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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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als ob die Weltregierung, der Vogelsang mit, Hand
und Siegel dazugegeben und Dein Vater, Krum¬
hardt, die Registratur in der himmlischen Kanzlei
besorgt hätte."

"Laß endlich mal meinen Vater aus dem Spiel,
Andres!"

"Warum denn? Sage ich denn etwa gegen den
was? Gar nichts! Ist er nicht etwa auch heute
nachmittag wieder der Einzige gewesen, der ganz und
gar Recht hatte und wußte, was er wollte? Da
nehme ich selbst meine Mutter nicht aus, denn ein
Frauenzimmer bleibt doch auch die. Ja, Elly, das
ist eben unser Jammer, daß wir Zwei doch nur von
unseren Müttern erzogen worden sind. Wie die
Flügelengel haben sie uns unter beiden Armen und
wollen uns mit in die Höhe nehmen; jede auf ihre
Weise; und wenn Dein Vater, Krumhardt, es auf
seine Weise mit Dir ebenso machen will, und auch
uns aus guter Nachbarschaft gern an den Beinen
auf dem richtigen Erdboden festhalten möchte: wer
hat was dagegen einzuwenden? Ich wahrhaftig
nicht -- noch dazu so nahe vor dem Abiturienten¬
examen . . . da schnuppt sich wieder einer! Na,
was hast Du Dir eben gedacht und gewünscht,
Karlchen?"

Ich konnte es nicht leugnen, mit dem Wort

als ob die Weltregierung, der Vogelſang mit, Hand
und Siegel dazugegeben und Dein Vater, Krum¬
hardt, die Regiſtratur in der himmliſchen Kanzlei
beſorgt hätte.“

„Laß endlich mal meinen Vater aus dem Spiel,
Andres!“

„Warum denn? Sage ich denn etwa gegen den
was? Gar nichts! Iſt er nicht etwa auch heute
nachmittag wieder der Einzige geweſen, der ganz und
gar Recht hatte und wußte, was er wollte? Da
nehme ich ſelbſt meine Mutter nicht aus, denn ein
Frauenzimmer bleibt doch auch die. Ja, Elly, das
iſt eben unſer Jammer, daß wir Zwei doch nur von
unſeren Müttern erzogen worden ſind. Wie die
Flügelengel haben ſie uns unter beiden Armen und
wollen uns mit in die Höhe nehmen; jede auf ihre
Weiſe; und wenn Dein Vater, Krumhardt, es auf
ſeine Weiſe mit Dir ebenſo machen will, und auch
uns aus guter Nachbarſchaft gern an den Beinen
auf dem richtigen Erdboden feſthalten möchte: wer
hat was dagegen einzuwenden? Ich wahrhaftig
nicht — noch dazu ſo nahe vor dem Abiturienten¬
examen . . . da ſchnuppt ſich wieder einer! Na,
was haſt Du Dir eben gedacht und gewünſcht,
Karlchen?“

Ich konnte es nicht leugnen, mit dem Wort

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[75/0085] als ob die Weltregierung, der Vogelſang mit, Hand und Siegel dazugegeben und Dein Vater, Krum¬ hardt, die Regiſtratur in der himmliſchen Kanzlei beſorgt hätte.“ „Laß endlich mal meinen Vater aus dem Spiel, Andres!“ „Warum denn? Sage ich denn etwa gegen den was? Gar nichts! Iſt er nicht etwa auch heute nachmittag wieder der Einzige geweſen, der ganz und gar Recht hatte und wußte, was er wollte? Da nehme ich ſelbſt meine Mutter nicht aus, denn ein Frauenzimmer bleibt doch auch die. Ja, Elly, das iſt eben unſer Jammer, daß wir Zwei doch nur von unſeren Müttern erzogen worden ſind. Wie die Flügelengel haben ſie uns unter beiden Armen und wollen uns mit in die Höhe nehmen; jede auf ihre Weiſe; und wenn Dein Vater, Krumhardt, es auf ſeine Weiſe mit Dir ebenſo machen will, und auch uns aus guter Nachbarſchaft gern an den Beinen auf dem richtigen Erdboden feſthalten möchte: wer hat was dagegen einzuwenden? Ich wahrhaftig nicht — noch dazu ſo nahe vor dem Abiturienten¬ examen . . . da ſchnuppt ſich wieder einer! Na, was haſt Du Dir eben gedacht und gewünſcht, Karlchen?“ Ich konnte es nicht leugnen, mit dem Wort

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/85>, abgerufen am 29.11.2024.