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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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I. Cl. 6te Fam.: Turmalin.

1. Farblose von St. Pietro auf Elba, im jüngern Ganggranit
mit weißem Feldspath, Lithionglimmer, Beryll etc. Die Krystalle haben
außerordentlich mannigfaltige Farben, vom Schwarz, durchs Braun, Grün,
Blau, Violett ins Roth. Im reflektirten Licht nicht selten anders farbig
als im durchfallenden. Sehr auffallend ist die Vertheilung der Farben
längs der Säule: man kann an einem Krystalle oft drei- bis viererlei
unterscheiden, die entweder wolkig in einander verschwimmen, oder scharf
parallel der Gradendfläche absetzen, oft gehen die klarsten plötzlich fast
ins Undurchsichtige über. Die klaren hat Herrmann Achroit nennen
wollen. Sie haben ein sehr edles Aussehen, doch wirken sie trotz der
Klarheit immer deutlich auf das Dichroskop, indem das eine Bild wenig-
stens dunkeler wird, auch treten dann die verschiedenen Farbenstreifungen
deutlicher hervor. Er ist sehr stark elektrisch, schmilzt vor dem Löthrohr
nicht, sondern brennt sich nur weiß.
(Na, Li, K) Si + 4 (Al, Mn) (Si, B), 7,8 B, 1,2 Li.
Sehr verwandt, aber nicht so edel ist

2. der Rubellit, nach seiner rothen Farbe genannt, die er einem
Gehalte von Mangan verdankt. Am bekanntesten ist der vom Berge
Hradisko bei Rozna, Herrschaft Pernstein in Mähren. Bildet Pyknit-
artige Strahlen im Fettquarz mit Lepidolith. Die Strahlen fangen
auch hier öfter unten blau an, werden in der Mitte roth, und am obern
Ende grün. Zuweilen findet sich ein blauer Kern, der von einer rothen
Hülle umgeben wird. Aber die Masse ist trüb mit vielen Quersprüngen,
Folge anfangender Verwitterung. Schaitansk im Ural, Paris im Maine etc.
haben auch sehr klare geliefert.

3. Der Grüne. Vor allem gehört hierhin der sogenannte Brasilia-
nische Smaragd, der besonders aus der Gegend von Villaricca in großer
Menge eingeführt und verarbeitet wird, sein dunkeles Grasgrün, gibt
im Dichroskop bei aufrechter Axe ein ganz opakes ord. Bild. Hat neben
etwas Mangan schon einen Gehalt von 7 Fe, aber auch noch Lithion.
Trotzdem gibt ihm Rammelsberg die etwas andere Formel
(Na, Li, K) Si + 3 (Al, Fe, Mn) (Si, B).
Sie schmelzen zwar schwer, blähen sich aber schon stärker auf als die
vorigen. Der Lithiongehalt ist auch hier aus dem Vorkommen erklärlich.
Bekannt sind die schönen grünen Krystalle von Chesterfield (Massachusets),
die einen rothen Kern haben, welchen man herausschlagen kann, und
umgekehrt. Ein sehr merkwürdiges Vorkommen bilden die grasgrünen
aus dem Dolomit von Campo longo südlich vom St. Gotthardt. Die-
selben scheinen fast gar nicht auf das Dichroskop zu wirken.

In Brasilien gibt es auch blaue (Brasilianischer Sapphir). Manche
Krystalle sollen sogar längs der Axe gesehen schön purpurroth, und quer
sapphirblau aussehen. Am bekanntesten ist der Indicolith, Indigo-
blau, mit Lithionmineralien auf der Schwedischen Insel Utön vorkommend,
daher fand Arfvedson 4,3 Lithionhaltige Alkalien darin.

4. Die Braunen. Dazu scheinen die ersten Ceylanischen gehört
zu haben, denn die Curiöse Speculationes sagen, ihre Coleur sei Pome-
ranzenroth, mit Feuerfarbe erhöht, und gerade so war der Lynx des Theo-
phrast. Zu Turmalinzangen sind es die besten, denn selbst sehr klare

I. Cl. 6te Fam.: Turmalin.

1. Farbloſe von St. Pietro auf Elba, im jüngern Ganggranit
mit weißem Feldſpath, Lithionglimmer, Beryll ꝛc. Die Kryſtalle haben
außerordentlich mannigfaltige Farben, vom Schwarz, durchs Braun, Grün,
Blau, Violett ins Roth. Im reflektirten Licht nicht ſelten anders farbig
als im durchfallenden. Sehr auffallend iſt die Vertheilung der Farben
längs der Säule: man kann an einem Kryſtalle oft drei- bis viererlei
unterſcheiden, die entweder wolkig in einander verſchwimmen, oder ſcharf
parallel der Gradendfläche abſetzen, oft gehen die klarſten plötzlich faſt
ins Undurchſichtige über. Die klaren hat Herrmann Achroit nennen
wollen. Sie haben ein ſehr edles Ausſehen, doch wirken ſie trotz der
Klarheit immer deutlich auf das Dichroſkop, indem das eine Bild wenig-
ſtens dunkeler wird, auch treten dann die verſchiedenen Farbenſtreifungen
deutlicher hervor. Er iſt ſehr ſtark elektriſch, ſchmilzt vor dem Löthrohr
nicht, ſondern brennt ſich nur weiß.
(Ṅa, L̇i, ) S⃛i + 4 (A̶⃛l, M̶⃛n) (S⃛i, B⃛), 7,8 B⃛, 1,2 L̇i.
Sehr verwandt, aber nicht ſo edel iſt

2. der Rubellit, nach ſeiner rothen Farbe genannt, die er einem
Gehalte von Mangan verdankt. Am bekannteſten iſt der vom Berge
Hradisko bei Rozna, Herrſchaft Pernſtein in Mähren. Bildet Pyknit-
artige Strahlen im Fettquarz mit Lepidolith. Die Strahlen fangen
auch hier öfter unten blau an, werden in der Mitte roth, und am obern
Ende grün. Zuweilen findet ſich ein blauer Kern, der von einer rothen
Hülle umgeben wird. Aber die Maſſe iſt trüb mit vielen Querſprüngen,
Folge anfangender Verwitterung. Schaitansk im Ural, Paris im Maine ꝛc.
haben auch ſehr klare geliefert.

3. Der Grüne. Vor allem gehört hierhin der ſogenannte Braſilia-
niſche Smaragd, der beſonders aus der Gegend von Villaricca in großer
Menge eingeführt und verarbeitet wird, ſein dunkeles Grasgrün, gibt
im Dichroſkop bei aufrechter Axe ein ganz opakes ord. Bild. Hat neben
etwas Mangan ſchon einen Gehalt von 7 F̶⃛e, aber auch noch Lithion.
Trotzdem gibt ihm Rammelsberg die etwas andere Formel
(Ṅa, L̇i, ) S⃛i + 3 (A̶⃛l, F̶⃛e, M̶⃛n) (S⃛i, B⃛).
Sie ſchmelzen zwar ſchwer, blähen ſich aber ſchon ſtärker auf als die
vorigen. Der Lithiongehalt iſt auch hier aus dem Vorkommen erklärlich.
Bekannt ſind die ſchönen grünen Kryſtalle von Cheſterfield (Massachusets),
die einen rothen Kern haben, welchen man herausſchlagen kann, und
umgekehrt. Ein ſehr merkwürdiges Vorkommen bilden die grasgrünen
aus dem Dolomit von Campo longo ſüdlich vom St. Gotthardt. Die-
ſelben ſcheinen faſt gar nicht auf das Dichroſkop zu wirken.

In Braſilien gibt es auch blaue (Braſilianiſcher Sapphir). Manche
Kryſtalle ſollen ſogar längs der Axe geſehen ſchön purpurroth, und quer
ſapphirblau ausſehen. Am bekannteſten iſt der Indicolith, Indigo-
blau, mit Lithionmineralien auf der Schwediſchen Inſel Utön vorkommend,
daher fand Arfvedſon 4,3 Lithionhaltige Alkalien darin.

4. Die Braunen. Dazu ſcheinen die erſten Ceylaniſchen gehört
zu haben, denn die Curiöſe Speculationes ſagen, ihre Coleur ſei Pome-
ranzenroth, mit Feuerfarbe erhöht, und gerade ſo war der Lynx des Theo-
phraſt. Zu Turmalinzangen ſind es die beſten, denn ſelbſt ſehr klare

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[270/0282] I. Cl. 6te Fam.: Turmalin. 1. Farbloſe von St. Pietro auf Elba, im jüngern Ganggranit mit weißem Feldſpath, Lithionglimmer, Beryll ꝛc. Die Kryſtalle haben außerordentlich mannigfaltige Farben, vom Schwarz, durchs Braun, Grün, Blau, Violett ins Roth. Im reflektirten Licht nicht ſelten anders farbig als im durchfallenden. Sehr auffallend iſt die Vertheilung der Farben längs der Säule: man kann an einem Kryſtalle oft drei- bis viererlei unterſcheiden, die entweder wolkig in einander verſchwimmen, oder ſcharf parallel der Gradendfläche abſetzen, oft gehen die klarſten plötzlich faſt ins Undurchſichtige über. Die klaren hat Herrmann Achroit nennen wollen. Sie haben ein ſehr edles Ausſehen, doch wirken ſie trotz der Klarheit immer deutlich auf das Dichroſkop, indem das eine Bild wenig- ſtens dunkeler wird, auch treten dann die verſchiedenen Farbenſtreifungen deutlicher hervor. Er iſt ſehr ſtark elektriſch, ſchmilzt vor dem Löthrohr nicht, ſondern brennt ſich nur weiß. (Ṅa, L̇i, K̇) S⃛i + 4 (A̶⃛l, M̶⃛n) (S⃛i, B⃛), 7,8 B⃛, 1,2 L̇i. Sehr verwandt, aber nicht ſo edel iſt 2. der Rubellit, nach ſeiner rothen Farbe genannt, die er einem Gehalte von Mangan verdankt. Am bekannteſten iſt der vom Berge Hradisko bei Rozna, Herrſchaft Pernſtein in Mähren. Bildet Pyknit- artige Strahlen im Fettquarz mit Lepidolith. Die Strahlen fangen auch hier öfter unten blau an, werden in der Mitte roth, und am obern Ende grün. Zuweilen findet ſich ein blauer Kern, der von einer rothen Hülle umgeben wird. Aber die Maſſe iſt trüb mit vielen Querſprüngen, Folge anfangender Verwitterung. Schaitansk im Ural, Paris im Maine ꝛc. haben auch ſehr klare geliefert. 3. Der Grüne. Vor allem gehört hierhin der ſogenannte Braſilia- niſche Smaragd, der beſonders aus der Gegend von Villaricca in großer Menge eingeführt und verarbeitet wird, ſein dunkeles Grasgrün, gibt im Dichroſkop bei aufrechter Axe ein ganz opakes ord. Bild. Hat neben etwas Mangan ſchon einen Gehalt von 7 F̶⃛e, aber auch noch Lithion. Trotzdem gibt ihm Rammelsberg die etwas andere Formel (Ṅa, L̇i, K̇) S⃛i + 3 (A̶⃛l, F̶⃛e, M̶⃛n) (S⃛i, B⃛). Sie ſchmelzen zwar ſchwer, blähen ſich aber ſchon ſtärker auf als die vorigen. Der Lithiongehalt iſt auch hier aus dem Vorkommen erklärlich. Bekannt ſind die ſchönen grünen Kryſtalle von Cheſterfield (Massachusets), die einen rothen Kern haben, welchen man herausſchlagen kann, und umgekehrt. Ein ſehr merkwürdiges Vorkommen bilden die grasgrünen aus dem Dolomit von Campo longo ſüdlich vom St. Gotthardt. Die- ſelben ſcheinen faſt gar nicht auf das Dichroſkop zu wirken. In Braſilien gibt es auch blaue (Braſilianiſcher Sapphir). Manche Kryſtalle ſollen ſogar längs der Axe geſehen ſchön purpurroth, und quer ſapphirblau ausſehen. Am bekannteſten iſt der Indicolith, Indigo- blau, mit Lithionmineralien auf der Schwediſchen Inſel Utön vorkommend, daher fand Arfvedſon 4,3 Lithionhaltige Alkalien darin. 4. Die Braunen. Dazu ſcheinen die erſten Ceylaniſchen gehört zu haben, denn die Curiöſe Speculationes ſagen, ihre Coleur ſei Pome- ranzenroth, mit Feuerfarbe erhöht, und gerade ſo war der Lynx des Theo- phraſt. Zu Turmalinzangen ſind es die beſten, denn ſelbſt ſehr klare

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/282>, abgerufen am 21.11.2024.