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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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Aber es kam etwas dazwischen außer dem Sträuben
und Sperren der zwei Patienten und dem Schreien
und Wehklagen der Familie des Amtmanns. Nämlich
zuerst ein Ziegel, oder vielmehr eine "Sollinger Dach¬
platte" vom obersten Dachfirst des Amtsgebäudes und
darauf ein ganzer Regen von dergleichen um Be¬
ruhigung ansuchenden Wurfgeschossen.

Wenn es nun aber regnet, verläuft sich der Pöbel;
das ist wohl eine uralte Erfahrung, die aber nur da
stichgültig ist, wo eben der Herr in der Höhe seine
beruhigende Hand aufthut und Wasser herunterkommen
läßt. Wirft aber ein dummer Junge aus der Boden¬
luke mit Dachsteinen in Nebel und halbe Nacht hinein
und kräht dazu wie ein Hahn und schreiet: "Vivat
Herzog Ferdinand! Vivat Fridericus! Vivat Made¬
moisell Selinde Fegebanck! Vivat der Magister Buchius!
Pereat la France! Steigen Sie mir doch auf den
Buckel, Messieurs! Ici, ici -- Thierry le Temeraire,
Thedel Unverfehrden von Münchhausen!" so -- hat
das eine ganz andere Wirkung.

Die, welche die einzelnen Tropfen des Steinregens
auf die Köpfe bekommen hatten, hielten sie fluchend
und heulend mit beiden Fäusten, aber hatten nicht Raum
sich betäubt zu Boden zu legen. Im wüthenden Gewühl
wurden sie gegen das Amthaus mit gehoben, geschoben,
gerissen. Ebenso der Klosteramtmann und sein letzter
pädagogischer Hausgenosse. Ein halb Dutzend Schüsse
wurde auf's Gerathewohl zum Dach hinauf abgefeuert.

Aber es kam etwas dazwiſchen außer dem Sträuben
und Sperren der zwei Patienten und dem Schreien
und Wehklagen der Familie des Amtmanns. Nämlich
zuerſt ein Ziegel, oder vielmehr eine „Sollinger Dach¬
platte“ vom oberſten Dachfirſt des Amtsgebäudes und
darauf ein ganzer Regen von dergleichen um Be¬
ruhigung anſuchenden Wurfgeſchoſſen.

Wenn es nun aber regnet, verläuft ſich der Pöbel;
das iſt wohl eine uralte Erfahrung, die aber nur da
ſtichgültig iſt, wo eben der Herr in der Höhe ſeine
beruhigende Hand aufthut und Waſſer herunterkommen
läßt. Wirft aber ein dummer Junge aus der Boden¬
luke mit Dachſteinen in Nebel und halbe Nacht hinein
und kräht dazu wie ein Hahn und ſchreiet: „Vivat
Herzog Ferdinand! Vivat Fridericus! Vivat Made¬
moiſell Selinde Fegebanck! Vivat der Magiſter Buchius!
Pereat la France! Steigen Sie mir doch auf den
Buckel, Meſſieurs! Ici, ici — Thierry le Temeraire,
Thedel Unverfehrden von Münchhauſen!“ ſo — hat
das eine ganz andere Wirkung.

Die, welche die einzelnen Tropfen des Steinregens
auf die Köpfe bekommen hatten, hielten ſie fluchend
und heulend mit beiden Fäuſten, aber hatten nicht Raum
ſich betäubt zu Boden zu legen. Im wüthenden Gewühl
wurden ſie gegen das Amthaus mit gehoben, geſchoben,
geriſſen. Ebenſo der Kloſteramtmann und ſein letzter
pädagogiſcher Hausgenoſſe. Ein halb Dutzend Schüſſe
wurde auf's Gerathewohl zum Dach hinauf abgefeuert.

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[144/0152] Aber es kam etwas dazwiſchen außer dem Sträuben und Sperren der zwei Patienten und dem Schreien und Wehklagen der Familie des Amtmanns. Nämlich zuerſt ein Ziegel, oder vielmehr eine „Sollinger Dach¬ platte“ vom oberſten Dachfirſt des Amtsgebäudes und darauf ein ganzer Regen von dergleichen um Be¬ ruhigung anſuchenden Wurfgeſchoſſen. Wenn es nun aber regnet, verläuft ſich der Pöbel; das iſt wohl eine uralte Erfahrung, die aber nur da ſtichgültig iſt, wo eben der Herr in der Höhe ſeine beruhigende Hand aufthut und Waſſer herunterkommen läßt. Wirft aber ein dummer Junge aus der Boden¬ luke mit Dachſteinen in Nebel und halbe Nacht hinein und kräht dazu wie ein Hahn und ſchreiet: „Vivat Herzog Ferdinand! Vivat Fridericus! Vivat Made¬ moiſell Selinde Fegebanck! Vivat der Magiſter Buchius! Pereat la France! Steigen Sie mir doch auf den Buckel, Meſſieurs! Ici, ici — Thierry le Temeraire, Thedel Unverfehrden von Münchhauſen!“ ſo — hat das eine ganz andere Wirkung. Die, welche die einzelnen Tropfen des Steinregens auf die Köpfe bekommen hatten, hielten ſie fluchend und heulend mit beiden Fäuſten, aber hatten nicht Raum ſich betäubt zu Boden zu legen. Im wüthenden Gewühl wurden ſie gegen das Amthaus mit gehoben, geſchoben, geriſſen. Ebenſo der Kloſteramtmann und ſein letzter pädagogiſcher Hausgenoſſe. Ein halb Dutzend Schüſſe wurde auf's Gerathewohl zum Dach hinauf abgefeuert.

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/152>, abgerufen am 21.11.2024.