(ein Blick des Bösewichts streifte hier auch ganz un¬ willkürlich die Curiositätensammlung des wackern Ge¬ lehrten), der Herr Magister will nicht an Thedel Münchhausen nachholen, was Er in dreißig Jahren an der ganzen hohen Schule von Amelungsborn, Cötus und Lehrerconvent, hat verabsäumet? Dann -- gebe Er mir seine gute Hand und glaube mir, im ganzen römischen Reich, ja im Universo lebet außer dem Herzog Ferdinand kein Andrer außer Ihm, nach dem der wilde Münchhausen solch ein Desir und Verlangen ge¬ spürt hat in den letzten Zeiten!"
"Oh, mein Junker von Münchhausen!"
"Das Heimweh nach dem alten Wesen ist es ge¬ wesen, das mich noch einmal hieher gebracht hat. Vater und Mutter weiland zu Bevern und der Herr Vor¬ mund in Wolfenbüttel haben mich allzulange hier in der Wildschule belassen. Das alte Kloster, der freie Wald und Himmel haben es mir angethan. Die Herren zu Holzminden haben vermeint, Ihn, den Herrn Ma¬ gister, ihren Besten, dorten in ihrer neuen Ordnung nicht unter sich brauchen zu können, und sie sind dümmer gewesen als die Esel in diesem Casu. Aber mich, den schlimmen Teufelsbraten, haben sie in Wahrheit und Wirklichkeit nicht bei sich prästiren können. Sie hielten's nicht aus, und ich hab's auch nicht ausgehalten zu Holzminden hinter ihren Mauern, bei ihrem neuen Zwang und Serenissimi des Herzogs Karl Durchlaucht revidirter Schulordnung! Ich hab's mit Willen da¬
(ein Blick des Böſewichts ſtreifte hier auch ganz un¬ willkürlich die Curioſitätenſammlung des wackern Ge¬ lehrten), der Herr Magiſter will nicht an Thedel Münchhauſen nachholen, was Er in dreißig Jahren an der ganzen hohen Schule von Amelungsborn, Cötus und Lehrerconvent, hat verabſäumet? Dann — gebe Er mir ſeine gute Hand und glaube mir, im ganzen römiſchen Reich, ja im Univerſo lebet außer dem Herzog Ferdinand kein Andrer außer Ihm, nach dem der wilde Münchhauſen ſolch ein Desir und Verlangen ge¬ ſpürt hat in den letzten Zeiten!“
„Oh, mein Junker von Münchhauſen!“
„Das Heimweh nach dem alten Weſen iſt es ge¬ weſen, das mich noch einmal hieher gebracht hat. Vater und Mutter weiland zu Bevern und der Herr Vor¬ mund in Wolfenbüttel haben mich allzulange hier in der Wildſchule belaſſen. Das alte Kloſter, der freie Wald und Himmel haben es mir angethan. Die Herren zu Holzminden haben vermeint, Ihn, den Herrn Ma¬ giſter, ihren Beſten, dorten in ihrer neuen Ordnung nicht unter ſich brauchen zu können, und ſie ſind dümmer geweſen als die Eſel in dieſem Caſu. Aber mich, den ſchlimmen Teufelsbraten, haben ſie in Wahrheit und Wirklichkeit nicht bei ſich präſtiren können. Sie hielten's nicht aus, und ich hab's auch nicht ausgehalten zu Holzminden hinter ihren Mauern, bei ihrem neuen Zwang und Sereniſſimi des Herzogs Karl Durchlaucht revidirter Schulordnung! Ich hab's mit Willen da¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0109"n="101"/>
(ein Blick des Böſewichts ſtreifte hier auch ganz un¬<lb/>
willkürlich die Curioſitätenſammlung des wackern Ge¬<lb/>
lehrten), der Herr Magiſter will nicht an Thedel<lb/>
Münchhauſen nachholen, was Er in dreißig Jahren an<lb/>
der ganzen hohen Schule von Amelungsborn, Cötus<lb/>
und Lehrerconvent, hat verabſäumet? Dann — gebe<lb/>
Er mir ſeine gute Hand und glaube mir, im ganzen<lb/>
römiſchen Reich, ja im Univerſo lebet außer dem Herzog<lb/>
Ferdinand kein Andrer außer Ihm, nach dem der<lb/>
wilde Münchhauſen ſolch ein <hirendition="#aq">Desir</hi> und Verlangen ge¬<lb/>ſpürt hat in den letzten Zeiten!“</p><lb/><p>„Oh, mein Junker von Münchhauſen!“<lb/></p><p>„Das Heimweh nach dem alten Weſen iſt es ge¬<lb/>
weſen, das mich noch einmal hieher gebracht hat. Vater<lb/>
und Mutter weiland zu Bevern und der Herr Vor¬<lb/>
mund in Wolfenbüttel haben mich allzulange hier in<lb/>
der Wildſchule belaſſen. Das alte Kloſter, der freie<lb/>
Wald und Himmel haben es mir angethan. Die Herren<lb/>
zu Holzminden haben vermeint, Ihn, den Herrn Ma¬<lb/>
giſter, ihren Beſten, dorten in ihrer neuen Ordnung<lb/>
nicht unter ſich brauchen zu können, und ſie ſind dümmer<lb/>
geweſen als die Eſel in dieſem Caſu. Aber mich, den<lb/>ſchlimmen Teufelsbraten, haben ſie in Wahrheit und<lb/>
Wirklichkeit nicht bei ſich präſtiren können. Sie hielten's<lb/>
nicht aus, und ich hab's auch nicht ausgehalten zu<lb/>
Holzminden hinter ihren Mauern, bei ihrem neuen<lb/>
Zwang und Sereniſſimi des Herzogs Karl Durchlaucht<lb/>
revidirter Schulordnung! Ich hab's mit Willen da¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[101/0109]
(ein Blick des Böſewichts ſtreifte hier auch ganz un¬
willkürlich die Curioſitätenſammlung des wackern Ge¬
lehrten), der Herr Magiſter will nicht an Thedel
Münchhauſen nachholen, was Er in dreißig Jahren an
der ganzen hohen Schule von Amelungsborn, Cötus
und Lehrerconvent, hat verabſäumet? Dann — gebe
Er mir ſeine gute Hand und glaube mir, im ganzen
römiſchen Reich, ja im Univerſo lebet außer dem Herzog
Ferdinand kein Andrer außer Ihm, nach dem der
wilde Münchhauſen ſolch ein Desir und Verlangen ge¬
ſpürt hat in den letzten Zeiten!“
„Oh, mein Junker von Münchhauſen!“
„Das Heimweh nach dem alten Weſen iſt es ge¬
weſen, das mich noch einmal hieher gebracht hat. Vater
und Mutter weiland zu Bevern und der Herr Vor¬
mund in Wolfenbüttel haben mich allzulange hier in
der Wildſchule belaſſen. Das alte Kloſter, der freie
Wald und Himmel haben es mir angethan. Die Herren
zu Holzminden haben vermeint, Ihn, den Herrn Ma¬
giſter, ihren Beſten, dorten in ihrer neuen Ordnung
nicht unter ſich brauchen zu können, und ſie ſind dümmer
geweſen als die Eſel in dieſem Caſu. Aber mich, den
ſchlimmen Teufelsbraten, haben ſie in Wahrheit und
Wirklichkeit nicht bei ſich präſtiren können. Sie hielten's
nicht aus, und ich hab's auch nicht ausgehalten zu
Holzminden hinter ihren Mauern, bei ihrem neuen
Zwang und Sereniſſimi des Herzogs Karl Durchlaucht
revidirter Schulordnung! Ich hab's mit Willen da¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/109>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.