Kinder -- der Unmündigen -- dieses jungen Volkes, dem da eine saubere Heckenpredigt gehalten wurde, auf die es sich freilich bei jeder nachfolgenden Lebens¬ thorheit und Nichtsnutzigkeit berufen konnte.
Man brauchte da nur den Schlingel, den Velten, anzusehen, wie der, nach außen mit dem komödianten¬ haftesten Armensündergesicht, nach innen hinein seine "gloriose Alte" herzte und küßte und den ernsten, treumeinenden Familienfreund zum Narren und für einen Narren hielt.
Und dann gar die verzogene Krabbe der ent¬ mündigungsreifen Amerikanerin aus dem Vogelsang! Dies junge Ding, das Hartleben heute mit der Peitsche aus seinem Lieblingsbirnenbaum herunterholen wollte, um ihm morgen den Korb mit der ganzen Ernte und einem Blumenstrauß darauf persönlich ins Dach¬ stübchen auf seinem Anwesen hinaufzutragen! Diese "kleine Affe", die einen selbst in diesen jungen Jahren zur Verzweiflung bringen konnte mit ihren angeborenen "Allüren" und den aus allem, was nichtsnutzig im Leben war, zugelernten; gleich¬ viel ob es mütterliche Erziehung, Modenzeitung, Leihbibliothekslektüre oder Herumtreiberei mit allen jungen Taugenichtsen des Vogelsanges in Wald und Feld hieß!
Ich habe diesen einen Sonntagnachmittag von
Kinder — der Unmündigen — dieſes jungen Volkes, dem da eine ſaubere Heckenpredigt gehalten wurde, auf die es ſich freilich bei jeder nachfolgenden Lebens¬ thorheit und Nichtsnutzigkeit berufen konnte.
Man brauchte da nur den Schlingel, den Velten, anzuſehen, wie der, nach außen mit dem komödianten¬ hafteſten Armenſündergeſicht, nach innen hinein ſeine „glorioſe Alte“ herzte und küßte und den ernſten, treumeinenden Familienfreund zum Narren und für einen Narren hielt.
Und dann gar die verzogene Krabbe der ent¬ mündigungsreifen Amerikanerin aus dem Vogelſang! Dies junge Ding, das Hartleben heute mit der Peitſche aus ſeinem Lieblingsbirnenbaum herunterholen wollte, um ihm morgen den Korb mit der ganzen Ernte und einem Blumenſtrauß darauf perſönlich ins Dach¬ ſtübchen auf ſeinem Anweſen hinaufzutragen! Dieſe „kleine Affe“, die einen ſelbſt in dieſen jungen Jahren zur Verzweiflung bringen konnte mit ihren angeborenen „Allüren“ und den aus allem, was nichtsnutzig im Leben war, zugelernten; gleich¬ viel ob es mütterliche Erziehung, Modenzeitung, Leihbibliothekslektüre oder Herumtreiberei mit allen jungen Taugenichtſen des Vogelſanges in Wald und Feld hieß!
Ich habe dieſen einen Sonntagnachmittag von
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Kinder — der Unmündigen — dieſes jungen Volkes,
dem da eine ſaubere Heckenpredigt gehalten wurde,
auf die es ſich freilich bei jeder nachfolgenden Lebens¬
thorheit und Nichtsnutzigkeit berufen konnte.
Man brauchte da nur den Schlingel, den Velten,
anzuſehen, wie der, nach außen mit dem komödianten¬
hafteſten Armenſündergeſicht, nach innen hinein ſeine
„glorioſe Alte“ herzte und küßte und den ernſten,
treumeinenden Familienfreund zum Narren und für
einen Narren hielt.
Und dann gar die verzogene Krabbe der ent¬
mündigungsreifen Amerikanerin aus dem Vogelſang!
Dies junge Ding, das Hartleben heute mit der Peitſche
aus ſeinem Lieblingsbirnenbaum herunterholen wollte,
um ihm morgen den Korb mit der ganzen Ernte und
einem Blumenſtrauß darauf perſönlich ins Dach¬
ſtübchen auf ſeinem Anweſen hinaufzutragen! Dieſe
„kleine Affe“, die einen ſelbſt in dieſen jungen
Jahren zur Verzweiflung bringen konnte mit ihren
angeborenen „Allüren“ und den aus allem, was
nichtsnutzig im Leben war, zugelernten; gleich¬
viel ob es mütterliche Erziehung, Modenzeitung,
Leihbibliothekslektüre oder Herumtreiberei mit allen
jungen Taugenichtſen des Vogelſanges in Wald und
Feld hieß!
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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/76>, abgerufen am 28.11.2024.
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