a) Tetraedrische Hemiedrie. Das viergliedrige Tetraeder (Sphenoid) haben wir schon oben pag. 23 kennen gelernt, es ist 4+2kantig.
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Die Gradendfläche stumpft die 2 Kanten, und die 2te quadratische Säule die 4 Kanten ab, die erste qua- dratische Säule stumpft die 4 Ecken ab. Der 4+4- Kantner muß natürlich ein gebrochenes Tetraeder (Disphen, tetragonales Scalenoeder) geben. Es wird von 8 ungleichseitigen Dreiecken eingeschlossen, hat daher 4+4+4 Kanten, von denen keine der andern parallel geht. Beim Kupferkies kommt diese Hemiedrie schön vor.
b)Pyritoedrische Hemiedrie würde aus dem Vierkantner ein zweigliedriges Oktaeder machen, und aus den Oktaedern zweigliedrige Paare. Zweigliedrige Oktaeder, worin b ein rationales Multiplum von a ist, könnten unter gewissen Umständen für hemiedrisch genommen werden.
c)Gyroedrie. Kommt ausgezeichnet bei Vierkantnern vor. Ich
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darf nur auf eine Fläche 0 schreiben, und auf die anliegende 1 etc. Den Körper hat Naumann Trapezoeder genannt. Es sind zwei Oktaederhälften, die an beiden Enden um 45° gegen einander verdreht sind, so daß an den Seiten 8 Zickzackkanten entstehen. Man kann übrigens den Vierkantner auch in zwei viergliedrige Oktaeder von Zwischenstellung (die nicht zu den beiden Ordnungen von Oktaedern gehören) zerlegen, diese er- zeugen dann keine Drehung. Sowie auch die vierundvierkantige Säule in zwei quadratische Säulen von Zwischenstellung zerfällt. Beispiele Tungstein und Scheelbleierz.
Es kommen die Flächen nur selten untergeordnet vor. Man macht
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sich die Sache am besten am viergliedrigen Dodekaeder klar: n zeigt die gedrehte Hemiedrie, und n die nicht gedrehte, letztere gibt ein Oktaeder von Zwi- schenstellung.
Zwillinge. Nimmt man zwei gleiche Oktaeder und legt sie mit
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ihren Endkanten in symmetrischer Lage aneinander, so sind zwei Stellungen möglich: entweder liegen die Oktaeder parallel (1), oder nicht parallel und umgekehrt (2), letzteres ist der Zwil- ling. Man kann statt der Endkante auch die Fläche des nächsten stumpferen Oktaeders denken. Mathematisch aus- gedrückt: beide Individuen haben die Fläche des nächsten stumpferen Oktae- ders gemein, und sind um 180° um eine Linie (Zwillingsaxe) verdreht, die senkrecht auf der gemeinsamen Fläche steht. Bei diesen Zwillingen
Viergliedriges Syſtem: Hemiedrie, Zwillinge.
a) Tetraedriſche Hemiedrie. Das viergliedrige Tetraeder (Sphenoid) haben wir ſchon oben pag. 23 kennen gelernt, es iſt 4+2kantig.
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Die Gradendfläche ſtumpft die 2 Kanten, und die 2te quadratiſche Säule die 4 Kanten ab, die erſte qua- dratiſche Säule ſtumpft die 4 Ecken ab. Der 4+4- Kantner muß natürlich ein gebrochenes Tetraeder (Disphen, tetragonales Scalenoeder) geben. Es wird von 8 ungleichſeitigen Dreiecken eingeſchloſſen, hat daher 4+4+4 Kanten, von denen keine der andern parallel geht. Beim Kupferkies kommt dieſe Hemiedrie ſchön vor.
b)Pyritoedriſche Hemiedrie würde aus dem Vierkantner ein zweigliedriges Oktaeder machen, und aus den Oktaedern zweigliedrige Paare. Zweigliedrige Oktaeder, worin b ein rationales Multiplum von a iſt, könnten unter gewiſſen Umſtänden für hemiedriſch genommen werden.
c)Gyroedrie. Kommt ausgezeichnet bei Vierkantnern vor. Ich
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darf nur auf eine Fläche 0 ſchreiben, und auf die anliegende 1 ꝛc. Den Körper hat Naumann Trapezoeder genannt. Es ſind zwei Oktaederhälften, die an beiden Enden um 45° gegen einander verdreht ſind, ſo daß an den Seiten 8 Zickzackkanten entſtehen. Man kann übrigens den Vierkantner auch in zwei viergliedrige Oktaeder von Zwiſchenſtellung (die nicht zu den beiden Ordnungen von Oktaedern gehören) zerlegen, dieſe er- zeugen dann keine Drehung. Sowie auch die vierundvierkantige Säule in zwei quadratiſche Säulen von Zwiſchenſtellung zerfällt. Beiſpiele Tungſtein und Scheelbleierz.
Es kommen die Flächen nur ſelten untergeordnet vor. Man macht
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ſich die Sache am beſten am viergliedrigen Dodekaeder klar: ν zeigt die gedrehte Hemiedrie, und n die nicht gedrehte, letztere gibt ein Oktaeder von Zwi- ſchenſtellung.
Zwillinge. Nimmt man zwei gleiche Oktaeder und legt ſie mit
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ihren Endkanten in ſymmetriſcher Lage aneinander, ſo ſind zwei Stellungen möglich: entweder liegen die Oktaeder parallel (1), oder nicht parallel und umgekehrt (2), letzteres iſt der Zwil- ling. Man kann ſtatt der Endkante auch die Fläche des nächſten ſtumpferen Oktaeders denken. Mathematiſch aus- gedrückt: beide Individuen haben die Fläche des nächſten ſtumpferen Oktae- ders gemein, und ſind um 180° um eine Linie (Zwillingsaxe) verdreht, die ſenkrecht auf der gemeinſamen Fläche ſteht. Bei dieſen Zwillingen
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Viergliedriges Syſtem: Hemiedrie, Zwillinge.
a) Tetraedriſche Hemiedrie. Das viergliedrige Tetraeder
(Sphenoid) haben wir ſchon oben pag. 23 kennen gelernt, es iſt 4+2kantig.
[Abbildung]
Die Gradendfläche ſtumpft die 2 Kanten, und die 2te
quadratiſche Säule die 4 Kanten ab, die erſte qua-
dratiſche Säule ſtumpft die 4 Ecken ab. Der 4+4-
Kantner muß natürlich ein gebrochenes Tetraeder
(Disphen, tetragonales Scalenoeder) geben. Es wird
von 8 ungleichſeitigen Dreiecken eingeſchloſſen, hat
daher 4+4+4 Kanten, von denen keine der andern
parallel geht. Beim Kupferkies kommt dieſe Hemiedrie
ſchön vor.
b) Pyritoedriſche Hemiedrie würde aus dem Vierkantner ein
zweigliedriges Oktaeder machen, und aus den Oktaedern zweigliedrige
Paare. Zweigliedrige Oktaeder, worin b ein rationales Multiplum von
a iſt, könnten unter gewiſſen Umſtänden für hemiedriſch genommen werden.
c) Gyroedrie. Kommt ausgezeichnet bei Vierkantnern vor. Ich
[Abbildung]
darf nur auf eine Fläche 0 ſchreiben, und auf die anliegende
1 ꝛc. Den Körper hat Naumann Trapezoeder genannt. Es
ſind zwei Oktaederhälften, die an beiden Enden um 45° gegen
einander verdreht ſind, ſo daß an den Seiten 8 Zickzackkanten
entſtehen. Man kann übrigens den Vierkantner auch in zwei
viergliedrige Oktaeder von Zwiſchenſtellung (die nicht zu den
beiden Ordnungen von Oktaedern gehören) zerlegen, dieſe er-
zeugen dann keine Drehung. Sowie auch die vierundvierkantige
Säule in zwei quadratiſche Säulen von Zwiſchenſtellung zerfällt.
Beiſpiele Tungſtein und Scheelbleierz.
Es kommen die Flächen nur ſelten untergeordnet vor. Man macht
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ſich die Sache am beſten am viergliedrigen Dodekaeder
klar: ν zeigt die gedrehte Hemiedrie, und n die
nicht gedrehte, letztere gibt ein Oktaeder von Zwi-
ſchenſtellung.
Zwillinge. Nimmt man zwei gleiche Oktaeder und legt ſie mit
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ihren Endkanten in ſymmetriſcher Lage
aneinander, ſo ſind zwei Stellungen
möglich: entweder liegen die Oktaeder
parallel (1), oder nicht parallel und
umgekehrt (2), letzteres iſt der Zwil-
ling. Man kann ſtatt der Endkante
auch die Fläche des nächſten ſtumpferen
Oktaeders denken. Mathematiſch aus-
gedrückt: beide Individuen haben die
Fläche des nächſten ſtumpferen Oktae-
ders gemein, und ſind um 180° um eine Linie (Zwillingsaxe) verdreht,
die ſenkrecht auf der gemeinſamen Fläche ſteht. Bei dieſen Zwillingen
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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/88>, abgerufen am 18.12.2024.
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