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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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I. Cl. 4te Fam.: Asbest.
waren aber so kostbar als Perlen. Kaiser Karl V. hatte davon ein Tischzeug,
das er zur Belustigung seiner Gäste nach eingenommener Mahlzeit ins
Feuer werfen ließ. Heutiges Tages gehört Amiant in den Hochgebirgen
zu den gewöhnlichen Erfunden, schon Dolomieu sammelte auf Corsika so
viel, daß er sich desselben statt Heu zum Verpacken der Minerale bedienen
konnte.

Bergkork entsteht, wenn die Faser sich verfilzt. Manche davon
fühlen sich fett und kalt an, sie mischen sich mit Talk (Bergfleisch); andere
mager und warm, werden schwimmend leicht, und könnten mit Meerschaum
verwechselt werden. Auf Erzgängen und in den Hochalpen. Oft After-
bildungen.

Gemeiner Asbest, darunter versteht man die Abänderungen mit
spröderer Faser, die Farbe meist grün, weil sie von Strahlstein herkommt.
Einige dieser Massen werden fest und brechen zu langen gestreiften,
krummschaligen oder geraden Splittern, dieselben gehen in Serpentinartige
Massen über. Am Schneeberge bei Stertzing ohnweit Clausen in Tyrol
werden dieselben in Folge von Verwitterung holzbraun, und da krumm-
blättrige Stellen wie Aeste darin vorkommen, so nannte sie Werner Berg-
holz
, aber trotz ihrer auffallenden Holzähnlichkeit besteht die Faser unter
dem Mikroskop nur aus Kügelchen, die organische Zelle fehlt.

Es liegt in der Natur der Sache, daß der fasrige und asbestartige
Zustand einer Menge von Mineralien zukommen muß: denn die fasrige
Bildung beim Gyps, Arragonit, Weißbleierz etc. hat offenbar dieselbe Be-
deutung. Nur liefert bei Silicaten die Analyse keinen so sichern Anhalts-
punkt, daher die Zweifel in einzelnen Fällen. Oft aber können nachbar-
liche Minerale entscheiden: so kommt in der Dauphine Epidot asbestartig
vor. Der sogenannte

Byssolith gleicht grauen und blondfarbigen Menschenhaaren, aber
trotz dieser Feinheit bleibt er glasig spröde, weil er auf Spalten der
Feldspathgesteine mit Adular und Bergkrystall in den Hochalpen vorkommt.
Ein ähnliches aber noch viel feinhaarigeres Fossil bildet der Breislakit,
röthliche verworrene Fasern liegen in Drusenlöchern der Lava von Capo
di Bove bei Rom und in der Lava della Scala am Vesuv. Nach Chap-
man's Messungen hat er die Winkel des Augits.

Krokydolith Hausmann (krokus Flocke) durchzieht zu Latakoo am
Cap das Magnet- und Brauneisen, wie der schillernde Asbest pag. 204
den Serpentin. Indigblau, wie Vivianit, und viel zäher als Amiant,
man kann ihn zu den feinsten Fasern zerspalten, selbst feine Fäden ver-
langen zum Zerreißen noch einer merklichen Kraft, und die Rißfläche
zasert sich gerade wie Pflanzenfaser. Vor dem Löthrohr schmelzen die
Stücke zwar leicht, kommen aber nicht so stark zum Fluß, daß sie sich
kugeln. Wenn daher irgend ein Mineral auf die dem Alterthum so wich-
tige Eigenschaft des Asbestes Anspruch machen kann, so dieses. 50,3 Si,
35 Fe, 6,7 Na, 2,2 Mg, 5,8 H, 3 Fe Si + R Si2 + 2 H. Eine erdige
Abänderung brachte Lichtenstein von der roode gebroken Klip an den
Ufern des Oranje River mit. Auch blaue Beschläge am Sapphirquarz
pag. 170 hat man dafür gehalten, daher nannte es Leonhardt fasrigen
Siderit
, Klaproth Blaueisenstein. Im Zirkonsinnit von Stavern

I. Cl. 4te Fam.: Asbeſt.
waren aber ſo koſtbar als Perlen. Kaiſer Karl V. hatte davon ein Tiſchzeug,
das er zur Beluſtigung ſeiner Gäſte nach eingenommener Mahlzeit ins
Feuer werfen ließ. Heutiges Tages gehört Amiant in den Hochgebirgen
zu den gewöhnlichen Erfunden, ſchon Dolomieu ſammelte auf Corſika ſo
viel, daß er ſich deſſelben ſtatt Heu zum Verpacken der Minerale bedienen
konnte.

Bergkork entſteht, wenn die Faſer ſich verfilzt. Manche davon
fühlen ſich fett und kalt an, ſie miſchen ſich mit Talk (Bergfleiſch); andere
mager und warm, werden ſchwimmend leicht, und könnten mit Meerſchaum
verwechſelt werden. Auf Erzgängen und in den Hochalpen. Oft After-
bildungen.

Gemeiner Asbeſt, darunter verſteht man die Abänderungen mit
ſpröderer Faſer, die Farbe meiſt grün, weil ſie von Strahlſtein herkommt.
Einige dieſer Maſſen werden feſt und brechen zu langen geſtreiften,
krummſchaligen oder geraden Splittern, dieſelben gehen in Serpentinartige
Maſſen über. Am Schneeberge bei Stertzing ohnweit Clauſen in Tyrol
werden dieſelben in Folge von Verwitterung holzbraun, und da krumm-
blättrige Stellen wie Aeſte darin vorkommen, ſo nannte ſie Werner Berg-
holz
, aber trotz ihrer auffallenden Holzähnlichkeit beſteht die Faſer unter
dem Mikroſkop nur aus Kügelchen, die organiſche Zelle fehlt.

Es liegt in der Natur der Sache, daß der faſrige und asbeſtartige
Zuſtand einer Menge von Mineralien zukommen muß: denn die faſrige
Bildung beim Gyps, Arragonit, Weißbleierz ꝛc. hat offenbar dieſelbe Be-
deutung. Nur liefert bei Silicaten die Analyſe keinen ſo ſichern Anhalts-
punkt, daher die Zweifel in einzelnen Fällen. Oft aber können nachbar-
liche Minerale entſcheiden: ſo kommt in der Dauphiné Epidot asbeſtartig
vor. Der ſogenannte

Byſſolith gleicht grauen und blondfarbigen Menſchenhaaren, aber
trotz dieſer Feinheit bleibt er glaſig ſpröde, weil er auf Spalten der
Feldſpathgeſteine mit Adular und Bergkryſtall in den Hochalpen vorkommt.
Ein ähnliches aber noch viel feinhaarigeres Foſſil bildet der Breislakit,
röthliche verworrene Faſern liegen in Druſenlöchern der Lava von Capo
di Bove bei Rom und in der Lava della Scala am Veſuv. Nach Chap-
man’s Meſſungen hat er die Winkel des Augits.

Krokydolith Hausmann (κροκύς Flocke) durchzieht zu Latakoo am
Cap das Magnet- und Brauneiſen, wie der ſchillernde Asbeſt pag. 204
den Serpentin. Indigblau, wie Vivianit, und viel zäher als Amiant,
man kann ihn zu den feinſten Faſern zerſpalten, ſelbſt feine Fäden ver-
langen zum Zerreißen noch einer merklichen Kraft, und die Rißfläche
zaſert ſich gerade wie Pflanzenfaſer. Vor dem Löthrohr ſchmelzen die
Stücke zwar leicht, kommen aber nicht ſo ſtark zum Fluß, daß ſie ſich
kugeln. Wenn daher irgend ein Mineral auf die dem Alterthum ſo wich-
tige Eigenſchaft des Asbeſtes Anſpruch machen kann, ſo dieſes. 50,3 S⃛i,
35 Ḟe, 6,7 Ṅa, 2,2 Ṁg, 5,8 Ḣ̶, 3 Ḟe S⃛i + Ṙ S⃛i2 + 2 Ḣ̶. Eine erdige
Abänderung brachte Lichtenſtein von der roode gebroken Klip an den
Ufern des Oranje River mit. Auch blaue Beſchläge am Sapphirquarz
pag. 170 hat man dafür gehalten, daher nannte es Leonhardt faſrigen
Siderit
, Klaproth Blaueiſenſtein. Im Zirkonſinnit von Stavern

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[226/0238] I. Cl. 4te Fam.: Asbeſt. waren aber ſo koſtbar als Perlen. Kaiſer Karl V. hatte davon ein Tiſchzeug, das er zur Beluſtigung ſeiner Gäſte nach eingenommener Mahlzeit ins Feuer werfen ließ. Heutiges Tages gehört Amiant in den Hochgebirgen zu den gewöhnlichen Erfunden, ſchon Dolomieu ſammelte auf Corſika ſo viel, daß er ſich deſſelben ſtatt Heu zum Verpacken der Minerale bedienen konnte. Bergkork entſteht, wenn die Faſer ſich verfilzt. Manche davon fühlen ſich fett und kalt an, ſie miſchen ſich mit Talk (Bergfleiſch); andere mager und warm, werden ſchwimmend leicht, und könnten mit Meerſchaum verwechſelt werden. Auf Erzgängen und in den Hochalpen. Oft After- bildungen. Gemeiner Asbeſt, darunter verſteht man die Abänderungen mit ſpröderer Faſer, die Farbe meiſt grün, weil ſie von Strahlſtein herkommt. Einige dieſer Maſſen werden feſt und brechen zu langen geſtreiften, krummſchaligen oder geraden Splittern, dieſelben gehen in Serpentinartige Maſſen über. Am Schneeberge bei Stertzing ohnweit Clauſen in Tyrol werden dieſelben in Folge von Verwitterung holzbraun, und da krumm- blättrige Stellen wie Aeſte darin vorkommen, ſo nannte ſie Werner Berg- holz, aber trotz ihrer auffallenden Holzähnlichkeit beſteht die Faſer unter dem Mikroſkop nur aus Kügelchen, die organiſche Zelle fehlt. Es liegt in der Natur der Sache, daß der faſrige und asbeſtartige Zuſtand einer Menge von Mineralien zukommen muß: denn die faſrige Bildung beim Gyps, Arragonit, Weißbleierz ꝛc. hat offenbar dieſelbe Be- deutung. Nur liefert bei Silicaten die Analyſe keinen ſo ſichern Anhalts- punkt, daher die Zweifel in einzelnen Fällen. Oft aber können nachbar- liche Minerale entſcheiden: ſo kommt in der Dauphiné Epidot asbeſtartig vor. Der ſogenannte Byſſolith gleicht grauen und blondfarbigen Menſchenhaaren, aber trotz dieſer Feinheit bleibt er glaſig ſpröde, weil er auf Spalten der Feldſpathgeſteine mit Adular und Bergkryſtall in den Hochalpen vorkommt. Ein ähnliches aber noch viel feinhaarigeres Foſſil bildet der Breislakit, röthliche verworrene Faſern liegen in Druſenlöchern der Lava von Capo di Bove bei Rom und in der Lava della Scala am Veſuv. Nach Chap- man’s Meſſungen hat er die Winkel des Augits. Krokydolith Hausmann (κροκύς Flocke) durchzieht zu Latakoo am Cap das Magnet- und Brauneiſen, wie der ſchillernde Asbeſt pag. 204 den Serpentin. Indigblau, wie Vivianit, und viel zäher als Amiant, man kann ihn zu den feinſten Faſern zerſpalten, ſelbſt feine Fäden ver- langen zum Zerreißen noch einer merklichen Kraft, und die Rißfläche zaſert ſich gerade wie Pflanzenfaſer. Vor dem Löthrohr ſchmelzen die Stücke zwar leicht, kommen aber nicht ſo ſtark zum Fluß, daß ſie ſich kugeln. Wenn daher irgend ein Mineral auf die dem Alterthum ſo wich- tige Eigenſchaft des Asbeſtes Anſpruch machen kann, ſo dieſes. 50,3 S⃛i, 35 Ḟe, 6,7 Ṅa, 2,2 Ṁg, 5,8 Ḣ̶, 3 Ḟe S⃛i + Ṙ S⃛i2 + 2 Ḣ̶. Eine erdige Abänderung brachte Lichtenſtein von der roode gebroken Klip an den Ufern des Oranje River mit. Auch blaue Beſchläge am Sapphirquarz pag. 170 hat man dafür gehalten, daher nannte es Leonhardt faſrigen Siderit, Klaproth Blaueiſenſtein. Im Zirkonſinnit von Stavern

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/238>, abgerufen am 24.11.2024.