Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Meinung nicht vorenthalten, daß sie sich in unsere
Verhältnisse zu schicken habe, und mir nicht in ihre."

"Großer Gott, ihre Verhältnisse!" seufzte Veltens
Mutter.

"Nun, ich meine eben ihre großartigen früheren,
nicht ihre jetzigen. Ja, da magst Du wohl wieder
recht haben, Malchen, und ich werde mich auch für
mein Theil bemühen, ihr dieselben so behaglich und
verständlich zu machen, wie es mir möglich ist."


Ich ziehe selbstredend im besten Sinne des
übelverwendeten Wortes diese Unterhaltung der
Mütter aus den Akten. Daß wir dummen Jungen
das so nicht aufbewahrten, ist selbstverständlich. Wir
zwei -- Velten und ich -- wußten nur, daß etwas
ganz aus der Regel Fallendes und durchaus nicht
ganz und gar Angenehmes dem Vogelsang die Ruhe
aufgestört hatte und die Behaglichkeit für unabsehbare
Zeit (wie mein Vater meinte) zu kränken drohte.
Übrigens gewannen wir sofort die Überzeugung, daß
die Geschichte uns Beide gar nichts angehe, und mit
der "neuen Schürze bei Hartlebens" wollten wir schon
bald fertig werden, wie mit den anderen dummen

Meinung nicht vorenthalten, daß ſie ſich in unſere
Verhältniſſe zu ſchicken habe, und mir nicht in ihre.“

„Großer Gott, ihre Verhältniſſe!“ ſeufzte Veltens
Mutter.

„Nun, ich meine eben ihre großartigen früheren,
nicht ihre jetzigen. Ja, da magſt Du wohl wieder
recht haben, Malchen, und ich werde mich auch für
mein Theil bemühen, ihr dieſelben ſo behaglich und
verſtändlich zu machen, wie es mir möglich iſt.“


Ich ziehe ſelbſtredend im beſten Sinne des
übelverwendeten Wortes dieſe Unterhaltung der
Mütter aus den Akten. Daß wir dummen Jungen
das ſo nicht aufbewahrten, iſt ſelbſtverſtändlich. Wir
zwei — Velten und ich — wußten nur, daß etwas
ganz aus der Regel Fallendes und durchaus nicht
ganz und gar Angenehmes dem Vogelſang die Ruhe
aufgeſtört hatte und die Behaglichkeit für unabſehbare
Zeit (wie mein Vater meinte) zu kränken drohte.
Übrigens gewannen wir ſofort die Überzeugung, daß
die Geſchichte uns Beide gar nichts angehe, und mit
der „neuen Schürze bei Hartlebens“ wollten wir ſchon
bald fertig werden, wie mit den anderen dummen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0040" n="30"/>
Meinung nicht vorenthalten, daß &#x017F;ie &#x017F;ich in un&#x017F;ere<lb/>
Verhältni&#x017F;&#x017F;e zu &#x017F;chicken habe, und mir nicht in ihre.&#x201C;<lb/></p>
      <p>&#x201E;Großer Gott, ihre Verhältni&#x017F;&#x017F;e!&#x201C; &#x017F;eufzte Veltens<lb/>
Mutter.</p><lb/>
      <p>&#x201E;Nun, ich meine eben ihre großartigen früheren,<lb/>
nicht ihre jetzigen. Ja, da mag&#x017F;t Du wohl wieder<lb/>
recht haben, Malchen, und ich werde mich auch für<lb/>
mein Theil bemühen, ihr die&#x017F;elben &#x017F;o behaglich und<lb/>
ver&#x017F;tändlich zu machen, wie es mir möglich i&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <p>Ich ziehe &#x017F;elb&#x017F;tredend im be&#x017F;ten Sinne des<lb/>
übelverwendeten Wortes die&#x017F;e Unterhaltung der<lb/>
Mütter aus den Akten. Daß wir dummen Jungen<lb/>
das &#x017F;o nicht aufbewahrten, i&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;tver&#x017F;tändlich. Wir<lb/>
zwei &#x2014; Velten und ich &#x2014; wußten nur, daß etwas<lb/>
ganz aus der Regel Fallendes und durchaus nicht<lb/>
ganz und gar Angenehmes dem Vogel&#x017F;ang die Ruhe<lb/>
aufge&#x017F;tört hatte und die Behaglichkeit für unab&#x017F;ehbare<lb/>
Zeit (wie mein Vater meinte) zu kränken drohte.<lb/>
Übrigens gewannen wir &#x017F;ofort die Überzeugung, daß<lb/>
die Ge&#x017F;chichte uns Beide gar nichts angehe, und mit<lb/>
der &#x201E;neuen Schürze bei Hartlebens&#x201C; wollten wir &#x017F;chon<lb/>
bald fertig werden, wie mit den anderen dummen<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0040] Meinung nicht vorenthalten, daß ſie ſich in unſere Verhältniſſe zu ſchicken habe, und mir nicht in ihre.“ „Großer Gott, ihre Verhältniſſe!“ ſeufzte Veltens Mutter. „Nun, ich meine eben ihre großartigen früheren, nicht ihre jetzigen. Ja, da magſt Du wohl wieder recht haben, Malchen, und ich werde mich auch für mein Theil bemühen, ihr dieſelben ſo behaglich und verſtändlich zu machen, wie es mir möglich iſt.“ Ich ziehe ſelbſtredend im beſten Sinne des übelverwendeten Wortes dieſe Unterhaltung der Mütter aus den Akten. Daß wir dummen Jungen das ſo nicht aufbewahrten, iſt ſelbſtverſtändlich. Wir zwei — Velten und ich — wußten nur, daß etwas ganz aus der Regel Fallendes und durchaus nicht ganz und gar Angenehmes dem Vogelſang die Ruhe aufgeſtört hatte und die Behaglichkeit für unabſehbare Zeit (wie mein Vater meinte) zu kränken drohte. Übrigens gewannen wir ſofort die Überzeugung, daß die Geſchichte uns Beide gar nichts angehe, und mit der „neuen Schürze bei Hartlebens“ wollten wir ſchon bald fertig werden, wie mit den anderen dummen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/40
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/40>, abgerufen am 21.11.2024.