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Purtscheller, Ludwig: Zur Entwicklungsgeschichte des Alpinismus und der alpinen Technik in den Deutschen und Oesterreichischen Alpen. In: Zeitschrift des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins. Band XXV. Berlin, 1894, S. 95-176.

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Zur Entwicklungsgeschichte des Alpinismus.
Eine weitere Gefahr für den Hochtouristen bilden die Eis-
lawinen, die den Hängegletschern, einstürzenden Schneewächten,
Eisthürmen und Firnbalkonen ihre Entstehung verdanken. Sie
kommen mehr an heissen Tagen vor, und ihre Wirkung ist umso
schrecklicher, je überraschender sie auftreten. Die Bruchstücke
dieser abstürzenden Eismassen sind oft in grosser Menge zu
glasigen, bläulichweissen Klumpen in den Firnmulden angehäuft.
Grosse Hängegletscher, wie der Glacier de Tabuchet an der
Nord-Seite der Meije, senden ihre abbrechenden Eismassen oft
Hunderte von Metern in die Felsregion herab, wo sie dem Ab-
schmelzungsprozesse unterliegen. Aehnliche Eisfindlinge fanden
Dr. Hans Meyer und der Verfasser an der Nord-Seite des Kibo
bei 5000 m Seehöhe im schwarzen Basaltgestein. Die von dem
8-12 m weit vorspringenden Eismantel des Berges sich ab-
lösenden Blöcke bildeten 400-500 m tiefer einen kleinen, regene-
rierten Gletscher, aus dem eine Quelle - vielleicht die höchste
Afrikas - hervorsprudelt.

Die beliebteste Art, über eine Schneefläche herabzukommen,
ist das Abfahren, das aber schon zu vielen Unglücksfällen Ver-
anlassung gab. Es ist ein grosser Vorzug der Schneetouren, dass
sich die während des Anstieges ausgegebene Kraft und Zeit beim
Absteigen wieder zehn- bis fünfzigfach ersetzen lässt, denn würde
das letztere ebenso langsam von Statten gehen, wie das erstere,
dann wären selbst unsere Alpen für die Mehrzahl der Bergsteiger
zu hoch. Wer sicher abfahren will, hat vorerst das Terrain und
die Beschaffenheit des Schnees zu untersuchen. Da dies aber oft
unmöglich ist, so soll das Abfahren in der Weise erfolgen, dass
man in jedem Momente anhalten kann. Auch ein scheinbar gleich-
mässig verlaufender Schneehang kann zu einer Katastrophe
führen, wenn er plötzlich in blankes Eis übergeht, oder der
Abfahrende das Gleichgewicht verliert. Gar manche Berge, wie
die Rax und der Schneeberg, wissen davon zu erzählen, aber
auch fast jeder Bergsteiger erinnert sich an das eine oder andere
Vorkommniss, das der Vorliebe des Abfahrens seine Entstehung
verdankt. Nicht minder gefährlich als Eis sind Spalten, Abbrüche,
aus dem Schnee hervortretende Felsen, an denen der Ab-
fahrende Schaden nimmt. Im Frühsommer ist auch auf ver-
borgene Bachbette und Aushöhlungen des Schnees Rücksicht zu
nehmen; grosse, breite Gletscher- oder Firnklüfte sollen selbst
im Winter bei scheinbar fester Schneedecke nicht überfahren
werden.

Zur Entwicklungsgeschichte des Alpinismus.
Eine weitere Gefahr für den Hochtouristen bilden die Eis-
lawinen, die den Hängegletschern, einstürzenden Schneewächten,
Eisthürmen und Firnbalkonen ihre Entstehung verdanken. Sie
kommen mehr an heissen Tagen vor, und ihre Wirkung ist umso
schrecklicher, je überraschender sie auftreten. Die Bruchstücke
dieser abstürzenden Eismassen sind oft in grosser Menge zu
glasigen, bläulichweissen Klumpen in den Firnmulden angehäuft.
Grosse Hängegletscher, wie der Glacier de Tabuchet an der
Nord-Seite der Meije, senden ihre abbrechenden Eismassen oft
Hunderte von Metern in die Felsregion herab, wo sie dem Ab-
schmelzungsprozesse unterliegen. Aehnliche Eisfindlinge fanden
Dr. Hans Meyer und der Verfasser an der Nord-Seite des Kibo
bei 5000 m Seehöhe im schwarzen Basaltgestein. Die von dem
8-12 m weit vorspringenden Eismantel des Berges sich ab-
lösenden Blöcke bildeten 400-500 m tiefer einen kleinen, regene-
rierten Gletscher, aus dem eine Quelle – vielleicht die höchste
Afrikas – hervorsprudelt.

Die beliebteste Art, über eine Schneefläche herabzukommen,
ist das Abfahren, das aber schon zu vielen Unglücksfällen Ver-
anlassung gab. Es ist ein grosser Vorzug der Schneetouren, dass
sich die während des Anstieges ausgegebene Kraft und Zeit beim
Absteigen wieder zehn- bis fünfzigfach ersetzen lässt, denn würde
das letztere ebenso langsam von Statten gehen, wie das erstere,
dann wären selbst unsere Alpen für die Mehrzahl der Bergsteiger
zu hoch. Wer sicher abfahren will, hat vorerst das Terrain und
die Beschaffenheit des Schnees zu untersuchen. Da dies aber oft
unmöglich ist, so soll das Abfahren in der Weise erfolgen, dass
man in jedem Momente anhalten kann. Auch ein scheinbar gleich-
mässig verlaufender Schneehang kann zu einer Katastrophe
führen, wenn er plötzlich in blankes Eis übergeht, oder der
Abfahrende das Gleichgewicht verliert. Gar manche Berge, wie
die Rax und der Schneeberg, wissen davon zu erzählen, aber
auch fast jeder Bergsteiger erinnert sich an das eine oder andere
Vorkommniss, das der Vorliebe des Abfahrens seine Entstehung
verdankt. Nicht minder gefährlich als Eis sind Spalten, Abbrüche,
aus dem Schnee hervortretende Felsen, an denen der Ab-
fahrende Schaden nimmt. Im Frühsommer ist auch auf ver-
borgene Bachbette und Aushöhlungen des Schnees Rücksicht zu
nehmen; grosse, breite Gletscher- oder Firnklüfte sollen selbst
im Winter bei scheinbar fester Schneedecke nicht überfahren
werden.

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[173/0079] Zur Entwicklungsgeschichte des Alpinismus. Eine weitere Gefahr für den Hochtouristen bilden die Eis- lawinen, die den Hängegletschern, einstürzenden Schneewächten, Eisthürmen und Firnbalkonen ihre Entstehung verdanken. Sie kommen mehr an heissen Tagen vor, und ihre Wirkung ist umso schrecklicher, je überraschender sie auftreten. Die Bruchstücke dieser abstürzenden Eismassen sind oft in grosser Menge zu glasigen, bläulichweissen Klumpen in den Firnmulden angehäuft. Grosse Hängegletscher, wie der Glacier de Tabuchet an der Nord-Seite der Meije, senden ihre abbrechenden Eismassen oft Hunderte von Metern in die Felsregion herab, wo sie dem Ab- schmelzungsprozesse unterliegen. Aehnliche Eisfindlinge fanden Dr. Hans Meyer und der Verfasser an der Nord-Seite des Kibo bei 5000 m Seehöhe im schwarzen Basaltgestein. Die von dem 8-12 m weit vorspringenden Eismantel des Berges sich ab- lösenden Blöcke bildeten 400-500 m tiefer einen kleinen, regene- rierten Gletscher, aus dem eine Quelle – vielleicht die höchste Afrikas – hervorsprudelt. Die beliebteste Art, über eine Schneefläche herabzukommen, ist das Abfahren, das aber schon zu vielen Unglücksfällen Ver- anlassung gab. Es ist ein grosser Vorzug der Schneetouren, dass sich die während des Anstieges ausgegebene Kraft und Zeit beim Absteigen wieder zehn- bis fünfzigfach ersetzen lässt, denn würde das letztere ebenso langsam von Statten gehen, wie das erstere, dann wären selbst unsere Alpen für die Mehrzahl der Bergsteiger zu hoch. Wer sicher abfahren will, hat vorerst das Terrain und die Beschaffenheit des Schnees zu untersuchen. Da dies aber oft unmöglich ist, so soll das Abfahren in der Weise erfolgen, dass man in jedem Momente anhalten kann. Auch ein scheinbar gleich- mässig verlaufender Schneehang kann zu einer Katastrophe führen, wenn er plötzlich in blankes Eis übergeht, oder der Abfahrende das Gleichgewicht verliert. Gar manche Berge, wie die Rax und der Schneeberg, wissen davon zu erzählen, aber auch fast jeder Bergsteiger erinnert sich an das eine oder andere Vorkommniss, das der Vorliebe des Abfahrens seine Entstehung verdankt. Nicht minder gefährlich als Eis sind Spalten, Abbrüche, aus dem Schnee hervortretende Felsen, an denen der Ab- fahrende Schaden nimmt. Im Frühsommer ist auch auf ver- borgene Bachbette und Aushöhlungen des Schnees Rücksicht zu nehmen; grosse, breite Gletscher- oder Firnklüfte sollen selbst im Winter bei scheinbar fester Schneedecke nicht überfahren werden.

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Zitationshilfe: Purtscheller, Ludwig: Zur Entwicklungsgeschichte des Alpinismus und der alpinen Technik in den Deutschen und Oesterreichischen Alpen. In: Zeitschrift des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins. Band XXV. Berlin, 1894, S. 95-176, hier S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/purtscheller_alpinismus_1894/79>, abgerufen am 24.11.2024.