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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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II. Cl. Salinische Steine: Salmiak.
gehört, so wird der Körper daraus entstanden sein. Stellen wir nämlich
ein Leucitoeder nach seiner 4gliedrigen Axe cc aufrecht, und denken das
obere Oktaeder o uns verschwinden, so bilden die übrigen 8 einen 4kantner,
dessen gestrichelte Flächen einem Trapezoeder angehören. Neu-
mann hat die Sache genau untersucht, auch noch ein Trape-
zoeder von a : a : 2/5 a nachgewiesen, und zwar so, daß an einem
Ende das Trapezoeder a : a : 1/3 a = t, am andern das a : a :
2/5 a = q
herrscht. Auch Abstumpfungen der Endkanten des
Trapezoeders t/t kommen vor, welche einem Trapezoeder vom
Leucitoeder l = a : a : 1/2a entsprechen. Eine Oktaedrische Zuschär-
[Abbildung] fung des Endes gehört ebenfalls dem gewöhnlichen Leucitoeder o = a :
a : 1/2a
an, was wesentlich dafür zu sprechen scheint, daß diese merk-
würdigen Körper nicht dem wirklich 4gliedrigen Systeme, sondern einer
Theilflächigkeit des regulären Systems angehören, welche sich gyroedrisch
gruppirt. Ja Wöhler hat einmal (Erdmann's Journ. prakt. Chem. 50. 310)
scharfe meßbare Rhomboeder von 67° 7' bekommen, die dem untern Rhom-
boeder des Leucitoeder a : a : 1/4a in seiner 3gliedrigen Stellung angehören,
deren Endkanten durch einen Dreikantner zugeschärft werden, welche vom
Pyramidenwürfel a : 1/3 a : infinitya abzuleiten sind. Eine kleine Projektion
macht die Sache sogleich klar.

Für ein so klares Salz auffallend mild, stechend salziger Ge-
schmack, H. = 1--2, Gew. 1,6. N H4 Cl in Wasser leicht löslich, und
verflüchtigt sich vollständig im Kolben, setzt sich aber unverändert wieder
ab. Mit Soda starken Ammoniakgeruch. Concentrirte Lösungen von
Salmiak lösen heiß die Beryllerde, worauf das beste Trennungsmittel
von der Thonerde beruhen soll (Dr. Weeren Pogg. Ann. 92. 101) pag. 262.

Wegen seiner Löslichkeit hält es sich im Freien nicht, obgleich es sich
bei Kohlen- und Erdbränden durch Sublimation leicht bildet, da Ammoniak
besonders in den Steinen des Flözgebirges sehr verbreitet ist, wie der
Geruch der Stinksteine, Belemniten, Solnhoferschiefer etc. deutlich genug
zeigt. Wahrscheinlich haben die Sublimationen in Vulkanen auch nicht
einmal im Erdinnern ihre Ammoniakquelle, Bunsen meint sogar (Erd-
mann's Journ. prakt. Chem. 56. 55), daß der Salmiak erst außerhalb der
Vulkane erzeugt werde, indem die Salzsäure auf die Vegetation einwirke.
Doch entsteht am Vesuv und Aetna öfter soviel, daß ein kleiner Handel
damit getrieben wird, und die Umwohner des Vulkans von Turfan (Hot-
scheou) und Kutsche (Pe-Schan) in Hochasien müssen sogar dem Kaiser
von China ihren Tribut damit zahlen. Es sollen rauchende Solfataren
von mehreren Stunden Durchmesser sein, welche das weiße Salz
fortwährend bilden. Mit Eisenchlorid pag. 425 gefärbt färbt er die Laven
pommeranzengelb. Früher versah Aegypten, wo er seit alter Zeit aus
Kameelmist bereitet wird, ganz Europa mit diesem wichtigen Arzneimittel,
gegenwärtig hat man viel Mittel ihn darzustellen, doch da er auch in
der Färberei, beim Löthen und Verzinnen, beim Goldschmelzen etc. An-
wendung findet, so kostet der Ctr. immerhin noch über 80 fl. Vergleiche
auch den Mascagnin.

Die Würfelform der Krystalle kommt bei einer Reihe von künstlichen
Salzen vor, die in ihrer Constitution große Aehnlichkeit haben. Wie Salz,
Salmiak, Chlorkalium, hat auch Chlorlithium L Cl Würfel vom Geschmack

II. Cl. Saliniſche Steine: Salmiak.
gehört, ſo wird der Körper daraus entſtanden ſein. Stellen wir nämlich
ein Leucitoeder nach ſeiner 4gliedrigen Axe cc aufrecht, und denken das
obere Oktaeder o uns verſchwinden, ſo bilden die übrigen 8 einen 4kantner,
deſſen geſtrichelte Flächen einem Trapezoeder angehören. Neu-
mann hat die Sache genau unterſucht, auch noch ein Trape-
zoeder von a : a : ⅖a nachgewieſen, und zwar ſo, daß an einem
Ende das Trapezoeder a : a : ⅓a = t, am andern das a : a :
⅖a = q
herrſcht. Auch Abſtumpfungen der Endkanten des
Trapezoeders t/t kommen vor, welche einem Trapezoeder vom
Leucitoeder l = a : a : ½a entſprechen. Eine Oktaedriſche Zuſchär-
[Abbildung] fung des Endes gehört ebenfalls dem gewöhnlichen Leucitoeder o = a :
a : ½a
an, was weſentlich dafür zu ſprechen ſcheint, daß dieſe merk-
würdigen Körper nicht dem wirklich 4gliedrigen Syſteme, ſondern einer
Theilflächigkeit des regulären Syſtems angehören, welche ſich gyroedriſch
gruppirt. Ja Wöhler hat einmal (Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 50. 310)
ſcharfe meßbare Rhomboeder von 67° 7′ bekommen, die dem untern Rhom-
boeder des Leucitoeder a : a : ¼a in ſeiner 3gliedrigen Stellung angehören,
deren Endkanten durch einen Dreikantner zugeſchärft werden, welche vom
Pyramidenwürfel a : ⅓a : ∞a abzuleiten ſind. Eine kleine Projektion
macht die Sache ſogleich klar.

Für ein ſo klares Salz auffallend mild, ſtechend ſalziger Ge-
ſchmack, H. = 1—2, Gew. 1,6. N̶ H̶4 C̶l in Waſſer leicht löslich, und
verflüchtigt ſich vollſtändig im Kolben, ſetzt ſich aber unverändert wieder
ab. Mit Soda ſtarken Ammoniakgeruch. Concentrirte Löſungen von
Salmiak löſen heiß die Beryllerde, worauf das beſte Trennungsmittel
von der Thonerde beruhen ſoll (Dr. Weeren Pogg. Ann. 92. 101) pag. 262.

Wegen ſeiner Löslichkeit hält es ſich im Freien nicht, obgleich es ſich
bei Kohlen- und Erdbränden durch Sublimation leicht bildet, da Ammoniak
beſonders in den Steinen des Flözgebirges ſehr verbreitet iſt, wie der
Geruch der Stinkſteine, Belemniten, Solnhoferſchiefer ꝛc. deutlich genug
zeigt. Wahrſcheinlich haben die Sublimationen in Vulkanen auch nicht
einmal im Erdinnern ihre Ammoniakquelle, Bunſen meint ſogar (Erd-
mann’s Journ. prakt. Chem. 56. 55), daß der Salmiak erſt außerhalb der
Vulkane erzeugt werde, indem die Salzſäure auf die Vegetation einwirke.
Doch entſteht am Veſuv und Aetna öfter ſoviel, daß ein kleiner Handel
damit getrieben wird, und die Umwohner des Vulkans von Turfan (Hot-
ſcheou) und Kutſche (Pe-Schan) in Hochaſien müſſen ſogar dem Kaiſer
von China ihren Tribut damit zahlen. Es ſollen rauchende Solfataren
von mehreren Stunden Durchmeſſer ſein, welche das weiße Salz
fortwährend bilden. Mit Eiſenchlorid pag. 425 gefärbt färbt er die Laven
pommeranzengelb. Früher verſah Aegypten, wo er ſeit alter Zeit aus
Kameelmiſt bereitet wird, ganz Europa mit dieſem wichtigen Arzneimittel,
gegenwärtig hat man viel Mittel ihn darzuſtellen, doch da er auch in
der Färberei, beim Löthen und Verzinnen, beim Goldſchmelzen ꝛc. An-
wendung findet, ſo koſtet der Ctr. immerhin noch über 80 fl. Vergleiche
auch den Mascagnin.

Die Würfelform der Kryſtalle kommt bei einer Reihe von künſtlichen
Salzen vor, die in ihrer Conſtitution große Aehnlichkeit haben. Wie Salz,
Salmiak, Chlorkalium, hat auch Chlorlithium L C̶l Würfel vom Geſchmack

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[431/0443] II. Cl. Saliniſche Steine: Salmiak. gehört, ſo wird der Körper daraus entſtanden ſein. Stellen wir nämlich ein Leucitoeder nach ſeiner 4gliedrigen Axe cc aufrecht, und denken das obere Oktaeder o uns verſchwinden, ſo bilden die übrigen 8 einen 4kantner, deſſen geſtrichelte Flächen einem Trapezoeder angehören. Neu- mann hat die Sache genau unterſucht, auch noch ein Trape- zoeder von a : a : ⅖a nachgewieſen, und zwar ſo, daß an einem Ende das Trapezoeder a : a : ⅓a = t, am andern das a : a : ⅖a = q herrſcht. Auch Abſtumpfungen der Endkanten des Trapezoeders t/t kommen vor, welche einem Trapezoeder vom Leucitoeder l = a : a : ½a entſprechen. Eine Oktaedriſche Zuſchär- [Abbildung] fung des Endes gehört ebenfalls dem gewöhnlichen Leucitoeder o = a : a : ½a an, was weſentlich dafür zu ſprechen ſcheint, daß dieſe merk- würdigen Körper nicht dem wirklich 4gliedrigen Syſteme, ſondern einer Theilflächigkeit des regulären Syſtems angehören, welche ſich gyroedriſch gruppirt. Ja Wöhler hat einmal (Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 50. 310) ſcharfe meßbare Rhomboeder von 67° 7′ bekommen, die dem untern Rhom- boeder des Leucitoeder a : a : ¼a in ſeiner 3gliedrigen Stellung angehören, deren Endkanten durch einen Dreikantner zugeſchärft werden, welche vom Pyramidenwürfel a : ⅓a : ∞a abzuleiten ſind. Eine kleine Projektion macht die Sache ſogleich klar. Für ein ſo klares Salz auffallend mild, ſtechend ſalziger Ge- ſchmack, H. = 1—2, Gew. 1,6. N̶ H̶4 C̶l in Waſſer leicht löslich, und verflüchtigt ſich vollſtändig im Kolben, ſetzt ſich aber unverändert wieder ab. Mit Soda ſtarken Ammoniakgeruch. Concentrirte Löſungen von Salmiak löſen heiß die Beryllerde, worauf das beſte Trennungsmittel von der Thonerde beruhen ſoll (Dr. Weeren Pogg. Ann. 92. 101) pag. 262. Wegen ſeiner Löslichkeit hält es ſich im Freien nicht, obgleich es ſich bei Kohlen- und Erdbränden durch Sublimation leicht bildet, da Ammoniak beſonders in den Steinen des Flözgebirges ſehr verbreitet iſt, wie der Geruch der Stinkſteine, Belemniten, Solnhoferſchiefer ꝛc. deutlich genug zeigt. Wahrſcheinlich haben die Sublimationen in Vulkanen auch nicht einmal im Erdinnern ihre Ammoniakquelle, Bunſen meint ſogar (Erd- mann’s Journ. prakt. Chem. 56. 55), daß der Salmiak erſt außerhalb der Vulkane erzeugt werde, indem die Salzſäure auf die Vegetation einwirke. Doch entſteht am Veſuv und Aetna öfter ſoviel, daß ein kleiner Handel damit getrieben wird, und die Umwohner des Vulkans von Turfan (Hot- ſcheou) und Kutſche (Pe-Schan) in Hochaſien müſſen ſogar dem Kaiſer von China ihren Tribut damit zahlen. Es ſollen rauchende Solfataren von mehreren Stunden Durchmeſſer ſein, welche das weiße Salz fortwährend bilden. Mit Eiſenchlorid pag. 425 gefärbt färbt er die Laven pommeranzengelb. Früher verſah Aegypten, wo er ſeit alter Zeit aus Kameelmiſt bereitet wird, ganz Europa mit dieſem wichtigen Arzneimittel, gegenwärtig hat man viel Mittel ihn darzuſtellen, doch da er auch in der Färberei, beim Löthen und Verzinnen, beim Goldſchmelzen ꝛc. An- wendung findet, ſo koſtet der Ctr. immerhin noch über 80 fl. Vergleiche auch den Mascagnin. Die Würfelform der Kryſtalle kommt bei einer Reihe von künſtlichen Salzen vor, die in ihrer Conſtitution große Aehnlichkeit haben. Wie Salz, Salmiak, Chlorkalium, hat auch Chlorlithium L C̶l Würfel vom Geſchmack

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/443>, abgerufen am 22.11.2024.