wegen, einen alten zerrissenen Rock am Nagel, einen alten bodenlosen Korb im Winkel, ein altes vermorschtes Faß im Keller zurückläßt, und das Alles Dem von seinen Nachfolgern schenkt, der es haben will oder es mit in den Kauf nehmen muß. Der Amtmann hatte den letzten Magister von Amelungsborn mit in den Kauf zu nehmen, nur auf allerhöchsten Spezialbefehl von Braun¬ schweig aus, auf Gutachten herzoglichen Consistorii zu Wolfenbüttel. Wir aber heute, wir würden wohl nicht nach dem Herrn Amtmann in die Tage der Vergangen¬ heit zurück gehorcht haben, wenn dem nicht so der Fall gewesen wäre. Wir haben dann und wann eine Vor¬ liebe für das, was Abziehende als gänzlich unbrauchbar und im Handel der Erde nimmer mehr verwendbar hinter sich zurück zu lassen pflegen. Wir nehmen manchmal das auch etwas ernster, was die Menschheit in ihrer Tagesaufregung nur für einen guten Spaß hält. O, wir können sehr ernsthaft sein bei Dingen, die den Leuten höchst komisch vorkommen.
Ach Gott, ach Gott, sich in einer Welt zu finden, in der man sich gar nicht zurecht zu finden weiß! Dies Loos war dem armen letzten Magister von Kloster Amelungsborn im vollsten Maaße zu Theil geworden. Als Sohn des Pastors von Bevern war er geboren worden, in Helmstedt hatte er Theologie studirt, aber sich auf der Kanzel nimmer auf Das besinnen können, was er der christlichen Gemeinde aus bestem Herzen sagen wollte. Auf drei oder vier adeligen Gütern
wegen, einen alten zerriſſenen Rock am Nagel, einen alten bodenloſen Korb im Winkel, ein altes vermorſchtes Faß im Keller zurückläßt, und das Alles Dem von ſeinen Nachfolgern ſchenkt, der es haben will oder es mit in den Kauf nehmen muß. Der Amtmann hatte den letzten Magiſter von Amelungsborn mit in den Kauf zu nehmen, nur auf allerhöchſten Spezialbefehl von Braun¬ ſchweig aus, auf Gutachten herzoglichen Conſiſtorii zu Wolfenbüttel. Wir aber heute, wir würden wohl nicht nach dem Herrn Amtmann in die Tage der Vergangen¬ heit zurück gehorcht haben, wenn dem nicht ſo der Fall geweſen wäre. Wir haben dann und wann eine Vor¬ liebe für das, was Abziehende als gänzlich unbrauchbar und im Handel der Erde nimmer mehr verwendbar hinter ſich zurück zu laſſen pflegen. Wir nehmen manchmal das auch etwas ernſter, was die Menſchheit in ihrer Tagesaufregung nur für einen guten Spaß hält. O, wir können ſehr ernſthaft ſein bei Dingen, die den Leuten höchſt komiſch vorkommen.
Ach Gott, ach Gott, ſich in einer Welt zu finden, in der man ſich gar nicht zurecht zu finden weiß! Dies Loos war dem armen letzten Magiſter von Kloſter Amelungsborn im vollſten Maaße zu Theil geworden. Als Sohn des Paſtors von Bevern war er geboren worden, in Helmſtedt hatte er Theologie ſtudirt, aber ſich auf der Kanzel nimmer auf Das beſinnen können, was er der chriſtlichen Gemeinde aus beſtem Herzen ſagen wollte. Auf drei oder vier adeligen Gütern
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wegen, einen alten zerriſſenen Rock am Nagel, einen
alten bodenloſen Korb im Winkel, ein altes vermorſchtes
Faß im Keller zurückläßt, und das Alles Dem von ſeinen
Nachfolgern ſchenkt, der es haben will oder es mit in
den Kauf nehmen muß. Der Amtmann hatte den letzten
Magiſter von Amelungsborn mit in den Kauf zu
nehmen, nur auf allerhöchſten Spezialbefehl von Braun¬
ſchweig aus, auf Gutachten herzoglichen Conſiſtorii zu
Wolfenbüttel. Wir aber heute, wir würden wohl nicht
nach dem Herrn Amtmann in die Tage der Vergangen¬
heit zurück gehorcht haben, wenn dem nicht ſo der Fall
geweſen wäre. Wir haben dann und wann eine Vor¬
liebe für das, was Abziehende als gänzlich unbrauchbar
und im Handel der Erde nimmer mehr verwendbar
hinter ſich zurück zu laſſen pflegen. Wir nehmen
manchmal das auch etwas ernſter, was die Menſchheit
in ihrer Tagesaufregung nur für einen guten Spaß
hält. O, wir können ſehr ernſthaft ſein bei Dingen,
die den Leuten höchſt komiſch vorkommen.
Ach Gott, ach Gott, ſich in einer Welt zu finden,
in der man ſich gar nicht zurecht zu finden weiß! Dies
Loos war dem armen letzten Magiſter von Kloſter
Amelungsborn im vollſten Maaße zu Theil geworden.
Als Sohn des Paſtors von Bevern war er geboren
worden, in Helmſtedt hatte er Theologie ſtudirt, aber
ſich auf der Kanzel nimmer auf Das beſinnen können,
was er der chriſtlichen Gemeinde aus beſtem Herzen
ſagen wollte. Auf drei oder vier adeligen Gütern
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/24>, abgerufen am 21.11.2024.
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