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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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Sechzehntes Kapitel.

"Allerschönste, Sie hören den Herrn Magister," rief
der letzte Primaner von der wirklichen Klosterschule
Amelungsborn, und Mamsell ließ es sich dießmal ruhig
gefallen, daß er dabei seinen Arm um sie legte. "Wer
doch jetzo hier Hausgelegenheit wüßte wie -- ein Anderer
zu Amelungsborn vor zwei Stunden."

Das gute Mädchen war nicht mehr im Stande, den
braven Jungen als einen närrischen zu behandeln. Sie
hing ihm an der Schulter wie eine entblätternde Pfingst¬
rose und ächzte nur:

"O Jeses, Jeses, Jeses, Thedel, so guck Er nur,
so hör Er nur! O hätt' Er mich unter mein Bett krie¬
chen lassen, da hätten sie vielleicht nicht drunter geleuchtet
und gegriffen. O Je, hier aus dem Busch zerren sie uns
in fünf Minuten und trampeln über uns weg, und
das Gekrache dort überm Katthagen bringt mich dazu
um!" ....

"Bunt genug sieht es aus, und das Gedudel der
Tanzmusik ist auch nicht übel. So'n Schützenhof! was
meinst Du dazu, Jungfer Wieschen?"

Sechzehntes Kapitel.

„Allerſchönſte, Sie hören den Herrn Magiſter,“ rief
der letzte Primaner von der wirklichen Kloſterſchule
Amelungsborn, und Mamſell ließ es ſich dießmal ruhig
gefallen, daß er dabei ſeinen Arm um ſie legte. „Wer
doch jetzo hier Hausgelegenheit wüßte wie — ein Anderer
zu Amelungsborn vor zwei Stunden.“

Das gute Mädchen war nicht mehr im Stande, den
braven Jungen als einen närriſchen zu behandeln. Sie
hing ihm an der Schulter wie eine entblätternde Pfingſt¬
roſe und ächzte nur:

„O Jeſes, Jeſes, Jeſes, Thedel, ſo guck Er nur,
ſo hör Er nur! O hätt' Er mich unter mein Bett krie¬
chen laſſen, da hätten ſie vielleicht nicht drunter geleuchtet
und gegriffen. O Je, hier aus dem Buſch zerren ſie uns
in fünf Minuten und trampeln über uns weg, und
das Gekrache dort überm Katthagen bringt mich dazu
um!“ ....

„Bunt genug ſieht es aus, und das Gedudel der
Tanzmuſik iſt auch nicht übel. So'n Schützenhof! was
meinſt Du dazu, Jungfer Wieſchen?“

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[[178]/0186] Sechzehntes Kapitel. „Allerſchönſte, Sie hören den Herrn Magiſter,“ rief der letzte Primaner von der wirklichen Kloſterſchule Amelungsborn, und Mamſell ließ es ſich dießmal ruhig gefallen, daß er dabei ſeinen Arm um ſie legte. „Wer doch jetzo hier Hausgelegenheit wüßte wie — ein Anderer zu Amelungsborn vor zwei Stunden.“ Das gute Mädchen war nicht mehr im Stande, den braven Jungen als einen närriſchen zu behandeln. Sie hing ihm an der Schulter wie eine entblätternde Pfingſt¬ roſe und ächzte nur: „O Jeſes, Jeſes, Jeſes, Thedel, ſo guck Er nur, ſo hör Er nur! O hätt' Er mich unter mein Bett krie¬ chen laſſen, da hätten ſie vielleicht nicht drunter geleuchtet und gegriffen. O Je, hier aus dem Buſch zerren ſie uns in fünf Minuten und trampeln über uns weg, und das Gekrache dort überm Katthagen bringt mich dazu um!“ .... „Bunt genug ſieht es aus, und das Gedudel der Tanzmuſik iſt auch nicht übel. So'n Schützenhof! was meinſt Du dazu, Jungfer Wieſchen?“

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. [178]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/186>, abgerufen am 21.11.2024.