Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

wenn er das Recht dazu hat; aber ein Unmensch ist
er nicht und wo er sieht, daß weder Hart- noch Sanft-
Dreinreden hilft, da weiß er sich auch zu bescheiden --
vorzüglich bei den Damens. Also empfehle ich mich
und, liebe Frau Trotzendorff, wenn unsere Frau
Doktern Ihrem Wurm für diese Nacht ein Lager da
auf ihrem Sofa machen würde, wie sie's auch mal
meinem kleinen seligen Hans gethan hat, so hielte
ich das für das Beste. Das Kind wird doch wohl
diese Nacht durch ein bißchen unruhig sein und Pflege
verlangen und Sie, liebe Madame, recht stören. Habe
ich schon wieder zu viel gesagt? na, denn guten
Abend rundum. Zwischen uns Beiden bleibt Alles
wie es ist, Frau Doktern."

Er war gegangen, und Lenchen Trotzendorff
bekam ihr Lager für diese Nacht und manche
folgende im Andresschen Hause, dem rechten Nachbar¬
hause.

"Ich bin Dir so dankbar, Amalie, aber meine
unglückseligen Nerven! Und dann bist Du ja auch
eine Doktorsfrau und selbst eine halbe Ärztin, Du
liebe, liebe Seele," wimmerte die Nachbarin Agathe.


wenn er das Recht dazu hat; aber ein Unmenſch iſt
er nicht und wo er ſieht, daß weder Hart- noch Sanft-
Dreinreden hilft, da weiß er ſich auch zu beſcheiden —
vorzüglich bei den Damens. Alſo empfehle ich mich
und, liebe Frau Trotzendorff, wenn unſere Frau
Doktern Ihrem Wurm für dieſe Nacht ein Lager da
auf ihrem Sofa machen würde, wie ſie's auch mal
meinem kleinen ſeligen Hans gethan hat, ſo hielte
ich das für das Beſte. Das Kind wird doch wohl
dieſe Nacht durch ein bißchen unruhig ſein und Pflege
verlangen und Sie, liebe Madame, recht ſtören. Habe
ich ſchon wieder zu viel geſagt? na, denn guten
Abend rundum. Zwiſchen uns Beiden bleibt Alles
wie es iſt, Frau Doktern.“

Er war gegangen, und Lenchen Trotzendorff
bekam ihr Lager für dieſe Nacht und manche
folgende im Andresſchen Hauſe, dem rechten Nachbar¬
hauſe.

„Ich bin Dir ſo dankbar, Amalie, aber meine
unglückſeligen Nerven! Und dann biſt Du ja auch
eine Doktorsfrau und ſelbſt eine halbe Ärztin, Du
liebe, liebe Seele,“ wimmerte die Nachbarin Agathe.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0052" n="42"/>
wenn er das Recht dazu hat; aber ein Unmen&#x017F;ch i&#x017F;t<lb/>
er nicht und wo er &#x017F;ieht, daß weder Hart- noch Sanft-<lb/>
Dreinreden hilft, da weiß er &#x017F;ich auch zu be&#x017F;cheiden &#x2014;<lb/>
vorzüglich bei den Damens. Al&#x017F;o empfehle ich mich<lb/>
und, liebe Frau Trotzendorff, wenn un&#x017F;ere Frau<lb/>
Doktern Ihrem Wurm für die&#x017F;e Nacht ein Lager da<lb/>
auf ihrem Sofa machen würde, wie &#x017F;ie's auch mal<lb/>
meinem kleinen &#x017F;eligen Hans gethan hat, &#x017F;o hielte<lb/>
ich das für das Be&#x017F;te. Das Kind wird doch wohl<lb/>
die&#x017F;e Nacht durch ein bißchen unruhig &#x017F;ein und Pflege<lb/>
verlangen und Sie, liebe Madame, recht &#x017F;tören. Habe<lb/>
ich &#x017F;chon wieder zu viel ge&#x017F;agt? na, denn guten<lb/>
Abend rundum. Zwi&#x017F;chen uns Beiden bleibt Alles<lb/>
wie es i&#x017F;t, Frau Doktern.&#x201C;</p><lb/>
      <p>Er war gegangen, und Lenchen Trotzendorff<lb/>
bekam ihr Lager für die&#x017F;e Nacht und manche<lb/>
folgende im Andres&#x017F;chen Hau&#x017F;e, dem rechten Nachbar¬<lb/>
hau&#x017F;e.</p><lb/>
      <p>&#x201E;Ich bin Dir &#x017F;o dankbar, Amalie, aber meine<lb/>
unglück&#x017F;eligen Nerven! Und dann bi&#x017F;t Du ja auch<lb/>
eine Doktorsfrau und &#x017F;elb&#x017F;t eine halbe Ärztin, Du<lb/>
liebe, liebe Seele,&#x201C; wimmerte die Nachbarin Agathe.</p><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0052] wenn er das Recht dazu hat; aber ein Unmenſch iſt er nicht und wo er ſieht, daß weder Hart- noch Sanft- Dreinreden hilft, da weiß er ſich auch zu beſcheiden — vorzüglich bei den Damens. Alſo empfehle ich mich und, liebe Frau Trotzendorff, wenn unſere Frau Doktern Ihrem Wurm für dieſe Nacht ein Lager da auf ihrem Sofa machen würde, wie ſie's auch mal meinem kleinen ſeligen Hans gethan hat, ſo hielte ich das für das Beſte. Das Kind wird doch wohl dieſe Nacht durch ein bißchen unruhig ſein und Pflege verlangen und Sie, liebe Madame, recht ſtören. Habe ich ſchon wieder zu viel geſagt? na, denn guten Abend rundum. Zwiſchen uns Beiden bleibt Alles wie es iſt, Frau Doktern.“ Er war gegangen, und Lenchen Trotzendorff bekam ihr Lager für dieſe Nacht und manche folgende im Andresſchen Hauſe, dem rechten Nachbar¬ hauſe. „Ich bin Dir ſo dankbar, Amalie, aber meine unglückſeligen Nerven! Und dann biſt Du ja auch eine Doktorsfrau und ſelbſt eine halbe Ärztin, Du liebe, liebe Seele,“ wimmerte die Nachbarin Agathe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/52
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/52>, abgerufen am 22.11.2024.