Zum Exempel das erſte Geſetz/ darinnen die Abgoͤtterey verboten iſt/ præſupponiret einen ſol- chen Zuſtand/ darinnen die Menſchen zu dergleichen Suͤnde geneiget geweſen. Jm Stande der Unſchuld/ da ſie/ mit der voͤlligen GOttes Erkaͤntniß erleuch- ter/ ſich mit GOTT allezeit unterreden konten/ ſehe ich nicht/ wie es moͤglich ge- weſen waͤre/ daß ſie ſich/ an ſtatt des wah- ren GOttes/ etwas anders/ und falſches haͤtten erdichten koͤnnen/ um ſolches hernach entweder vor dem wahren GOtt ſelbſt/ oder doch nur nebenſt demſelben anzubeten/ oder zu glauben/ daß ſolch erdichtetes Ding Goͤttliche Macht und Gewalt habe. Und alſo waͤre es nicht vonnoͤthen geweſen/ denen Menſchen/ nach damaliger Beſchaffenheit/ ein ſolch Verbot vorzuſchreiben: Du ſolt nicht andere Goͤtter haben; ſondern es haͤtte ihnen nur ſchlechter Dinges Præ- ceptô

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Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/44>, abgerufen am 22.12.2024.