Da es nun aber oft vorkommt, daß Minerale von ungleicher Zusam- mensetzung dennoch ähnliche Krystallformen zeigen, so sind die Zahlen der Atomvolumen zwar nicht gleich, aber doch stehen sie öfter in einem ein- fachen Zahlenverhältniß, und dieß sind viele Chemiker geneigt, als Grund der ähnlichen Formen zu nehmen. Dana (Silliman American Journal 2 ser. 1850. IX.220. 407) dividirte sogar in solchen Fällen die Atom- volumenzahl entweder mit der Zahl der Säuren und Basen, oder mit der Anzahl der Elementaratome, und erhielt so allerdings öfter nahe liegende Zahlen, z. B. der zweigliedrige
Olivin Mg3 Si = 1327 Atg., 3,35 Spg., = 39
Chrysoberyll Be Al3 = 2284 -- 3,9 -- = 39.
Eine auffallende Formverwandtschaft findet Statt zwischen
Arragonit Ca C 626 Atg., 2,93 Spg., = 43
K Salpeter K N..... 1264 -- 1,94 -- = 81
Bournonit Pb2 Cu S'''b 5996 -- 5,77 -- = 94.
Es verhält sich 43 : 81 : 94 = 1 : 2 : 2. Die rhomboedrische Reihe
Wenn nun schon bei diesen einfachern Fällen die Thatsache nicht schlagend ist, so verliert sie vollends an Bedeutung, sobald man fremd- artige Minerale mit einander vergleicht: so haben Quarz und Schwer- spath genau die Zahl 54, Staurolith und Zinkvitriol 44, Turmalin und Skorodit 48. Ueberhaupt liegen nach Dana's Methode die gewonnenen Zahlen unter einander so nahe, daß man sie bei der Complication der Rechnung eher als ein Spiel des Zufalls als für etwas anderes ansehen kann. Dennoch wagt sich Herrmann noch weiter (Erdmann's Journal prakt. Chem. 43. 35. 81): er meint, daß namentlich bei complicirten Silicaten, wie Turmalin, Glimmer, Epidot etc. eine Heteromerie Statt finde, d. h. es seien darin Verbindungen von gleicher Form, aber verschiedener chemischer Constitution zusammen krystallisirt. Das wird ihm schwer wer- den, nachzuweisen!
Im Ganzen scheinen demnach über den Isomorphismus noch keine wichtigen Aufschlüsse gewonnen zu sein, die uns erlaubten weiter fortzu- schreiten. Daß dieser Isomorphismus keine vollkommene Uebereinstimmung in den Winkeln nach sich zieht, liegt in der Natur der Sache. Hier bleibt vielmehr für die einzelnen Substanzen ein Spielraum. Aber gerade dieser Spielraum erlaubt bei den Rhomboedern der Kalkspathgruppe einen Rück-
Atomvolumen.
Da es nun aber oft vorkommt, daß Minerale von ungleicher Zuſam- menſetzung dennoch ähnliche Kryſtallformen zeigen, ſo ſind die Zahlen der Atomvolumen zwar nicht gleich, aber doch ſtehen ſie öfter in einem ein- fachen Zahlenverhältniß, und dieß ſind viele Chemiker geneigt, als Grund der ähnlichen Formen zu nehmen. Dana (Silliman American Journal 2 ser. 1850. IX.220. 407) dividirte ſogar in ſolchen Fällen die Atom- volumenzahl entweder mit der Zahl der Säuren und Baſen, oder mit der Anzahl der Elementaratome, und erhielt ſo allerdings öfter nahe liegende Zahlen, z. B. der zweigliedrige
Olivin Ṁg3 S⃛i = 1327 Atg., 3,35 Spg., = 39
Chryſoberyll B̶⃛e A̶⃛l3 = 2284 — 3,9 — = 39.
Eine auffallende Formverwandtſchaft findet Statt zwiſchen
Arragonit Ċa C̈ 626 Atg., 2,93 Spg., = 43
K Salpeter K̇ N̶˙˙˙˙˙ 1264 — 1,94 — = 81
Bournonit P̍b2 C̶̍u S̶ˈˈˈb 5996 — 5,77 — = 94.
Es verhält ſich 43 : 81 : 94 = 1 : 2 : 2. Die rhomboedriſche Reihe
Wenn nun ſchon bei dieſen einfachern Fällen die Thatſache nicht ſchlagend iſt, ſo verliert ſie vollends an Bedeutung, ſobald man fremd- artige Minerale mit einander vergleicht: ſo haben Quarz und Schwer- ſpath genau die Zahl 54, Staurolith und Zinkvitriol 44, Turmalin und Skorodit 48. Ueberhaupt liegen nach Dana’s Methode die gewonnenen Zahlen unter einander ſo nahe, daß man ſie bei der Complication der Rechnung eher als ein Spiel des Zufalls als für etwas anderes anſehen kann. Dennoch wagt ſich Herrmann noch weiter (Erdmann’s Journal prakt. Chem. 43. 35. 81): er meint, daß namentlich bei complicirten Silicaten, wie Turmalin, Glimmer, Epidot ꝛc. eine Heteromerie Statt finde, d. h. es ſeien darin Verbindungen von gleicher Form, aber verſchiedener chemiſcher Conſtitution zuſammen kryſtalliſirt. Das wird ihm ſchwer wer- den, nachzuweiſen!
Im Ganzen ſcheinen demnach über den Iſomorphismus noch keine wichtigen Aufſchlüſſe gewonnen zu ſein, die uns erlaubten weiter fortzu- ſchreiten. Daß dieſer Iſomorphismus keine vollkommene Uebereinſtimmung in den Winkeln nach ſich zieht, liegt in der Natur der Sache. Hier bleibt vielmehr für die einzelnen Subſtanzen ein Spielraum. Aber gerade dieſer Spielraum erlaubt bei den Rhomboedern der Kalkſpathgruppe einen Rück-
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[136/0148]
Atomvolumen.
Da es nun aber oft vorkommt, daß Minerale von ungleicher Zuſam-
menſetzung dennoch ähnliche Kryſtallformen zeigen, ſo ſind die Zahlen der
Atomvolumen zwar nicht gleich, aber doch ſtehen ſie öfter in einem ein-
fachen Zahlenverhältniß, und dieß ſind viele Chemiker geneigt, als Grund
der ähnlichen Formen zu nehmen. Dana (Silliman American Journal
2 ser. 1850. IX. 220. 407) dividirte ſogar in ſolchen Fällen die Atom-
volumenzahl entweder mit der Zahl der Säuren und Baſen, oder mit der
Anzahl der Elementaratome, und erhielt ſo allerdings öfter nahe liegende
Zahlen, z. B. der zweigliedrige
Olivin Ṁg3 S⃛i = 1327 Atg., 3,35 Spg., [FORMEL] = 39
Chryſoberyll B̶⃛e A̶⃛l3 = 2284 — 3,9 — [FORMEL] = 39.
Eine auffallende Formverwandtſchaft findet Statt zwiſchen
Arragonit Ċa C̈ 626 Atg., 2,93 Spg., [FORMEL] = 43
K Salpeter K̇ N̶˙˙˙˙˙ 1264 — 1,94 — [FORMEL] = 81
Bournonit P̍b2 C̶̍u S̶ˈˈˈb 5996 — 5,77 — [FORMEL] = 94.
Es verhält ſich 43 : 81 : 94 = 1 : 2 : 2. Die rhomboedriſche Reihe
Kalkſpath Ċa C̈ 626 Atg., 2,72 Spg. [FORMEL] = 46
N Salpeter Ṅa N̶˙˙˙˙˙ 1066 — 2,2 — [FORMEL] = 61
Rothgülden A̍g3 S̶ˈˈˈb 6866 — 5,82 — [FORMEL] = 118.
Die Zahlen verhalten ſich etwa wie 2 : 3 : 5.
Es haben ferner Schwefel 97, Skorodit 48; Cöleſtin 52, Binarkies
53; Zirkon 46, Rutil 39; Anatas 43, Veſuvian 47; Quarz 54, Beryll
52, Chabaſit 52, Feldſpath 63, Albit 58, Oligoklas 57, Labrador 57,
Anorthit 60.
Wenn nun ſchon bei dieſen einfachern Fällen die Thatſache nicht
ſchlagend iſt, ſo verliert ſie vollends an Bedeutung, ſobald man fremd-
artige Minerale mit einander vergleicht: ſo haben Quarz und Schwer-
ſpath genau die Zahl 54, Staurolith und Zinkvitriol 44, Turmalin und
Skorodit 48. Ueberhaupt liegen nach Dana’s Methode die gewonnenen
Zahlen unter einander ſo nahe, daß man ſie bei der Complication der
Rechnung eher als ein Spiel des Zufalls als für etwas anderes anſehen kann.
Dennoch wagt ſich Herrmann noch weiter (Erdmann’s Journal prakt.
Chem. 43. 35. 81): er meint, daß namentlich bei complicirten Silicaten,
wie Turmalin, Glimmer, Epidot ꝛc. eine Heteromerie Statt finde,
d. h. es ſeien darin Verbindungen von gleicher Form, aber verſchiedener
chemiſcher Conſtitution zuſammen kryſtalliſirt. Das wird ihm ſchwer wer-
den, nachzuweiſen!
Im Ganzen ſcheinen demnach über den Iſomorphismus noch keine
wichtigen Aufſchlüſſe gewonnen zu ſein, die uns erlaubten weiter fortzu-
ſchreiten. Daß dieſer Iſomorphismus keine vollkommene Uebereinſtimmung
in den Winkeln nach ſich zieht, liegt in der Natur der Sache. Hier bleibt
vielmehr für die einzelnen Subſtanzen ein Spielraum. Aber gerade dieſer
Spielraum erlaubt bei den Rhomboedern der Kalkſpathgruppe einen Rück-
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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/148>, abgerufen am 29.11.2024.
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