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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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als Nebeldampf noch an den Bergen hing und aus den
Thälern aufstieg, oder was Dampf der Schlacht war.
Aber auf ruhige Zuschauer war nicht gerechnet und
langes Besinnen galt nicht für Leute, die unbemerkt
durchschlüpfen und ihren Leib -- einerlei wo, ob über
der Erde, ob unter der Erde in Sicherheit während
der Bataille zu bringen wünschten.

Wer wußte jetzt einen Unterschlupf? Sie thaten
die Frage und --

"Ich!" sagte Magister Buchius, und er hatte noch
niemals in seinem an die Seite gedrückten, scheuen,
schweigsamen, überschrieenen, überlächelten, überlachten
Dasein den Accentus so kraftvoll auf das persönlichste
aller Fürwörter gelegt, wie jetzt.

Er überließ die Mamsell dem Junker von Münch¬
hausen. Er nahm den Zügel des Schimmels des Herrn
Klosteramtmanns. Er führte den Gaul und die übrige
Gesellschaft weiter in den überbedrängten Tag; -- zum
erstenmal in seinem Leben berauscht, -- von Allem
wunderlich berauscht -- wie als ob er nun den ganzen
wirbelnden schwarzen Vogelschwarm und Kampf von
gestern Abend im eigenen Hirn habe und selber als
schwarzer gelehrter Kriegsmann mit flatternden Rock¬
schößen und geschwungenem spanischen Rohr im aller¬
dicksten Haufen sich mit im Kreise schwinge und Gegner
niederschlage und gewaltthätige Hindernisse bewältige.
Siegreich! Ein Heros! Unter den Helden des heutigen

als Nebeldampf noch an den Bergen hing und aus den
Thälern aufſtieg, oder was Dampf der Schlacht war.
Aber auf ruhige Zuſchauer war nicht gerechnet und
langes Beſinnen galt nicht für Leute, die unbemerkt
durchſchlüpfen und ihren Leib — einerlei wo, ob über
der Erde, ob unter der Erde in Sicherheit während
der Bataille zu bringen wünſchten.

Wer wußte jetzt einen Unterſchlupf? Sie thaten
die Frage und —

„Ich!“ ſagte Magiſter Buchius, und er hatte noch
niemals in ſeinem an die Seite gedrückten, ſcheuen,
ſchweigſamen, überſchrieenen, überlächelten, überlachten
Daſein den Accentus ſo kraftvoll auf das perſönlichſte
aller Fürwörter gelegt, wie jetzt.

Er überließ die Mamſell dem Junker von Münch¬
hauſen. Er nahm den Zügel des Schimmels des Herrn
Kloſteramtmanns. Er führte den Gaul und die übrige
Geſellſchaft weiter in den überbedrängten Tag; — zum
erſtenmal in ſeinem Leben berauſcht, — von Allem
wunderlich berauſcht — wie als ob er nun den ganzen
wirbelnden ſchwarzen Vogelſchwarm und Kampf von
geſtern Abend im eigenen Hirn habe und ſelber als
ſchwarzer gelehrter Kriegsmann mit flatternden Rock¬
ſchößen und geſchwungenem ſpaniſchen Rohr im aller¬
dickſten Haufen ſich mit im Kreiſe ſchwinge und Gegner
niederſchlage und gewaltthätige Hinderniſſe bewältige.
Siegreich! Ein Heros! Unter den Helden des heutigen

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[180/0188] als Nebeldampf noch an den Bergen hing und aus den Thälern aufſtieg, oder was Dampf der Schlacht war. Aber auf ruhige Zuſchauer war nicht gerechnet und langes Beſinnen galt nicht für Leute, die unbemerkt durchſchlüpfen und ihren Leib — einerlei wo, ob über der Erde, ob unter der Erde in Sicherheit während der Bataille zu bringen wünſchten. Wer wußte jetzt einen Unterſchlupf? Sie thaten die Frage und — „Ich!“ ſagte Magiſter Buchius, und er hatte noch niemals in ſeinem an die Seite gedrückten, ſcheuen, ſchweigſamen, überſchrieenen, überlächelten, überlachten Daſein den Accentus ſo kraftvoll auf das perſönlichſte aller Fürwörter gelegt, wie jetzt. Er überließ die Mamſell dem Junker von Münch¬ hauſen. Er nahm den Zügel des Schimmels des Herrn Kloſteramtmanns. Er führte den Gaul und die übrige Geſellſchaft weiter in den überbedrängten Tag; — zum erſtenmal in ſeinem Leben berauſcht, — von Allem wunderlich berauſcht — wie als ob er nun den ganzen wirbelnden ſchwarzen Vogelſchwarm und Kampf von geſtern Abend im eigenen Hirn habe und ſelber als ſchwarzer gelehrter Kriegsmann mit flatternden Rock¬ ſchößen und geſchwungenem ſpaniſchen Rohr im aller¬ dickſten Haufen ſich mit im Kreiſe ſchwinge und Gegner niederſchlage und gewaltthätige Hinderniſſe bewältige. Siegreich! Ein Heros! Unter den Helden des heutigen

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/188>, abgerufen am 21.11.2024.