Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.den Kindern des Landes im Vorbeieilen mit abgerissen Nach fünf Minuten saß die ganze Gesellschaft stumm "'s ist wie lebendig begraben! Lange halte ich das "Ich auch nicht," rief Thedel Münchhausen, und "Liebe Freunde, liebe Kinder," sagte er und rieth den Kindern des Landes im Vorbeieilen mit abgeriſſen Nach fünf Minuten ſaß die ganze Geſellſchaft ſtumm „'s iſt wie lebendig begraben! Lange halte ich das „Ich auch nicht,“ rief Thedel Münchhauſen, und „Liebe Freunde, liebe Kinder,“ ſagte er und rieth <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0216" n="208"/> den Kindern des Landes im Vorbeieilen mit abgeriſſen<lb/> worden waren, enthielten zwei auch noch einige Tropfen<lb/> Brannteweins: „zu einem erwärmenden Anlecken für<lb/><hi rendition="#aq">mesdames</hi> und zu einem gottlob beinahe überflüſſigen<lb/> ‚Bäuſchgen‘ auf den ‚hanebüchnen Dickſchädel des Eſels<lb/> Heinrich‘,“ wie Junker Thedel von Münchhauſen gleich¬<lb/> falls bemerkte.</p><lb/> <p>Nach fünf Minuten ſaß die ganze Geſellſchaft ſtumm<lb/> kauend bei dem Schein des Lichtſtümpchens in der Laterne<lb/> des Magiſters Buchius, und Jeder horchte für ſich aus<lb/> der Tiefe des Berges, wie der Zwiſt der Könige ihnen<lb/> zu Häupten dumpf forttoſete und auch hier zu ihnen hinunterdrang —</p><lb/> <p>„'s iſt wie lebendig begraben! Lange halte ich das<lb/> nicht aus,“ wimmerte Mamſell.</p><lb/> <p>„Ich auch nicht,“ rief Thedel Münchhauſen, und<lb/> dann erloſch das Licht in der Laterne, und Magiſter<lb/> Buchius ergriff das Wort. Er — er — er verſuchte<lb/> es wenigſtens, die Angſt der gejagten Menſchenkreatur im<lb/> Finſtern zu beſchwichtigen; er, der ſo oft in ſeinem<lb/> kümmerlichen Daſein, im dunkeln Winkel verkrochen, vor<lb/> dem luſtigen Leben der Welt den Vogel Strauß hatte<lb/> agiren müſſen.</p><lb/> <p>„Liebe Freunde, liebe Kinder,“ ſagte er und rieth<lb/> er, „einen Augenblick, nur eine kurze Weile die Augen<lb/> zumachen! nachher ſcheinen die Sterne wieder in den<lb/> Brunnen, oder, ich ſage es beſſer, wir ſehen noch ferner<lb/> das angenehme Licht auch dieſes ſchlimmen Tages.“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [208/0216]
den Kindern des Landes im Vorbeieilen mit abgeriſſen
worden waren, enthielten zwei auch noch einige Tropfen
Brannteweins: „zu einem erwärmenden Anlecken für
mesdames und zu einem gottlob beinahe überflüſſigen
‚Bäuſchgen‘ auf den ‚hanebüchnen Dickſchädel des Eſels
Heinrich‘,“ wie Junker Thedel von Münchhauſen gleich¬
falls bemerkte.
Nach fünf Minuten ſaß die ganze Geſellſchaft ſtumm
kauend bei dem Schein des Lichtſtümpchens in der Laterne
des Magiſters Buchius, und Jeder horchte für ſich aus
der Tiefe des Berges, wie der Zwiſt der Könige ihnen
zu Häupten dumpf forttoſete und auch hier zu ihnen hinunterdrang —
„'s iſt wie lebendig begraben! Lange halte ich das
nicht aus,“ wimmerte Mamſell.
„Ich auch nicht,“ rief Thedel Münchhauſen, und
dann erloſch das Licht in der Laterne, und Magiſter
Buchius ergriff das Wort. Er — er — er verſuchte
es wenigſtens, die Angſt der gejagten Menſchenkreatur im
Finſtern zu beſchwichtigen; er, der ſo oft in ſeinem
kümmerlichen Daſein, im dunkeln Winkel verkrochen, vor
dem luſtigen Leben der Welt den Vogel Strauß hatte
agiren müſſen.
„Liebe Freunde, liebe Kinder,“ ſagte er und rieth
er, „einen Augenblick, nur eine kurze Weile die Augen
zumachen! nachher ſcheinen die Sterne wieder in den
Brunnen, oder, ich ſage es beſſer, wir ſehen noch ferner
das angenehme Licht auch dieſes ſchlimmen Tages.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |