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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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II. Cl. Salinische Steine: Dolomit.

Dolomitfelsen, zuerst in der Schweiz von Dolomieu (Journ.
phys.
1791) ausgezeichnet. Er verstand darunter jene weißen Gebirgs-
arten von feinem sandartigem Korn, das gleich dem Cipollino pag. 334
von Streifen grünen Talkes durchzogen wird. Die Körner hängen nur
wenig zusammen, und das Gestein biegt sich daher in dünnen Platten.
Vieler sogenannter Urkalk ist mehr oder weniger dolomitisch. Besonderes
Interesse bekam der Dolomit des Flözgebirges durch die klassische
Arbeit L. v. Buch's (Abh. Berliner Akad. 1824), diese Felsen pflegen
mehr gelblich durch Eisenocker (Fassathal), oder grau und dunkelfarbig
durch Bitumen (Muggendorf) zu sein. Sie haben ebenfalls ein feines
Zuckerkorn, und sind von Drusenräumen durchzogen, in welchen kleine
aber sehr deutliche Rhomboeder liegen. Wegen ihres magern Anfühlens
hat sie der Bergmann Rauhkalk genannt, und in England heißen sie
nach ihrem Gehalt Magnesia-Limestone. Sie sind häufig von Höhlen
durchzogen, denn viele werden durch Verwitterung so mürde, daß man sie
mit dem Finger zerdrücken kann. Dadurch entsteht dann Dolomitsand.
Kein Gestein ist zu kühnen Felsenbildungen geneigter, als dieses: im
Fassathal finden sich 2000' hohe Steinwände. Historisch berühmt ist der
Dolomitpaß von Pancorbo nordöstlich Burgos, der aus dem Ebro- in das
Duerogebiet führt, und im kleinen aber kühnen Maßstabe finden wir es
in der fränkischen Schweiz (Wiesenthal).

Dichter Dolomit vom Aussehen des Kalksteins theils mit ebenem,
theils mit splittrigem Bruch, aber braust nicht stark mit Säure und ist
schwerer als Kalk. Zu Aggsbach ohnweit Gurhof (Land unter der Ems)
und Hrubschiz kommt er im Serpentingebirge vor (Gurhofian 30 Ca, 22 Mg,
16 C). Die dichten Steinmergel des Keuper mit fein splittrigem Bruch
enthalten 41 Ca C, 25 Mg C und Quarzsand, ja die Bittererde scheint so
verbreitet, daß man ähnliche Gesteinsreihen, wie beim Kalkstein, aufstellen
könnte. Noch in den jüngsten Kalkbildungen, den tertiären Süßwasserkalken,
fehlt die Bittererde nicht: bei Dächingen (Oberamt Ehingen) auf der Alp
findet sich ein zerreibliches Gestein, aus welchem eine schneeweiße Kreide
abgeschlämmt wird, die nach Dr. Leube (Leonhard's Jahrb. 1840. pag. 373)
45 Mg C auf 54 Ca C enthält, also ein normaler Dolomit ist. Man
merkt dieß auch schon mit Säure, da sie nicht so stark als Kreide braust.
Es kommen in dem Zechstein auch oolithische Bitterkalke vor und was
dergleichen mehr.

Der Bittererdegehalt der Kalksteine wechselt außerordentlich, und man
kann das durch chemische Formeln nicht festhalten. Die meiste dieser
Bittererde hat das Gebirge wohl gleich aus dem Urmeer bekommen,
welche die Niederschläge erzeugten. Andere Male gewinnt die Sache je-
doch den Anschein, als wäre Bittererde dem Gebirge erst durch irgend
eine Weise zugeführt: ältere Hypothesen sagten, aus dem Innern der
Erde, wo das Centralfeuer wahrscheinlich so heiß sei, daß mit Hilfe glü-
hender Wasserdämpfe die Bittererde verflüchtigt werden könnte, was di-
rekten chemischen Versuchen gerade nicht widerspricht, denn Durocher
(Compt. rend. 33. 64) konnte Chlormagnesium in glühendem Flintenlauf
verflüchtigen und aus Kalkstein eine Art Dolomit erzeugen. Dagegen
hat neuerlich Morlot (Haidinger, Naturwiss. Abhandl. Wien 1847) geltend

II. Cl. Saliniſche Steine: Dolomit.

Dolomitfelſen, zuerſt in der Schweiz von Dolomieu (Journ.
phys.
1791) ausgezeichnet. Er verſtand darunter jene weißen Gebirgs-
arten von feinem ſandartigem Korn, das gleich dem Cipollino pag. 334
von Streifen grünen Talkes durchzogen wird. Die Körner hängen nur
wenig zuſammen, und das Geſtein biegt ſich daher in dünnen Platten.
Vieler ſogenannter Urkalk iſt mehr oder weniger dolomitiſch. Beſonderes
Intereſſe bekam der Dolomit des Flözgebirges durch die klaſſiſche
Arbeit L. v. Buch’s (Abh. Berliner Akad. 1824), dieſe Felſen pflegen
mehr gelblich durch Eiſenocker (Faſſathal), oder grau und dunkelfarbig
durch Bitumen (Muggendorf) zu ſein. Sie haben ebenfalls ein feines
Zuckerkorn, und ſind von Druſenräumen durchzogen, in welchen kleine
aber ſehr deutliche Rhomboeder liegen. Wegen ihres magern Anfühlens
hat ſie der Bergmann Rauhkalk genannt, und in England heißen ſie
nach ihrem Gehalt Magnesia-Limestone. Sie ſind häufig von Höhlen
durchzogen, denn viele werden durch Verwitterung ſo mürde, daß man ſie
mit dem Finger zerdrücken kann. Dadurch entſteht dann Dolomitſand.
Kein Geſtein iſt zu kühnen Felſenbildungen geneigter, als dieſes: im
Faſſathal finden ſich 2000′ hohe Steinwände. Hiſtoriſch berühmt iſt der
Dolomitpaß von Pancorbo nordöſtlich Burgos, der aus dem Ebro- in das
Duerogebiet führt, und im kleinen aber kühnen Maßſtabe finden wir es
in der fränkiſchen Schweiz (Wieſenthal).

Dichter Dolomit vom Ausſehen des Kalkſteins theils mit ebenem,
theils mit ſplittrigem Bruch, aber braust nicht ſtark mit Säure und iſt
ſchwerer als Kalk. Zu Aggsbach ohnweit Gurhof (Land unter der Ems)
und Hrubſchiz kommt er im Serpentingebirge vor (Gurhofian 30 Ċa, 22 Ṁg,
16 ). Die dichten Steinmergel des Keuper mit fein ſplittrigem Bruch
enthalten 41 Ċa C̈, 25 Ṁg C̈ und Quarzſand, ja die Bittererde ſcheint ſo
verbreitet, daß man ähnliche Geſteinsreihen, wie beim Kalkſtein, aufſtellen
könnte. Noch in den jüngſten Kalkbildungen, den tertiären Süßwaſſerkalken,
fehlt die Bittererde nicht: bei Dächingen (Oberamt Ehingen) auf der Alp
findet ſich ein zerreibliches Geſtein, aus welchem eine ſchneeweiße Kreide
abgeſchlämmt wird, die nach Dr. Leube (Leonhard’s Jahrb. 1840. pag. 373)
45 Ṁg C̈ auf 54 Ċa C̈ enthält, alſo ein normaler Dolomit iſt. Man
merkt dieß auch ſchon mit Säure, da ſie nicht ſo ſtark als Kreide braust.
Es kommen in dem Zechſtein auch oolithiſche Bitterkalke vor und was
dergleichen mehr.

Der Bittererdegehalt der Kalkſteine wechſelt außerordentlich, und man
kann das durch chemiſche Formeln nicht feſthalten. Die meiſte dieſer
Bittererde hat das Gebirge wohl gleich aus dem Urmeer bekommen,
welche die Niederſchläge erzeugten. Andere Male gewinnt die Sache je-
doch den Anſchein, als wäre Bittererde dem Gebirge erſt durch irgend
eine Weiſe zugeführt: ältere Hypotheſen ſagten, aus dem Innern der
Erde, wo das Centralfeuer wahrſcheinlich ſo heiß ſei, daß mit Hilfe glü-
hender Waſſerdämpfe die Bittererde verflüchtigt werden könnte, was di-
rekten chemiſchen Verſuchen gerade nicht widerſpricht, denn Durocher
(Compt. rend. 33. 64) konnte Chlormagneſium in glühendem Flintenlauf
verflüchtigen und aus Kalkſtein eine Art Dolomit erzeugen. Dagegen
hat neuerlich Morlot (Haidinger, Naturwiſſ. Abhandl. Wien 1847) geltend

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[342/0354] II. Cl. Saliniſche Steine: Dolomit. Dolomitfelſen, zuerſt in der Schweiz von Dolomieu (Journ. phys. 1791) ausgezeichnet. Er verſtand darunter jene weißen Gebirgs- arten von feinem ſandartigem Korn, das gleich dem Cipollino pag. 334 von Streifen grünen Talkes durchzogen wird. Die Körner hängen nur wenig zuſammen, und das Geſtein biegt ſich daher in dünnen Platten. Vieler ſogenannter Urkalk iſt mehr oder weniger dolomitiſch. Beſonderes Intereſſe bekam der Dolomit des Flözgebirges durch die klaſſiſche Arbeit L. v. Buch’s (Abh. Berliner Akad. 1824), dieſe Felſen pflegen mehr gelblich durch Eiſenocker (Faſſathal), oder grau und dunkelfarbig durch Bitumen (Muggendorf) zu ſein. Sie haben ebenfalls ein feines Zuckerkorn, und ſind von Druſenräumen durchzogen, in welchen kleine aber ſehr deutliche Rhomboeder liegen. Wegen ihres magern Anfühlens hat ſie der Bergmann Rauhkalk genannt, und in England heißen ſie nach ihrem Gehalt Magnesia-Limestone. Sie ſind häufig von Höhlen durchzogen, denn viele werden durch Verwitterung ſo mürde, daß man ſie mit dem Finger zerdrücken kann. Dadurch entſteht dann Dolomitſand. Kein Geſtein iſt zu kühnen Felſenbildungen geneigter, als dieſes: im Faſſathal finden ſich 2000′ hohe Steinwände. Hiſtoriſch berühmt iſt der Dolomitpaß von Pancorbo nordöſtlich Burgos, der aus dem Ebro- in das Duerogebiet führt, und im kleinen aber kühnen Maßſtabe finden wir es in der fränkiſchen Schweiz (Wieſenthal). Dichter Dolomit vom Ausſehen des Kalkſteins theils mit ebenem, theils mit ſplittrigem Bruch, aber braust nicht ſtark mit Säure und iſt ſchwerer als Kalk. Zu Aggsbach ohnweit Gurhof (Land unter der Ems) und Hrubſchiz kommt er im Serpentingebirge vor (Gurhofian 30 Ċa, 22 Ṁg, 16 C̈). Die dichten Steinmergel des Keuper mit fein ſplittrigem Bruch enthalten 41 Ċa C̈, 25 Ṁg C̈ und Quarzſand, ja die Bittererde ſcheint ſo verbreitet, daß man ähnliche Geſteinsreihen, wie beim Kalkſtein, aufſtellen könnte. Noch in den jüngſten Kalkbildungen, den tertiären Süßwaſſerkalken, fehlt die Bittererde nicht: bei Dächingen (Oberamt Ehingen) auf der Alp findet ſich ein zerreibliches Geſtein, aus welchem eine ſchneeweiße Kreide abgeſchlämmt wird, die nach Dr. Leube (Leonhard’s Jahrb. 1840. pag. 373) 45 Ṁg C̈ auf 54 Ċa C̈ enthält, alſo ein normaler Dolomit iſt. Man merkt dieß auch ſchon mit Säure, da ſie nicht ſo ſtark als Kreide braust. Es kommen in dem Zechſtein auch oolithiſche Bitterkalke vor und was dergleichen mehr. Der Bittererdegehalt der Kalkſteine wechſelt außerordentlich, und man kann das durch chemiſche Formeln nicht feſthalten. Die meiſte dieſer Bittererde hat das Gebirge wohl gleich aus dem Urmeer bekommen, welche die Niederſchläge erzeugten. Andere Male gewinnt die Sache je- doch den Anſchein, als wäre Bittererde dem Gebirge erſt durch irgend eine Weiſe zugeführt: ältere Hypotheſen ſagten, aus dem Innern der Erde, wo das Centralfeuer wahrſcheinlich ſo heiß ſei, daß mit Hilfe glü- hender Waſſerdämpfe die Bittererde verflüchtigt werden könnte, was di- rekten chemiſchen Verſuchen gerade nicht widerſpricht, denn Durocher (Compt. rend. 33. 64) konnte Chlormagneſium in glühendem Flintenlauf verflüchtigen und aus Kalkſtein eine Art Dolomit erzeugen. Dagegen hat neuerlich Morlot (Haidinger, Naturwiſſ. Abhandl. Wien 1847) geltend

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/354>, abgerufen am 22.11.2024.