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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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IV. Cl. Oxydische Erze: Wolfram.
macht in c 99° 12'. Hauy nahm beide Winkel r/r = u/u = 98° 12'
an, und da keine ganz scharfe Messungen wegen der Streifung und scha-
ligen Absonderung möglich sind, so würden r r u u ein viergliedriges Ok-
taeder bilden, dessen scharfe Endecke der blättrige Bruch T gerade ab-
stumpft. Die meist krummschalige Schiefendfläche P = 2a : c : infinityb bekommt
gegen die hintere Gegenfläche n = 2a' : c : infinityb meist entschieden das
Uebergewicht. Dem entsprechend treten die beiden augitartigen Paare o
= a : b : c
und s = a : c : 1/2b immer nur auf der Vorderseite auf und
zwar bildet o am viergliedrigen Oktaeder r r u u das halbe nächste schär-
fere und s das halbe nächste stumpfere Oktaeder. Nimmt man dazu nun
den so häufigen Schwalbenschwanzzwilling, worin die Individuen M (sammt
den Säulenflächen) gemein haben und umgekehrt liegen, und zwar so, daß
dann o und s in vollzähliger 2gliedriger Ordnung auftreten, so sollte
man an einem 2 + 1gliedrigen Systeme mit rechtwinkeligen Axen
a : b = 0,9671 : 1,175
nicht zweifeln. Nun zeigt aber G. Rose, daß bei Ehrenfriedersdorf nicht
blos die bei 2 + 1gliedrigen Systemen ungewöhnliche Gradendfläche c
= c
: infinitya : infinityb vorkomme, sondern daß bei Schlaggenwalde in Böhmen
s und o als vollflächige Oktaeder auftreten. Eben-
so vollzählig sind die Krystalle, welche bei Nert-
schinsk mit Beryll vorkommen. Damit würde
dann auch das von Naumann beobachtete Zwil-
[Abbildung] lingsgesetz sich besser vertragen, nach welchem die Individuen die auf die
scharfe Säulenkante aufgesetzte Fläche b : c : infinitya gemein haben, die Axen,
folglich auch die Streifen der einspiegelnden M schneiden sich unter 120°
52', und die f bilden einerseits einspringende Winkel von 139° 56'. Ver-
gleiche auch Columbit. Die Krystalle haben große Neigung zu schaligen
Absonderungen, was die Beobachtung der Flächen sehr erschwert.

Pechschwarz mit röthlich braunem Strich, in dünnen Blättchen nicht
ganz undurchsichtig, daher nur halbmetallischen Glanz, Härte 5--6,
Gew. 7,3.

Vor dem Löthrohr schmilzt er schwer, bedeckt sich undeutlich mit Kry-
stallen und wird magnetisch. Mangan- und Eisenreaktion. Salzsäure
zersetzt ihn schwer, es scheidet sich Wolframsäure als gelber Rückstand aus.
1786 wurde von den Gebrüdern de Luyart bereits 65 p. C. gelber Stoff
(Wolframsäure) nachgewiesen, nach Berzelius gibt man ihm die allge-
meine Formel (Fe, Mn) W, und zwar bewies Berzelius direkt, daß gelbe
Wolframsäure (W), und nicht blaues Wolframoxyd (W) darin sei. Dem-
ungeachtet kam Graf Schaffgotsch (Pogg. Ann 52. 475), gestützt auf viele
Analysen, auf die ältere Ansicht von W wieder zurück. Indeß da nach
Ebelmen bei der Zersetzung des Wolframs durch Salzsäure sich kein Wasser-
stoff entwickelt, was bei Vorhandensein von Wolframoxyd der Fall sein
müßte, da sich Wolframsäure ausscheidet, so bleibt man bei der Ansicht
von Berzelius stehen, wornach etwa 75 p. C. W vorhanden ist. Auch
hat Dr. Lehmann direkt nachgewiesen, daß ein Gemisch von Wolframsäure
und Eisenvitriol in Schwefelsäure erwärmt augenblicklich in blaues Wol-
framoxyd umgewandelt werde, was sich dann schnell wieder zu gelber
Wolframsäure oxydirt. Doch variirt der Gehalt an Eisen- und Mangan-
oxydul, verbunden mit etwas Kalkerde, außerordentlich bei den verschie-

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IV. Cl. Oxydiſche Erze: Wolfram.
macht in c 99° 12′. Hauy nahm beide Winkel r/r = u/u = 98° 12′
an, und da keine ganz ſcharfe Meſſungen wegen der Streifung und ſcha-
ligen Abſonderung möglich ſind, ſo würden r r u u ein viergliedriges Ok-
taeder bilden, deſſen ſcharfe Endecke der blättrige Bruch T gerade ab-
ſtumpft. Die meiſt krummſchalige Schiefendfläche P = 2a : c : ∞b bekommt
gegen die hintere Gegenfläche n = 2a′ : c : ∞b meiſt entſchieden das
Uebergewicht. Dem entſprechend treten die beiden augitartigen Paare o
= a : b : c
und s = a : c : ½b immer nur auf der Vorderſeite auf und
zwar bildet o am viergliedrigen Oktaeder r r u u das halbe nächſte ſchär-
fere und s das halbe nächſte ſtumpfere Oktaeder. Nimmt man dazu nun
den ſo häufigen Schwalbenſchwanzzwilling, worin die Individuen M (ſammt
den Säulenflächen) gemein haben und umgekehrt liegen, und zwar ſo, daß
dann o und s in vollzähliger 2gliedriger Ordnung auftreten, ſo ſollte
man an einem 2 + 1gliedrigen Syſteme mit rechtwinkeligen Axen
a : b = 0,9671 : 1,175
nicht zweifeln. Nun zeigt aber G. Roſe, daß bei Ehrenfriedersdorf nicht
blos die bei 2 + 1gliedrigen Syſtemen ungewöhnliche Gradendfläche c
= c
: ∞a : ∞b vorkomme, ſondern daß bei Schlaggenwalde in Böhmen
s und o als vollflächige Oktaeder auftreten. Eben-
ſo vollzählig ſind die Kryſtalle, welche bei Nert-
ſchinsk mit Beryll vorkommen. Damit würde
dann auch das von Naumann beobachtete Zwil-
[Abbildung] lingsgeſetz ſich beſſer vertragen, nach welchem die Individuen die auf die
ſcharfe Säulenkante aufgeſetzte Fläche b : c : ∞a gemein haben, die Axen,
folglich auch die Streifen der einſpiegelnden M ſchneiden ſich unter 120°
52′, und die f bilden einerſeits einſpringende Winkel von 139° 56′. Ver-
gleiche auch Columbit. Die Kryſtalle haben große Neigung zu ſchaligen
Abſonderungen, was die Beobachtung der Flächen ſehr erſchwert.

Pechſchwarz mit röthlich braunem Strich, in dünnen Blättchen nicht
ganz undurchſichtig, daher nur halbmetalliſchen Glanz, Härte 5—6,
Gew. 7,3.

Vor dem Löthrohr ſchmilzt er ſchwer, bedeckt ſich undeutlich mit Kry-
ſtallen und wird magnetiſch. Mangan- und Eiſenreaktion. Salzſäure
zerſetzt ihn ſchwer, es ſcheidet ſich Wolframſäure als gelber Rückſtand aus.
1786 wurde von den Gebrüdern de Luyart bereits 65 p. C. gelber Stoff
(Wolframſäure) nachgewieſen, nach Berzelius gibt man ihm die allge-
meine Formel (Ḟe, Ṁn) W⃛, und zwar bewies Berzelius direkt, daß gelbe
Wolframſäure (W⃛), und nicht blaues Wolframoxyd () darin ſei. Dem-
ungeachtet kam Graf Schaffgotſch (Pogg. Ann 52. 475), geſtützt auf viele
Analyſen, auf die ältere Anſicht von wieder zurück. Indeß da nach
Ebelmen bei der Zerſetzung des Wolframs durch Salzſäure ſich kein Waſſer-
ſtoff entwickelt, was bei Vorhandenſein von Wolframoxyd der Fall ſein
müßte, da ſich Wolframſäure ausſcheidet, ſo bleibt man bei der Anſicht
von Berzelius ſtehen, wornach etwa 75 p. C. W⃛ vorhanden iſt. Auch
hat Dr. Lehmann direkt nachgewieſen, daß ein Gemiſch von Wolframſäure
und Eiſenvitriol in Schwefelſäure erwärmt augenblicklich in blaues Wol-
framoxyd umgewandelt werde, was ſich dann ſchnell wieder zu gelber
Wolframſäure oxydirt. Doch variirt der Gehalt an Eiſen- und Mangan-
oxydul, verbunden mit etwas Kalkerde, außerordentlich bei den verſchie-

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[547/0559] IV. Cl. Oxydiſche Erze: Wolfram. macht in c 99° 12′. Hauy nahm beide Winkel r/r = u/u = 98° 12′ an, und da keine ganz ſcharfe Meſſungen wegen der Streifung und ſcha- ligen Abſonderung möglich ſind, ſo würden r r u u ein viergliedriges Ok- taeder bilden, deſſen ſcharfe Endecke der blättrige Bruch T gerade ab- ſtumpft. Die meiſt krummſchalige Schiefendfläche P = 2a : c : ∞b bekommt gegen die hintere Gegenfläche n = 2a′ : c : ∞b meiſt entſchieden das Uebergewicht. Dem entſprechend treten die beiden augitartigen Paare o = a : b : c und s = a : c : ½b immer nur auf der Vorderſeite auf und zwar bildet o am viergliedrigen Oktaeder r r u u das halbe nächſte ſchär- fere und s das halbe nächſte ſtumpfere Oktaeder. Nimmt man dazu nun den ſo häufigen Schwalbenſchwanzzwilling, worin die Individuen M (ſammt den Säulenflächen) gemein haben und umgekehrt liegen, und zwar ſo, daß dann o und s in vollzähliger 2gliedriger Ordnung auftreten, ſo ſollte man an einem 2 + 1gliedrigen Syſteme mit rechtwinkeligen Axen a : b = 0,9671 : 1,175 nicht zweifeln. Nun zeigt aber G. Roſe, daß bei Ehrenfriedersdorf nicht blos die bei 2 + 1gliedrigen Syſtemen ungewöhnliche Gradendfläche c = c : ∞a : ∞b vorkomme, ſondern daß bei Schlaggenwalde in Böhmen s und o als vollflächige Oktaeder auftreten. Eben- ſo vollzählig ſind die Kryſtalle, welche bei Nert- ſchinsk mit Beryll vorkommen. Damit würde dann auch das von Naumann beobachtete Zwil- [Abbildung] lingsgeſetz ſich beſſer vertragen, nach welchem die Individuen die auf die ſcharfe Säulenkante aufgeſetzte Fläche [FORMEL]b : c : ∞a gemein haben, die Axen, folglich auch die Streifen der einſpiegelnden M ſchneiden ſich unter 120° 52′, und die f bilden einerſeits einſpringende Winkel von 139° 56′. Ver- gleiche auch Columbit. Die Kryſtalle haben große Neigung zu ſchaligen Abſonderungen, was die Beobachtung der Flächen ſehr erſchwert. Pechſchwarz mit röthlich braunem Strich, in dünnen Blättchen nicht ganz undurchſichtig, daher nur halbmetalliſchen Glanz, Härte 5—6, Gew. 7,3. Vor dem Löthrohr ſchmilzt er ſchwer, bedeckt ſich undeutlich mit Kry- ſtallen und wird magnetiſch. Mangan- und Eiſenreaktion. Salzſäure zerſetzt ihn ſchwer, es ſcheidet ſich Wolframſäure als gelber Rückſtand aus. 1786 wurde von den Gebrüdern de Luyart bereits 65 p. C. gelber Stoff (Wolframſäure) nachgewieſen, nach Berzelius gibt man ihm die allge- meine Formel (Ḟe, Ṁn) W⃛, und zwar bewies Berzelius direkt, daß gelbe Wolframſäure (W⃛), und nicht blaues Wolframoxyd (Ẅ) darin ſei. Dem- ungeachtet kam Graf Schaffgotſch (Pogg. Ann 52. 475), geſtützt auf viele Analyſen, auf die ältere Anſicht von Ẅ wieder zurück. Indeß da nach Ebelmen bei der Zerſetzung des Wolframs durch Salzſäure ſich kein Waſſer- ſtoff entwickelt, was bei Vorhandenſein von Wolframoxyd der Fall ſein müßte, da ſich Wolframſäure ausſcheidet, ſo bleibt man bei der Anſicht von Berzelius ſtehen, wornach etwa 75 p. C. W⃛ vorhanden iſt. Auch hat Dr. Lehmann direkt nachgewieſen, daß ein Gemiſch von Wolframſäure und Eiſenvitriol in Schwefelſäure erwärmt augenblicklich in blaues Wol- framoxyd umgewandelt werde, was ſich dann ſchnell wieder zu gelber Wolframſäure oxydirt. Doch variirt der Gehalt an Eiſen- und Mangan- oxydul, verbunden mit etwas Kalkerde, außerordentlich bei den verſchie- 35*

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/559>, abgerufen am 21.11.2024.