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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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Drittes Kapitel.

"Diese Bewegung ließ uns muthmaaßen, daß der
Herr Herzog Ferdinand von Braunschweig sich dort
lagern wollte, um die noch übrigen Lebensmittel in
der Gegend aufzuzehren," klagt ein französischer Feld¬
bericht aus dem Spätherbst des Jahres 1761, ehe beide
kriegsführenden Parteien zum vorletzten Male die
Winterquartiere bezogen und sich häuslich und gemüthlich
darin einrichteten. Du barmherziger Himmel, die "noch
übrigen Lebensmittel"! Was hatten diese scheuen, be¬
scheidenen, schämigen, mit Allem zufriedenen Verbün¬
deten der Frau Kaiserin-Königin Maria Theresia, diese
liebsten Gäste des deutschen Volkes Seiner Hochfürst¬
lichen Durchlaucht dem armen Herzog Ferdinand von
Braunschweig noch viel übrig gelassen an Nahrung für
ihn selbst, seine Leute und sein Vieh, sowohl am
linken wie am rechten Ufer der Weser, sowohl in
Westfalen wie in Ostfalen? Und sie hatten doch
wahrlich auch den Klosteramtmann zu Amelungsborn
nicht gefragt, was ihm entbehrlich sei zum Unterhalt
seiner selbst, seiner Leute und seines Viehs.

Drittes Kapitel.

„Dieſe Bewegung ließ uns muthmaaßen, daß der
Herr Herzog Ferdinand von Braunſchweig ſich dort
lagern wollte, um die noch übrigen Lebensmittel in
der Gegend aufzuzehren,“ klagt ein franzöſiſcher Feld¬
bericht aus dem Spätherbſt des Jahres 1761, ehe beide
kriegsführenden Parteien zum vorletzten Male die
Winterquartiere bezogen und ſich häuslich und gemüthlich
darin einrichteten. Du barmherziger Himmel, die „noch
übrigen Lebensmittel“! Was hatten dieſe ſcheuen, be¬
ſcheidenen, ſchämigen, mit Allem zufriedenen Verbün¬
deten der Frau Kaiſerin-Königin Maria Thereſia, dieſe
liebſten Gäſte des deutſchen Volkes Seiner Hochfürſt¬
lichen Durchlaucht dem armen Herzog Ferdinand von
Braunſchweig noch viel übrig gelaſſen an Nahrung für
ihn ſelbſt, ſeine Leute und ſein Vieh, ſowohl am
linken wie am rechten Ufer der Weſer, ſowohl in
Weſtfalen wie in Oſtfalen? Und ſie hatten doch
wahrlich auch den Kloſteramtmann zu Amelungsborn
nicht gefragt, was ihm entbehrlich ſei zum Unterhalt
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[[21]/0029] Drittes Kapitel. „Dieſe Bewegung ließ uns muthmaaßen, daß der Herr Herzog Ferdinand von Braunſchweig ſich dort lagern wollte, um die noch übrigen Lebensmittel in der Gegend aufzuzehren,“ klagt ein franzöſiſcher Feld¬ bericht aus dem Spätherbſt des Jahres 1761, ehe beide kriegsführenden Parteien zum vorletzten Male die Winterquartiere bezogen und ſich häuslich und gemüthlich darin einrichteten. Du barmherziger Himmel, die „noch übrigen Lebensmittel“! Was hatten dieſe ſcheuen, be¬ ſcheidenen, ſchämigen, mit Allem zufriedenen Verbün¬ deten der Frau Kaiſerin-Königin Maria Thereſia, dieſe liebſten Gäſte des deutſchen Volkes Seiner Hochfürſt¬ lichen Durchlaucht dem armen Herzog Ferdinand von Braunſchweig noch viel übrig gelaſſen an Nahrung für ihn ſelbſt, ſeine Leute und ſein Vieh, ſowohl am linken wie am rechten Ufer der Weſer, ſowohl in Weſtfalen wie in Oſtfalen? Und ſie hatten doch wahrlich auch den Kloſteramtmann zu Amelungsborn nicht gefragt, was ihm entbehrlich ſei zum Unterhalt ſeiner ſelbſt, ſeiner Leute und ſeines Viehs.

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. [21]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/29>, abgerufen am 21.11.2024.