ist lange todt), daß wir so geworden sind -- Leon besonders, den er hat von uns Zweien immer die unruhigste Phantasie und Seele. Übrigens ist er doch auch ein rechter, guter Kaufmann. Er führt die Bücher da unten in unserm Geschäft, und Papa ist recht mit ihm zufrieden. Aber Papa ist eigentlich auch sehr mit daran schuld, daß wir so aufgewachsen sind in Einbildung und Träumen. Das hat sich so von einer Generation zur andern weitergegeben, seit wir unter Ludwig dem Vierzehnten nach Branden¬ burg zu dem Großen Kurfürsten gekommen sind. Ach, Herr Krumhardt, die Kinder des Schneiders des Beaux haben ihr Hausheiligthum und ihre Ritter¬ buchbibliothek wie der edle Junker Don Quixote von la Mancha. Hat Leon Sie noch nicht hineingeführt? Das wundert mich! Herr Vel -- Herr Andres sitzt sehr häufig dort und hat auch schon manches Merk¬ würdige da gefunden wie er sagt. Soll ich für Sie da auch sagen: Sesam öffne Dich?"
"Das würde sehr liebenswürdig von Ihnen sein, gnädiges Fräulein."
"O, spotten Sie nur über die Firma des Beaux, Vater und Sohn!" --
Es war hier wirklich kein Grund zum Spotten. Das Haus des Beaux hatte nicht nur seinen Salon, seinen Konzertflügel sammt reichen Teppichen, Kron¬
iſt lange todt), daß wir ſo geworden ſind — Leon beſonders, den er hat von uns Zweien immer die unruhigſte Phantaſie und Seele. Übrigens iſt er doch auch ein rechter, guter Kaufmann. Er führt die Bücher da unten in unſerm Geſchäft, und Papa iſt recht mit ihm zufrieden. Aber Papa iſt eigentlich auch ſehr mit daran ſchuld, daß wir ſo aufgewachſen ſind in Einbildung und Träumen. Das hat ſich ſo von einer Generation zur andern weitergegeben, ſeit wir unter Ludwig dem Vierzehnten nach Branden¬ burg zu dem Großen Kurfürſten gekommen ſind. Ach, Herr Krumhardt, die Kinder des Schneiders des Beaux haben ihr Hausheiligthum und ihre Ritter¬ buchbibliothek wie der edle Junker Don Quixote von la Mancha. Hat Leon Sie noch nicht hineingeführt? Das wundert mich! Herr Vel — Herr Andres ſitzt ſehr häufig dort und hat auch ſchon manches Merk¬ würdige da gefunden wie er ſagt. Soll ich für Sie da auch ſagen: Seſam öffne Dich?“
„Das würde ſehr liebenswürdig von Ihnen ſein, gnädiges Fräulein.“
„O, ſpotten Sie nur über die Firma des Beaux, Vater und Sohn!“ —
Es war hier wirklich kein Grund zum Spotten. Das Haus des Beaux hatte nicht nur ſeinen Salon, ſeinen Konzertflügel ſammt reichen Teppichen, Kron¬
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iſt lange todt), daß wir ſo geworden ſind — Leon
beſonders, den er hat von uns Zweien immer die
unruhigſte Phantaſie und Seele. Übrigens iſt er
doch auch ein rechter, guter Kaufmann. Er führt
die Bücher da unten in unſerm Geſchäft, und Papa
iſt recht mit ihm zufrieden. Aber Papa iſt eigentlich
auch ſehr mit daran ſchuld, daß wir ſo aufgewachſen
ſind in Einbildung und Träumen. Das hat ſich ſo
von einer Generation zur andern weitergegeben, ſeit
wir unter Ludwig dem Vierzehnten nach Branden¬
burg zu dem Großen Kurfürſten gekommen ſind. Ach,
Herr Krumhardt, die Kinder des Schneiders des
Beaux haben ihr Hausheiligthum und ihre Ritter¬
buchbibliothek wie der edle Junker Don Quixote von
la Mancha. Hat Leon Sie noch nicht hineingeführt?
Das wundert mich! Herr Vel — Herr Andres ſitzt
ſehr häufig dort und hat auch ſchon manches Merk¬
würdige da gefunden wie er ſagt. Soll ich für Sie
da auch ſagen: Seſam öffne Dich?“
„Das würde ſehr liebenswürdig von Ihnen ſein,
gnädiges Fräulein.“
„O, ſpotten Sie nur über die Firma des Beaux,
Vater und Sohn!“ —
Es war hier wirklich kein Grund zum Spotten.
Das Haus des Beaux hatte nicht nur ſeinen Salon,
ſeinen Konzertflügel ſammt reichen Teppichen, Kron¬
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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/133>, abgerufen am 21.11.2024.
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