auch wir uns bei besserer Gelegenheit und in mehrerer Ruhe noch einmal wieder begegnen mögen."
Herzog Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg und Bevern hob noch einmal freundlich den Hut vom Kopfe und ritt langsam weiter mit seinem buntscheckigen Ge¬ folge von deutschen und englischen Herren. Magister Buchius stand immer noch mit der Mamsell Fegebanck am Arm und Heinrich und Wieschen von Amelungsborn zur Seite, und sah dem großen Feldherrn nach, voll¬ ständig entrückt nicht nur dem augenblicklichen Gedränge, sondern allem und jeglichem Erdentumult, Drangsal und Wirrsal. Auch er hatte seinen Trost bekommen am heutigen bösesten Tage. Er hatte ihn abgelesen von dem klugen, guten, zornvoll-kummervollen Gesicht des braven Mannes, den sie damals als den Zweit¬ größesten in den Schlachten ihrer Zeit rechneten und der dießmal wiederum nichts weiter vermochte als im Vorbeireiten ein herzlich bedauerndes und freundlich tröstendes Wort vom Gaul in den ihn umdrängenden Jammer hinein zu sprechen. Oft hatte der Magister in seinem Leben mit dem Lächeln der Entrückung, und natürlich dazu mit halboffenem Munde, gestanden im Strudel dessen, was man die Menschheit nennt; aber nie so wie jetzt. Er sah den Heros in das an diesem fünften November auch sehr ungemüthliche und von Freund und Feind nach Bedürfniß zugerichtete Eschers¬ hausen hineinreiten. Erst nachdem der letzte Zipfel seines Gefolges im Ortseingange verschwunden war, und
auch wir uns bei beſſerer Gelegenheit und in mehrerer Ruhe noch einmal wieder begegnen mögen.“
Herzog Ferdinand von Braunſchweig-Lüneburg und Bevern hob noch einmal freundlich den Hut vom Kopfe und ritt langſam weiter mit ſeinem buntſcheckigen Ge¬ folge von deutſchen und engliſchen Herren. Magiſter Buchius ſtand immer noch mit der Mamſell Fegebanck am Arm und Heinrich und Wieſchen von Amelungsborn zur Seite, und ſah dem großen Feldherrn nach, voll¬ ſtändig entrückt nicht nur dem augenblicklichen Gedränge, ſondern allem und jeglichem Erdentumult, Drangſal und Wirrſal. Auch er hatte ſeinen Troſt bekommen am heutigen böſeſten Tage. Er hatte ihn abgeleſen von dem klugen, guten, zornvoll-kummervollen Geſicht des braven Mannes, den ſie damals als den Zweit¬ größeſten in den Schlachten ihrer Zeit rechneten und der dießmal wiederum nichts weiter vermochte als im Vorbeireiten ein herzlich bedauerndes und freundlich tröſtendes Wort vom Gaul in den ihn umdrängenden Jammer hinein zu ſprechen. Oft hatte der Magiſter in ſeinem Leben mit dem Lächeln der Entrückung, und natürlich dazu mit halboffenem Munde, geſtanden im Strudel deſſen, was man die Menſchheit nennt; aber nie ſo wie jetzt. Er ſah den Heros in das an dieſem fünften November auch ſehr ungemüthliche und von Freund und Feind nach Bedürfniß zugerichtete Eſchers¬ hauſen hineinreiten. Erſt nachdem der letzte Zipfel ſeines Gefolges im Ortseingange verſchwunden war, und
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auch wir uns bei beſſerer Gelegenheit und in mehrerer
Ruhe noch einmal wieder begegnen mögen.“
Herzog Ferdinand von Braunſchweig-Lüneburg und
Bevern hob noch einmal freundlich den Hut vom Kopfe
und ritt langſam weiter mit ſeinem buntſcheckigen Ge¬
folge von deutſchen und engliſchen Herren. Magiſter
Buchius ſtand immer noch mit der Mamſell Fegebanck
am Arm und Heinrich und Wieſchen von Amelungsborn
zur Seite, und ſah dem großen Feldherrn nach, voll¬
ſtändig entrückt nicht nur dem augenblicklichen Gedränge,
ſondern allem und jeglichem Erdentumult, Drangſal
und Wirrſal. Auch er hatte ſeinen Troſt bekommen
am heutigen böſeſten Tage. Er hatte ihn abgeleſen
von dem klugen, guten, zornvoll-kummervollen Geſicht
des braven Mannes, den ſie damals als den Zweit¬
größeſten in den Schlachten ihrer Zeit rechneten und
der dießmal wiederum nichts weiter vermochte als im
Vorbeireiten ein herzlich bedauerndes und freundlich
tröſtendes Wort vom Gaul in den ihn umdrängenden
Jammer hinein zu ſprechen. Oft hatte der Magiſter
in ſeinem Leben mit dem Lächeln der Entrückung, und
natürlich dazu mit halboffenem Munde, geſtanden im
Strudel deſſen, was man die Menſchheit nennt; aber
nie ſo wie jetzt. Er ſah den Heros in das an dieſem
fünften November auch ſehr ungemüthliche und von
Freund und Feind nach Bedürfniß zugerichtete Eſchers¬
hauſen hineinreiten. Erſt nachdem der letzte Zipfel
ſeines Gefolges im Ortseingange verſchwunden war, und
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/263>, abgerufen am 24.11.2024.
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