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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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nirgends für ihn ein Ruheplatz gewesen ist. Aber
ist es ein Glück, so unverwundbar auf seinem Wege
durchs Leben zu werden wie dieser, Dein Freund
Velten, der an Allem, was uns Anderen begegnen
mag, jetzt nur Antheil nimmt wie wir auf unserem
Theaterplatz, einerlei, ob es das Lustigste oder das
Traurigste, das Dümmste oder das Klügste, das
Häßlichste oder das Schönste ist, was vor ihm
aufgeführt wird? Und was noch schlimmer ist,
auch in ihm! Ich schwatze wohl thörichtes Zeug;
aber wie hätte ich in meinen Kreisen je erfahren
können, daß es so etwas in der Welt geben kann?
Daß Menschen über das Leben und den Tod, über
Alles, was uns Anderen wichtig, süß oder bitter ist,
so ruhig werden könnten? Ach, Karl, der ist doch
noch ganz anders, als wie Du ihn mir geschildert
hast. Und, weißt Du noch eins -- eure arme
Leonie in Berlin, von der Du mir erzählt hast, be¬
greife ich wohl; aber die Andere -- die hier aus
dem Vogelsang, ganz und gar nicht. Wenn sie,
diese Helene Trotzendorff, nicht doch nur, euch
närrischen dummen Leuten gegenüber zum Trotz, eine
ganz gewöhnliche dumme Gans gewesen ist, hat sie
eine schwere Verantwortung auf sich genommen. Ich,
für mein Theil, ich --"

"Nun, mein Herz?"

nirgends für ihn ein Ruheplatz geweſen iſt. Aber
iſt es ein Glück, ſo unverwundbar auf ſeinem Wege
durchs Leben zu werden wie dieſer, Dein Freund
Velten, der an Allem, was uns Anderen begegnen
mag, jetzt nur Antheil nimmt wie wir auf unſerem
Theaterplatz, einerlei, ob es das Luſtigſte oder das
Traurigſte, das Dümmſte oder das Klügſte, das
Häßlichſte oder das Schönſte iſt, was vor ihm
aufgeführt wird? Und was noch ſchlimmer iſt,
auch in ihm! Ich ſchwatze wohl thörichtes Zeug;
aber wie hätte ich in meinen Kreiſen je erfahren
können, daß es ſo etwas in der Welt geben kann?
Daß Menſchen über das Leben und den Tod, über
Alles, was uns Anderen wichtig, ſüß oder bitter iſt,
ſo ruhig werden könnten? Ach, Karl, der iſt doch
noch ganz anders, als wie Du ihn mir geſchildert
haſt. Und, weißt Du noch eins — eure arme
Leonie in Berlin, von der Du mir erzählt haſt, be¬
greife ich wohl; aber die Andere — die hier aus
dem Vogelſang, ganz und gar nicht. Wenn ſie,
dieſe Helene Trotzendorff, nicht doch nur, euch
närriſchen dummen Leuten gegenüber zum Trotz, eine
ganz gewöhnliche dumme Gans geweſen iſt, hat ſie
eine ſchwere Verantwortung auf ſich genommen. Ich,
für mein Theil, ich —“

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[223/0233] nirgends für ihn ein Ruheplatz geweſen iſt. Aber iſt es ein Glück, ſo unverwundbar auf ſeinem Wege durchs Leben zu werden wie dieſer, Dein Freund Velten, der an Allem, was uns Anderen begegnen mag, jetzt nur Antheil nimmt wie wir auf unſerem Theaterplatz, einerlei, ob es das Luſtigſte oder das Traurigſte, das Dümmſte oder das Klügſte, das Häßlichſte oder das Schönſte iſt, was vor ihm aufgeführt wird? Und was noch ſchlimmer iſt, auch in ihm! Ich ſchwatze wohl thörichtes Zeug; aber wie hätte ich in meinen Kreiſen je erfahren können, daß es ſo etwas in der Welt geben kann? Daß Menſchen über das Leben und den Tod, über Alles, was uns Anderen wichtig, ſüß oder bitter iſt, ſo ruhig werden könnten? Ach, Karl, der iſt doch noch ganz anders, als wie Du ihn mir geſchildert haſt. Und, weißt Du noch eins — eure arme Leonie in Berlin, von der Du mir erzählt haſt, be¬ greife ich wohl; aber die Andere — die hier aus dem Vogelſang, ganz und gar nicht. Wenn ſie, dieſe Helene Trotzendorff, nicht doch nur, euch närriſchen dummen Leuten gegenüber zum Trotz, eine ganz gewöhnliche dumme Gans geweſen iſt, hat ſie eine ſchwere Verantwortung auf ſich genommen. Ich, für mein Theil, ich —“ „Nun, mein Herz?“

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/233>, abgerufen am 23.11.2024.