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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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"Frau Fechtmeisterin Feucht? Ein Irrthum ist
doch wohl ausgeschlossen?"

Ich habe auf meinem Wege durch meinen Beruf
und vorzüglich während der zwei Jahre, in welchen
ich zu Hause der Oberstaatsanwaltschaft als Mit¬
arbeiter zugetheilt war, in mancherlei Örtlichkeiten
mich zurechtzufinden gelernt. Hier hatte ich nur den
Neubau zu durchschreiten, um merkwürdigerweise in
dem neuesten Berlin das wenn nicht älteste, so doch
ältere noch vollständig an Ort und Stelle zu finden. Das
weite lärmvolle Gehöft des Hofhufschmieds war überbaut
worden und bis auf einen brunnenartigen, lichtlosen
Lichthof verschwunden. Doch der Frau Fechtmeisterin
Feucht und ihrem Reich hatte die Zeit nichts an¬
haben können. Ich fand sie Beide noch, wie sie vor
Jahren gewesen waren; das Hintergebäude der großen
Firma des Beaux und die Frau Fechtmeisterin. Sie
hatten sich Beide gar nicht, oder nur ganz unmerklich
verändert, das eine, rauchgeschwärzt, mit jetzt seinen
hundertundzwanzig, die andere, weiß, zierlich, das
richtige Märchenweiblein mit fast ihren neunzig
Jahren auf dem Nacken! --

Baissez-vous, montagnes,
Haussez-vous, vallons!
M'empechez de voir
Ma mi' Madelon --

Wie kam es, daß auf den dunkeln, steilen

„Frau Fechtmeiſterin Feucht? Ein Irrthum iſt
doch wohl ausgeſchloſſen?“

Ich habe auf meinem Wege durch meinen Beruf
und vorzüglich während der zwei Jahre, in welchen
ich zu Hauſe der Oberſtaatsanwaltſchaft als Mit¬
arbeiter zugetheilt war, in mancherlei Örtlichkeiten
mich zurechtzufinden gelernt. Hier hatte ich nur den
Neubau zu durchſchreiten, um merkwürdigerweiſe in
dem neueſten Berlin das wenn nicht älteſte, ſo doch
ältere noch vollſtändig an Ort und Stelle zu finden. Das
weite lärmvolle Gehöft des Hofhufſchmieds war überbaut
worden und bis auf einen brunnenartigen, lichtloſen
Lichthof verſchwunden. Doch der Frau Fechtmeiſterin
Feucht und ihrem Reich hatte die Zeit nichts an¬
haben können. Ich fand ſie Beide noch, wie ſie vor
Jahren geweſen waren; das Hintergebäude der großen
Firma des Beaux und die Frau Fechtmeiſterin. Sie
hatten ſich Beide gar nicht, oder nur ganz unmerklich
verändert, das eine, rauchgeſchwärzt, mit jetzt ſeinen
hundertundzwanzig, die andere, weiß, zierlich, das
richtige Märchenweiblein mit faſt ihren neunzig
Jahren auf dem Nacken! —

Baissez-vous, montagnes,
Haussez-vous, vallons!
M'empêchez de voir
Ma mi' Madelon —

Wie kam es, daß auf den dunkeln, ſteilen

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[288/0298] „Frau Fechtmeiſterin Feucht? Ein Irrthum iſt doch wohl ausgeſchloſſen?“ Ich habe auf meinem Wege durch meinen Beruf und vorzüglich während der zwei Jahre, in welchen ich zu Hauſe der Oberſtaatsanwaltſchaft als Mit¬ arbeiter zugetheilt war, in mancherlei Örtlichkeiten mich zurechtzufinden gelernt. Hier hatte ich nur den Neubau zu durchſchreiten, um merkwürdigerweiſe in dem neueſten Berlin das wenn nicht älteſte, ſo doch ältere noch vollſtändig an Ort und Stelle zu finden. Das weite lärmvolle Gehöft des Hofhufſchmieds war überbaut worden und bis auf einen brunnenartigen, lichtloſen Lichthof verſchwunden. Doch der Frau Fechtmeiſterin Feucht und ihrem Reich hatte die Zeit nichts an¬ haben können. Ich fand ſie Beide noch, wie ſie vor Jahren geweſen waren; das Hintergebäude der großen Firma des Beaux und die Frau Fechtmeiſterin. Sie hatten ſich Beide gar nicht, oder nur ganz unmerklich verändert, das eine, rauchgeſchwärzt, mit jetzt ſeinen hundertundzwanzig, die andere, weiß, zierlich, das richtige Märchenweiblein mit faſt ihren neunzig Jahren auf dem Nacken! — Baissez-vous, montagnes, Haussez-vous, vallons! M'empêchez de voir Ma mi' Madelon — Wie kam es, daß auf den dunkeln, ſteilen

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/298>, abgerufen am 22.11.2024.