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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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I. Cl. 6te Fam.: Turmalin.
negative, woraus denn auch hervorgeht, daß die elektrische Axe mit
der krystallographischen c zusammenfällt. Uebrigens sind die farbigen,
rissefreien, besonders die klaren (von Elba) viel stärker elektrisch, als die
schwarzen rissigen. Werner unterschied daher gemeinen und elektri-
schen
Schörl. Nach Hauy ist zwischen 30°--80° R. die Elektricität
am stärksten, weiter erhitzt hört alle Elektricität auf, was man leicht
wahrnimmt. Natürlich muß, wie schon Bergman und Becquerel gezeigt
haben, die Temperatur im Stein sich verändern, also entweder abnehmen
oder zunehmen. Bricht man ihn während des Experiments entzwei, so
ist jedes Stück gleich wieder polarelektrisch.

Vor dem Löthrohr verhalten sich die Varietäten verschieden: die
schwarzen schmelzen leicht an, blähen sich aber zu einer unschmelzbaren
Schlacke auf, die farbigen sind streng flüssig und selbst unschmelzbar. Schmilzt
man Flußspath mit Ka S2 zusammen, und bedeckt die Oberfläche des Flusses
mit Turmalinpulver, so wird beim ersten Zusammenschmelzen die Flamme
grün, Reaktion von Borsäure, die in allen sich findet und von 1--8,5 B
steigt. Thonerde 31--44 Al und Kieselerde 33--42 Si halten sich meist
das Gleichgewicht. Dazu kommt aber ein Gehalt an Eisenoxydoxydul, der
bis auf 23,5 Fe Fe steigend die Sammtschwarze Farbe erklärt, die Talk-
erde kann auf 14,9 Mg steigen, außerdem K, Na, Li, ein Fluorgehalt bis
auf 2,5 Fl, der die Glühverluste erklärt. Wägbare Spuren von Phos-
phorsäure, die mit der Thonerde fällt, und durch Molybdsaures Ammoniak
sich leicht nachweisen läßt. Es gibt Turmaline mit 14 verschiedenen Be-
standtheilen, daher ist auch wie beim Glimmer eine chemische Deutung
lange nicht geglückt. Schon Bergman und Wiegleb haben sich an ihm
versucht, aber erst 1818 fand Lampadius die B und 1820 Arfvedson das
Li. Lange gelten die Untersuchungen von Chr. Gmelin 1815--1827 als
Muster, und Rammelsberg (Pogg. Ann. 80. 449 und 81. 1) glaubt jetzt,
gestützt auf Hundert eigene Analysen von 30 verschiedenen Fundorten, zu
Formeln gelangt zu sein. Er fand, daß nach starkem Glühen das feine
Turmalinpulver durch Flußsäure vollkommen gelöst werde, was die Ana-
lyse wesentlich erleichterte. Freilich konnten nicht alle unter eine Formel
gebracht werden, doch richtet sich ihre Zusammensetzung im Ganzen nach
den Farben. Nur ein durchgreifendes Gesetz glaubt er zu finden: daß
sich nämlich der Sauerstoff der Basen und Borsäure R + R + B zum
Sauerstoff der Si verhalte = 4 : 3. Doch läßt sich nach den heutigen
Theorien der Chemie von dieser Eigenschaft kein Gebrauch bei den For-
meln machen. Dana zeigte (Erdmann Journ. prakt. Chem. 45. 290), daß
das Atomvolumen durch die Atomenanzahl dividirt bei allen Formeln
44,2 gibt. Anderer Ansicht ist R. Herrmann Erdmann, Journ. prakt.
Chem. 55. 451.

Vorkommen. Der edle findet sich im Flußsande der Tropen, ganz
nach Art anderer Edelsteine, daher können wir ihn auch von den Edel-
steinen nicht gut trennen. Der gemeine bildet oftmals einen untergeord-
neten Gemengtheil der Granite, Gneuse, Glimmer-, Chlorit- und Talk-
schiefer, besonders in den Alpen. Dagegen scheint er gänzlich in Augitischen
und Vulkangesteinen überhaupt zu fehlen. Ein Versuch sie künstlich dar-
zustellen, wie die andern Edelsteine, ist daher auch noch nicht gelungen.

Nach ihren Farben und Werth zeichnen sich etwa folgende aus:


I. Cl. 6te Fam.: Turmalin.
negative, woraus denn auch hervorgeht, daß die elektriſche Axe mit
der kryſtallographiſchen c zuſammenfällt. Uebrigens ſind die farbigen,
riſſefreien, beſonders die klaren (von Elba) viel ſtärker elektriſch, als die
ſchwarzen riſſigen. Werner unterſchied daher gemeinen und elektri-
ſchen
Schörl. Nach Hauy iſt zwiſchen 30°—80° R. die Elektricität
am ſtärkſten, weiter erhitzt hört alle Elektricität auf, was man leicht
wahrnimmt. Natürlich muß, wie ſchon Bergman und Becquerel gezeigt
haben, die Temperatur im Stein ſich verändern, alſo entweder abnehmen
oder zunehmen. Bricht man ihn während des Experiments entzwei, ſo
iſt jedes Stück gleich wieder polarelektriſch.

Vor dem Löthrohr verhalten ſich die Varietäten verſchieden: die
ſchwarzen ſchmelzen leicht an, blähen ſich aber zu einer unſchmelzbaren
Schlacke auf, die farbigen ſind ſtreng flüſſig und ſelbſt unſchmelzbar. Schmilzt
man Flußſpath mit K̇a S⃛2 zuſammen, und bedeckt die Oberfläche des Fluſſes
mit Turmalinpulver, ſo wird beim erſten Zuſammenſchmelzen die Flamme
grün, Reaktion von Borſäure, die in allen ſich findet und von 1—8,5 B⃛
ſteigt. Thonerde 31—44 A̶⃛l und Kieſelerde 33—42 S⃛i halten ſich meiſt
das Gleichgewicht. Dazu kommt aber ein Gehalt an Eiſenoxydoxydul, der
bis auf 23,5 Ḟe F̶⃛e ſteigend die Sammtſchwarze Farbe erklärt, die Talk-
erde kann auf 14,9 Ṁg ſteigen, außerdem , Ṅa, L̇i, ein Fluorgehalt bis
auf 2,5 Fl, der die Glühverluſte erklärt. Wägbare Spuren von Phos-
phorſäure, die mit der Thonerde fällt, und durch Molybdſaures Ammoniak
ſich leicht nachweiſen läßt. Es gibt Turmaline mit 14 verſchiedenen Be-
ſtandtheilen, daher iſt auch wie beim Glimmer eine chemiſche Deutung
lange nicht geglückt. Schon Bergman und Wiegleb haben ſich an ihm
verſucht, aber erſt 1818 fand Lampadius die B⃛ und 1820 Arfvedſon das
L̇i. Lange gelten die Unterſuchungen von Chr. Gmelin 1815—1827 als
Muſter, und Rammelsberg (Pogg. Ann. 80. 449 und 81. 1) glaubt jetzt,
geſtützt auf Hundert eigene Analyſen von 30 verſchiedenen Fundorten, zu
Formeln gelangt zu ſein. Er fand, daß nach ſtarkem Glühen das feine
Turmalinpulver durch Flußſäure vollkommen gelöst werde, was die Ana-
lyſe weſentlich erleichterte. Freilich konnten nicht alle unter eine Formel
gebracht werden, doch richtet ſich ihre Zuſammenſetzung im Ganzen nach
den Farben. Nur ein durchgreifendes Geſetz glaubt er zu finden: daß
ſich nämlich der Sauerſtoff der Baſen und Borſäure Ṙ + R̶⃛ + B⃛ zum
Sauerſtoff der S⃛i verhalte = 4 : 3. Doch läßt ſich nach den heutigen
Theorien der Chemie von dieſer Eigenſchaft kein Gebrauch bei den For-
meln machen. Dana zeigte (Erdmann Journ. prakt. Chem. 45. 290), daß
das Atomvolumen durch die Atomenanzahl dividirt bei allen Formeln
44,2 gibt. Anderer Anſicht iſt R. Herrmann Erdmann, Journ. prakt.
Chem. 55. 451.

Vorkommen. Der edle findet ſich im Flußſande der Tropen, ganz
nach Art anderer Edelſteine, daher können wir ihn auch von den Edel-
ſteinen nicht gut trennen. Der gemeine bildet oftmals einen untergeord-
neten Gemengtheil der Granite, Gneuſe, Glimmer-, Chlorit- und Talk-
ſchiefer, beſonders in den Alpen. Dagegen ſcheint er gänzlich in Augitiſchen
und Vulkangeſteinen überhaupt zu fehlen. Ein Verſuch ſie künſtlich dar-
zuſtellen, wie die andern Edelſteine, iſt daher auch noch nicht gelungen.

Nach ihren Farben und Werth zeichnen ſich etwa folgende aus:


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[269/0281] I. Cl. 6te Fam.: Turmalin. negative, woraus denn auch hervorgeht, daß die elektriſche Axe mit der kryſtallographiſchen c zuſammenfällt. Uebrigens ſind die farbigen, riſſefreien, beſonders die klaren (von Elba) viel ſtärker elektriſch, als die ſchwarzen riſſigen. Werner unterſchied daher gemeinen und elektri- ſchen Schörl. Nach Hauy iſt zwiſchen 30°—80° R. die Elektricität am ſtärkſten, weiter erhitzt hört alle Elektricität auf, was man leicht wahrnimmt. Natürlich muß, wie ſchon Bergman und Becquerel gezeigt haben, die Temperatur im Stein ſich verändern, alſo entweder abnehmen oder zunehmen. Bricht man ihn während des Experiments entzwei, ſo iſt jedes Stück gleich wieder polarelektriſch. Vor dem Löthrohr verhalten ſich die Varietäten verſchieden: die ſchwarzen ſchmelzen leicht an, blähen ſich aber zu einer unſchmelzbaren Schlacke auf, die farbigen ſind ſtreng flüſſig und ſelbſt unſchmelzbar. Schmilzt man Flußſpath mit K̇a S⃛2 zuſammen, und bedeckt die Oberfläche des Fluſſes mit Turmalinpulver, ſo wird beim erſten Zuſammenſchmelzen die Flamme grün, Reaktion von Borſäure, die in allen ſich findet und von 1—8,5 B⃛ ſteigt. Thonerde 31—44 A̶⃛l und Kieſelerde 33—42 S⃛i halten ſich meiſt das Gleichgewicht. Dazu kommt aber ein Gehalt an Eiſenoxydoxydul, der bis auf 23,5 Ḟe F̶⃛e ſteigend die Sammtſchwarze Farbe erklärt, die Talk- erde kann auf 14,9 Ṁg ſteigen, außerdem K̇, Ṅa, L̇i, ein Fluorgehalt bis auf 2,5 Fl, der die Glühverluſte erklärt. Wägbare Spuren von Phos- phorſäure, die mit der Thonerde fällt, und durch Molybdſaures Ammoniak ſich leicht nachweiſen läßt. Es gibt Turmaline mit 14 verſchiedenen Be- ſtandtheilen, daher iſt auch wie beim Glimmer eine chemiſche Deutung lange nicht geglückt. Schon Bergman und Wiegleb haben ſich an ihm verſucht, aber erſt 1818 fand Lampadius die B⃛ und 1820 Arfvedſon das L̇i. Lange gelten die Unterſuchungen von Chr. Gmelin 1815—1827 als Muſter, und Rammelsberg (Pogg. Ann. 80. 449 und 81. 1) glaubt jetzt, geſtützt auf Hundert eigene Analyſen von 30 verſchiedenen Fundorten, zu Formeln gelangt zu ſein. Er fand, daß nach ſtarkem Glühen das feine Turmalinpulver durch Flußſäure vollkommen gelöst werde, was die Ana- lyſe weſentlich erleichterte. Freilich konnten nicht alle unter eine Formel gebracht werden, doch richtet ſich ihre Zuſammenſetzung im Ganzen nach den Farben. Nur ein durchgreifendes Geſetz glaubt er zu finden: daß ſich nämlich der Sauerſtoff der Baſen und Borſäure Ṙ + R̶⃛ + B⃛ zum Sauerſtoff der S⃛i verhalte = 4 : 3. Doch läßt ſich nach den heutigen Theorien der Chemie von dieſer Eigenſchaft kein Gebrauch bei den For- meln machen. Dana zeigte (Erdmann Journ. prakt. Chem. 45. 290), daß das Atomvolumen durch die Atomenanzahl dividirt bei allen Formeln 44,2 gibt. Anderer Anſicht iſt R. Herrmann Erdmann, Journ. prakt. Chem. 55. 451. Vorkommen. Der edle findet ſich im Flußſande der Tropen, ganz nach Art anderer Edelſteine, daher können wir ihn auch von den Edel- ſteinen nicht gut trennen. Der gemeine bildet oftmals einen untergeord- neten Gemengtheil der Granite, Gneuſe, Glimmer-, Chlorit- und Talk- ſchiefer, beſonders in den Alpen. Dagegen ſcheint er gänzlich in Augitiſchen und Vulkangeſteinen überhaupt zu fehlen. Ein Verſuch ſie künſtlich dar- zuſtellen, wie die andern Edelſteine, iſt daher auch noch nicht gelungen. Nach ihren Farben und Werth zeichnen ſich etwa folgende aus:

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/281>, abgerufen am 21.11.2024.