sagte der Sohn seines Vaters. "Kommt dieser Sofa¬ held uns hier auf dem Kirchhofe mit seinem dummen Gewitter! Geh Du dreist nach Haus und hol Dir einen Regenschirm, wenn Deine Alten Dich wieder loslassen; Miß und ich bleiben hier, bis wir naß sind bis auf die Knochen. Famos, da verkriecht sich die holde Luna und da haben wir die Prostemahlzeit, wie sie in Schödlers Buch der Natur steht. Komm rasch nach Hause, Lenchen! Deine Alte kenn ich, die wird ja rein verrückt beim leisesten Donner, und auf meine Alte und mich wird's natürlich allein ab¬ geladen, wenn Du morgen mit einer Schnupfennase herumläufst."
"Lächerlich machen lasse ich mich nicht," sagt Helene und setzt sich auf einen halbversunkenen Grab¬ stein neben dem des Doktors Andres. "Ich bleibe hier, wie Du gesagt hast! Aber auch allein. Bilde Dir ja nicht ein, Du Schafskopf, daß Du morgen mit mir renommiren willst. Karlchen, nimm ihn auf den Arm und trag ihn zu seiner Mama. Ja, ich bleibe hier und denke an meinen Vater; -- was kümmern mich eure Todten und dummen Gewitter? In Amerika kommt das ganz anders, und kommt mein Vater, um uns wieder zu sich zu holen, so -- o Himmel, Velten!"
Sie hatte trotz ihrer stolzen Worte doch einen
ſagte der Sohn ſeines Vaters. „Kommt dieſer Sofa¬ held uns hier auf dem Kirchhofe mit ſeinem dummen Gewitter! Geh Du dreiſt nach Haus und hol Dir einen Regenſchirm, wenn Deine Alten Dich wieder loslaſſen; Miß und ich bleiben hier, bis wir naß ſind bis auf die Knochen. Famos, da verkriecht ſich die holde Luna und da haben wir die Proſtemahlzeit, wie ſie in Schödlers Buch der Natur ſteht. Komm raſch nach Hauſe, Lenchen! Deine Alte kenn ich, die wird ja rein verrückt beim leiſeſten Donner, und auf meine Alte und mich wird's natürlich allein ab¬ geladen, wenn Du morgen mit einer Schnupfennaſe herumläufſt.“
„Lächerlich machen laſſe ich mich nicht,“ ſagt Helene und ſetzt ſich auf einen halbverſunkenen Grab¬ ſtein neben dem des Doktors Andres. „Ich bleibe hier, wie Du geſagt haſt! Aber auch allein. Bilde Dir ja nicht ein, Du Schafskopf, daß Du morgen mit mir renommiren willſt. Karlchen, nimm ihn auf den Arm und trag ihn zu ſeiner Mama. Ja, ich bleibe hier und denke an meinen Vater; — was kümmern mich eure Todten und dummen Gewitter? In Amerika kommt das ganz anders, und kommt mein Vater, um uns wieder zu ſich zu holen, ſo — o Himmel, Velten!“
Sie hatte trotz ihrer ſtolzen Worte doch einen
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0058"n="48"/>ſagte der Sohn ſeines Vaters. „Kommt dieſer Sofa¬<lb/>
held uns hier auf dem Kirchhofe mit ſeinem dummen<lb/>
Gewitter! Geh Du dreiſt nach Haus und hol Dir<lb/>
einen Regenſchirm, wenn Deine Alten Dich wieder<lb/>
loslaſſen; Miß und ich bleiben hier, bis wir naß<lb/>ſind bis auf die Knochen. Famos, da verkriecht ſich<lb/>
die holde Luna und da haben wir die Proſtemahlzeit,<lb/>
wie ſie in Schödlers Buch der Natur ſteht. Komm<lb/>
raſch nach Hauſe, Lenchen! Deine Alte kenn ich, die<lb/>
wird ja rein verrückt beim leiſeſten Donner, und<lb/>
auf meine Alte und mich wird's natürlich allein ab¬<lb/>
geladen, wenn Du morgen mit einer Schnupfennaſe<lb/>
herumläufſt.“</p><lb/><p>„Lächerlich machen laſſe ich mich nicht,“ſagt<lb/>
Helene und ſetzt ſich auf einen halbverſunkenen Grab¬<lb/>ſtein neben dem des Doktors Andres. „Ich bleibe<lb/>
hier, wie Du geſagt haſt! Aber auch allein. Bilde<lb/>
Dir ja nicht ein, Du Schafskopf, daß Du morgen<lb/>
mit mir renommiren willſt. Karlchen, nimm ihn<lb/>
auf den Arm und trag ihn zu ſeiner Mama. Ja,<lb/>
ich bleibe hier und denke an meinen Vater; — was<lb/>
kümmern mich eure Todten und dummen Gewitter?<lb/>
In Amerika kommt das ganz anders, und kommt<lb/>
mein Vater, um uns wieder zu ſich zu holen, ſo —<lb/>
o Himmel, Velten!“</p><lb/><p>Sie hatte trotz ihrer ſtolzen Worte doch einen<lb/></p></body></text></TEI>
[48/0058]
ſagte der Sohn ſeines Vaters. „Kommt dieſer Sofa¬
held uns hier auf dem Kirchhofe mit ſeinem dummen
Gewitter! Geh Du dreiſt nach Haus und hol Dir
einen Regenſchirm, wenn Deine Alten Dich wieder
loslaſſen; Miß und ich bleiben hier, bis wir naß
ſind bis auf die Knochen. Famos, da verkriecht ſich
die holde Luna und da haben wir die Proſtemahlzeit,
wie ſie in Schödlers Buch der Natur ſteht. Komm
raſch nach Hauſe, Lenchen! Deine Alte kenn ich, die
wird ja rein verrückt beim leiſeſten Donner, und
auf meine Alte und mich wird's natürlich allein ab¬
geladen, wenn Du morgen mit einer Schnupfennaſe
herumläufſt.“
„Lächerlich machen laſſe ich mich nicht,“ ſagt
Helene und ſetzt ſich auf einen halbverſunkenen Grab¬
ſtein neben dem des Doktors Andres. „Ich bleibe
hier, wie Du geſagt haſt! Aber auch allein. Bilde
Dir ja nicht ein, Du Schafskopf, daß Du morgen
mit mir renommiren willſt. Karlchen, nimm ihn
auf den Arm und trag ihn zu ſeiner Mama. Ja,
ich bleibe hier und denke an meinen Vater; — was
kümmern mich eure Todten und dummen Gewitter?
In Amerika kommt das ganz anders, und kommt
mein Vater, um uns wieder zu ſich zu holen, ſo —
o Himmel, Velten!“
Sie hatte trotz ihrer ſtolzen Worte doch einen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/58>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.