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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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er blutete aus einer Schramme an der Stirn, er ver¬
lor eine Hand voll Haare aus seiner Frisur, er fühlte
einen Augenblick höchst unbehaglich eine hagere harte
Navarreserfaust an der Gurgel, aber -- er kam durch
und zwar in Begleitung von Mademoiselle Selinde.
Er hatte das ebenfalls besinnungslose Mädchen von
seinem Bettrande aufgezogen, er hielt es mit dem
linken Arm aufrecht und warf sich mit der Last auf
dem Arme auf gut Glück in den Corridor. Daß der
jetzt vollkommen vollgepropft war von Menschen, die
nicht wußten, was da weiter vorn eigentlich vorging
und noch weniger Hausgelegenheit im Kloster Ame¬
lungsborn kannten, trug nicht am wenigsten zu seiner
Rettung, zu dem Entkommen mit seiner süßen Last
bei. Dreimal um die Ecke und dann die Bodentreppe
hinauf! Die Riegel vor zwei, drei, vielleicht noch vor
Jahrhunderten aus festem Eichenholz von Mönchsfäusten
gezimmerten Thüren und -- für's Erste mit dem den
Riesen und Drachen, den Nachzüglern der Schweizer
und der Regimenter von Navarra und Boccard abge¬
rungenen schönen Kinde in Sicherheit, unter dem Dach
und den Dächern von Amelungsborn und im Nothfall
auch auf ihnen!....................

"Die Canaillen sollen mich hier die Katerstiege
kennen lehren, Mademoiselle Selinde," lachte der Junker
von Münchhausen. Freilich doch ein wenig außer Athem.

er blutete aus einer Schramme an der Stirn, er ver¬
lor eine Hand voll Haare aus ſeiner Friſur, er fühlte
einen Augenblick höchſt unbehaglich eine hagere harte
Navarreſerfauſt an der Gurgel, aber — er kam durch
und zwar in Begleitung von Mademoiſelle Selinde.
Er hatte das ebenfalls beſinnungsloſe Mädchen von
ſeinem Bettrande aufgezogen, er hielt es mit dem
linken Arm aufrecht und warf ſich mit der Laſt auf
dem Arme auf gut Glück in den Corridor. Daß der
jetzt vollkommen vollgepropft war von Menſchen, die
nicht wußten, was da weiter vorn eigentlich vorging
und noch weniger Hausgelegenheit im Kloſter Ame¬
lungsborn kannten, trug nicht am wenigſten zu ſeiner
Rettung, zu dem Entkommen mit ſeiner ſüßen Laſt
bei. Dreimal um die Ecke und dann die Bodentreppe
hinauf! Die Riegel vor zwei, drei, vielleicht noch vor
Jahrhunderten aus feſtem Eichenholz von Mönchsfäuſten
gezimmerten Thüren und — für's Erſte mit dem den
Rieſen und Drachen, den Nachzüglern der Schweizer
und der Regimenter von Navarra und Boccard abge¬
rungenen ſchönen Kinde in Sicherheit, unter dem Dach
und den Dächern von Amelungsborn und im Nothfall
auch auf ihnen!....................

„Die Canaillen ſollen mich hier die Katerſtiege
kennen lehren, Mademoiſelle Selinde,“ lachte der Junker
von Münchhauſen. Freilich doch ein wenig außer Athem.

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[133/0141] er blutete aus einer Schramme an der Stirn, er ver¬ lor eine Hand voll Haare aus ſeiner Friſur, er fühlte einen Augenblick höchſt unbehaglich eine hagere harte Navarreſerfauſt an der Gurgel, aber — er kam durch und zwar in Begleitung von Mademoiſelle Selinde. Er hatte das ebenfalls beſinnungsloſe Mädchen von ſeinem Bettrande aufgezogen, er hielt es mit dem linken Arm aufrecht und warf ſich mit der Laſt auf dem Arme auf gut Glück in den Corridor. Daß der jetzt vollkommen vollgepropft war von Menſchen, die nicht wußten, was da weiter vorn eigentlich vorging und noch weniger Hausgelegenheit im Kloſter Ame¬ lungsborn kannten, trug nicht am wenigſten zu ſeiner Rettung, zu dem Entkommen mit ſeiner ſüßen Laſt bei. Dreimal um die Ecke und dann die Bodentreppe hinauf! Die Riegel vor zwei, drei, vielleicht noch vor Jahrhunderten aus feſtem Eichenholz von Mönchsfäuſten gezimmerten Thüren und — für's Erſte mit dem den Rieſen und Drachen, den Nachzüglern der Schweizer und der Regimenter von Navarra und Boccard abge¬ rungenen ſchönen Kinde in Sicherheit, unter dem Dach und den Dächern von Amelungsborn und im Nothfall auch auf ihnen!.................... „Die Canaillen ſollen mich hier die Katerſtiege kennen lehren, Mademoiſelle Selinde,“ lachte der Junker von Münchhauſen. Freilich doch ein wenig außer Athem.

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/141>, abgerufen am 21.11.2024.