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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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II. Cl. Salinische Steine: Arragonit.

Afterkrystalle des Arragonits nach Kalkspath fand Mitscherlich
in Vesuv'schen Laven, Haidinger im Basalttuff von Schlackenwerth und
zu Herrengrund. Am merkwürdigsten scheinen die von der Emericus-
Grube von Offenbanya, wo die Zwillingssäulen nach Fichtel 1 Fuß lang
und 1/2' dick werden. Nach G. Rose (Pogg. Ann. 91. 147) erkennt man
dann noch deutlich die Zwillingsgränzen, auch der Blätterbruch behält im
Ganzen eine bestimmte Lage bei.

Härte 3, härter als Kalkspath, Gewicht 2,9, also auch um 0,2 den
Kalkspath übertreffend. Ein schwacher Blätterbruch wird zwar parallel
h = b : infinitya : infinityc angegeben, allein man hat große Mühe, sich nur von
seinem Dasein zu überzeugen, geschweige daß er sich darstellen ließe. Fett-
glanz, Farben zufällig wie beim Kalkspath. Starke doppelte Strahlen-
brechung, ordentl. Strahl 1,69, außerordentl. St. 1,53, also dem Kalk-
spath in Stärke kaum nachstehend. Die beiden optischen Axen machen
mit c 10° und mit b 80°, liegen also in den Arenebenen b c, und ihre
Ebene halbirt den scharfen Säulenwinkel. Ein Paar c : 4b : infinitya gegen
Axe c 79° 48' geneigt, steht senkrecht gegen die optischen Axen. Um die
conische Refraktion zu zeigen, schleift man die Böhmischen Krystalle nach
dieser Richtung an. Von Rudberg Pogg. Ann. 17. 1 genau untersucht.

In einer Glasröhre über Weingeist lange erhitzt schwillt er etwas
an und fällt plötzlich zu einem weißen Pulver auseinander, ohne dabei
vorher Kohlensäure abzugeben, denn ein daneben gelegtes Stück Kalkspath
wird bei dieser Temperatur noch gar nicht verändert: er soll zu Kalkspath-
rhomboedern zerfallen (Haidinger Pogg. Annal. 11. 177). Ca C ganz
wie Kalkspath, denn ein kleiner Gehalt an Strontianerde, die spanischen
haben nach Stromeyer 4 p. C. Sr C, welchen Hauy für wesentlich hielt,
muß unwesentlich sein, da die böhmischen nur 1 p. C., die von Gex (Dep.
l'Ain) und Herrengrund keinen mehr zeigen. Obgleich der geschmolzene
Ca C zu Kalkspath gesteht, so soll doch aus heißen Lösungen im Wasser
sich nicht Kalkspath, sondern Arragonit niederschlagen, G. Rose Pogg.
Ann. 42. pag. 353, während es bekannt ist, daß kalte Quellen nur Kalk-
spath erzeugen. Läßt man die heißen Niederschläge jedoch im Wasser kalt
werden, so steht die Masse wieder zu Kalkspath um, man muß daher den
Niederschlag gleich trocknen. Am besten bildet sich der künstliche, wenn
man Chlorcalcium in kohlensaures Ammoniak gießt. Daraus scheint nun
leicht erklärlich, daß die Kalksteine heißer Sprudel Arragonit wurden, und
daß besonders in vulkanischen Gesteinen ihre Krystalle zu finden sind
(siehe dagegen Bischof Lehrb. chem. phys. Geol. II. 1039).

Krystalle besonders schön in den Basaltgebirgen des böhmischen
Mittelgebirges südlich Bilin (Liebshausen, Kosel, Luschiz, Sedlitz, Seid-
schütz etc.), für den Optiker die wichtigsten Fundorte, nicht selten in arm-
dicken Strahlen, aber dann unklar; auch die Auvergne bietet in ihren
vulkanischen Gesteinen viele schöne Fundorte. Besonders bekannt sind die
einfachen Zwillingsformen aus dem Gyps von Bastennes ohnweit Dax
am nördlichen und aus Arragonien am südlichen Abhange der Pyrenäen.
Hier könnten freilich auch heiße Quellen die Ursache gewesen sein, wie
bei den Rogensteinbildungen des Bunten Sandsteins am Harz. Doch be-
weist Becquerel (Compt. rend. XXXIV. 574), daß Arragonit entstehe, wenn

II. Cl. Saliniſche Steine: Arragonit.

Afterkryſtalle des Arragonits nach Kalkſpath fand Mitſcherlich
in Veſuv’ſchen Laven, Haidinger im Baſalttuff von Schlackenwerth und
zu Herrengrund. Am merkwürdigſten ſcheinen die von der Emericus-
Grube von Offenbanya, wo die Zwillingsſäulen nach Fichtel 1 Fuß lang
und ½′ dick werden. Nach G. Roſe (Pogg. Ann. 91. 147) erkennt man
dann noch deutlich die Zwillingsgränzen, auch der Blätterbruch behält im
Ganzen eine beſtimmte Lage bei.

Härte 3, härter als Kalkſpath, Gewicht 2,9, alſo auch um 0,2 den
Kalkſpath übertreffend. Ein ſchwacher Blätterbruch wird zwar parallel
h = b : ∞a : ∞c angegeben, allein man hat große Mühe, ſich nur von
ſeinem Daſein zu überzeugen, geſchweige daß er ſich darſtellen ließe. Fett-
glanz, Farben zufällig wie beim Kalkſpath. Starke doppelte Strahlen-
brechung, ordentl. Strahl 1,69, außerordentl. St. 1,53, alſo dem Kalk-
ſpath in Stärke kaum nachſtehend. Die beiden optiſchen Axen machen
mit c 10° und mit b 80°, liegen alſo in den Arenebenen b c, und ihre
Ebene halbirt den ſcharfen Säulenwinkel. Ein Paar c : 4b : ∞a gegen
Axe c 79° 48′ geneigt, ſteht ſenkrecht gegen die optiſchen Axen. Um die
coniſche Refraktion zu zeigen, ſchleift man die Böhmiſchen Kryſtalle nach
dieſer Richtung an. Von Rudberg Pogg. Ann. 17. 1 genau unterſucht.

In einer Glasröhre über Weingeiſt lange erhitzt ſchwillt er etwas
an und fällt plötzlich zu einem weißen Pulver auseinander, ohne dabei
vorher Kohlenſäure abzugeben, denn ein daneben gelegtes Stück Kalkſpath
wird bei dieſer Temperatur noch gar nicht verändert: er ſoll zu Kalkſpath-
rhomboedern zerfallen (Haidinger Pogg. Annal. 11. 177). Ċa C̈ ganz
wie Kalkſpath, denn ein kleiner Gehalt an Strontianerde, die ſpaniſchen
haben nach Stromeyer 4 p. C. Ṡr C̈, welchen Hauy für weſentlich hielt,
muß unweſentlich ſein, da die böhmiſchen nur 1 p. C., die von Gex (Dep.
l’Ain) und Herrengrund keinen mehr zeigen. Obgleich der geſchmolzene
Ċa C̈ zu Kalkſpath geſteht, ſo ſoll doch aus heißen Löſungen im Waſſer
ſich nicht Kalkſpath, ſondern Arragonit niederſchlagen, G. Roſe Pogg.
Ann. 42. pag. 353, während es bekannt iſt, daß kalte Quellen nur Kalk-
ſpath erzeugen. Läßt man die heißen Niederſchläge jedoch im Waſſer kalt
werden, ſo ſteht die Maſſe wieder zu Kalkſpath um, man muß daher den
Niederſchlag gleich trocknen. Am beſten bildet ſich der künſtliche, wenn
man Chlorcalcium in kohlenſaures Ammoniak gießt. Daraus ſcheint nun
leicht erklärlich, daß die Kalkſteine heißer Sprudel Arragonit wurden, und
daß beſonders in vulkaniſchen Geſteinen ihre Kryſtalle zu finden ſind
(ſiehe dagegen Biſchof Lehrb. chem. phyſ. Geol. II. 1039).

Kryſtalle beſonders ſchön in den Baſaltgebirgen des böhmiſchen
Mittelgebirges ſüdlich Bilin (Liebshauſen, Koſel, Luſchiz, Sedlitz, Seid-
ſchütz ꝛc.), für den Optiker die wichtigſten Fundorte, nicht ſelten in arm-
dicken Strahlen, aber dann unklar; auch die Auvergne bietet in ihren
vulkaniſchen Geſteinen viele ſchöne Fundorte. Beſonders bekannt ſind die
einfachen Zwillingsformen aus dem Gyps von Baſtennes ohnweit Dax
am nördlichen und aus Arragonien am ſüdlichen Abhange der Pyrenäen.
Hier könnten freilich auch heiße Quellen die Urſache geweſen ſein, wie
bei den Rogenſteinbildungen des Bunten Sandſteins am Harz. Doch be-
weist Becquerel (Compt. rend. XXXIV. 574), daß Arragonit entſtehe, wenn

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[352/0364] II. Cl. Saliniſche Steine: Arragonit. Afterkryſtalle des Arragonits nach Kalkſpath fand Mitſcherlich in Veſuv’ſchen Laven, Haidinger im Baſalttuff von Schlackenwerth und zu Herrengrund. Am merkwürdigſten ſcheinen die von der Emericus- Grube von Offenbanya, wo die Zwillingsſäulen nach Fichtel 1 Fuß lang und ½′ dick werden. Nach G. Roſe (Pogg. Ann. 91. 147) erkennt man dann noch deutlich die Zwillingsgränzen, auch der Blätterbruch behält im Ganzen eine beſtimmte Lage bei. Härte 3, härter als Kalkſpath, Gewicht 2,9, alſo auch um 0,2 den Kalkſpath übertreffend. Ein ſchwacher Blätterbruch wird zwar parallel h = b : ∞a : ∞c angegeben, allein man hat große Mühe, ſich nur von ſeinem Daſein zu überzeugen, geſchweige daß er ſich darſtellen ließe. Fett- glanz, Farben zufällig wie beim Kalkſpath. Starke doppelte Strahlen- brechung, ordentl. Strahl 1,69, außerordentl. St. 1,53, alſo dem Kalk- ſpath in Stärke kaum nachſtehend. Die beiden optiſchen Axen machen mit c 10° und mit b 80°, liegen alſo in den Arenebenen b c, und ihre Ebene halbirt den ſcharfen Säulenwinkel. Ein Paar c : 4b : ∞a gegen Axe c 79° 48′ geneigt, ſteht ſenkrecht gegen die optiſchen Axen. Um die coniſche Refraktion zu zeigen, ſchleift man die Böhmiſchen Kryſtalle nach dieſer Richtung an. Von Rudberg Pogg. Ann. 17. 1 genau unterſucht. In einer Glasröhre über Weingeiſt lange erhitzt ſchwillt er etwas an und fällt plötzlich zu einem weißen Pulver auseinander, ohne dabei vorher Kohlenſäure abzugeben, denn ein daneben gelegtes Stück Kalkſpath wird bei dieſer Temperatur noch gar nicht verändert: er ſoll zu Kalkſpath- rhomboedern zerfallen (Haidinger Pogg. Annal. 11. 177). Ċa C̈ ganz wie Kalkſpath, denn ein kleiner Gehalt an Strontianerde, die ſpaniſchen haben nach Stromeyer 4 p. C. Ṡr C̈, welchen Hauy für weſentlich hielt, muß unweſentlich ſein, da die böhmiſchen nur 1 p. C., die von Gex (Dep. l’Ain) und Herrengrund keinen mehr zeigen. Obgleich der geſchmolzene Ċa C̈ zu Kalkſpath geſteht, ſo ſoll doch aus heißen Löſungen im Waſſer ſich nicht Kalkſpath, ſondern Arragonit niederſchlagen, G. Roſe Pogg. Ann. 42. pag. 353, während es bekannt iſt, daß kalte Quellen nur Kalk- ſpath erzeugen. Läßt man die heißen Niederſchläge jedoch im Waſſer kalt werden, ſo ſteht die Maſſe wieder zu Kalkſpath um, man muß daher den Niederſchlag gleich trocknen. Am beſten bildet ſich der künſtliche, wenn man Chlorcalcium in kohlenſaures Ammoniak gießt. Daraus ſcheint nun leicht erklärlich, daß die Kalkſteine heißer Sprudel Arragonit wurden, und daß beſonders in vulkaniſchen Geſteinen ihre Kryſtalle zu finden ſind (ſiehe dagegen Biſchof Lehrb. chem. phyſ. Geol. II. 1039). Kryſtalle beſonders ſchön in den Baſaltgebirgen des böhmiſchen Mittelgebirges ſüdlich Bilin (Liebshauſen, Koſel, Luſchiz, Sedlitz, Seid- ſchütz ꝛc.), für den Optiker die wichtigſten Fundorte, nicht ſelten in arm- dicken Strahlen, aber dann unklar; auch die Auvergne bietet in ihren vulkaniſchen Geſteinen viele ſchöne Fundorte. Beſonders bekannt ſind die einfachen Zwillingsformen aus dem Gyps von Baſtennes ohnweit Dax am nördlichen und aus Arragonien am ſüdlichen Abhange der Pyrenäen. Hier könnten freilich auch heiße Quellen die Urſache geweſen ſein, wie bei den Rogenſteinbildungen des Bunten Sandſteins am Harz. Doch be- weist Becquerel (Compt. rend. XXXIV. 574), daß Arragonit entſtehe, wenn

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/364>, abgerufen am 21.11.2024.