Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.fragest: ob Du Deine Botschaft wohl ausgerichtet habest Der schwarze Vogel hatte einen grimmigen Hunger, Und es war auch einer; aber aus Holz geschnitzet; "I Du Halunke! Bestia, Verwüster!" rief der alte frageſt: ob Du Deine Botſchaft wohl ausgerichtet habeſt Der ſchwarze Vogel hatte einen grimmigen Hunger, Und es war auch einer; aber aus Holz geſchnitzet; „I Du Halunke! Beſtia, Verwüſter!“ rief der alte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0305" n="297"/> frageſt: ob Du Deine Botſchaft wohl ausgerichtet habeſt<lb/> als Bote des höchſten barmherzigen Gottes, des Herrn<lb/> Zebaoths oder — als hölliſcher Gaukler ſeines Affen<lb/> des leidigen Satans? O Kreatur, ach Rab, Rab,<lb/> wohl iſt Dein Zeichen Wahrheit geworden! Sie liegen<lb/> bei Deinen Kameraden in <hi rendition="#aq">Campo Odini</hi> und weit<lb/> rundum verſtreut meine Brüder und unter ihnen meiner<lb/> Seele Sohn im jammerhaften Säkulo. O Vieh, ich<lb/> habe Dich im Tuch vom Schlachtfeld, von Wodans<lb/> Felde hereingetragen und in Sicherheit gebracht; aber<lb/> ich habe meinen lieben Knaben, meinen tapfern Thedel,<lb/> meinen Thedel von Münchhauſen liegen laſſen müſſen<lb/> unter den Erſchlagenen auf dem Odfelde!“</p><lb/> <p>Der ſchwarze Vogel hatte einen grimmigen Hunger,<lb/> er hüpfte ein paar Schritte auf dem Fußboden hin und<lb/> her und ſchrie mit heiſerer Stimme ſeine Noth und<lb/> ſeinen Grimm aus und hackte in einen Gegenſtand, der<lb/> in der Dämmerung genau einem Menſchenarm glich.</p><lb/> <p>Und es war auch einer; aber aus Holz geſchnitzet;<lb/> der Arm der heiligen Jungfrau Maria, des Wunder¬<lb/> bildes von Kloſter Amelungsborn. Das hatte heute<lb/> keine Wunder verrichten können, und der unheimliche<lb/> Gaſt des Magiſters Buchius wurde auch nicht ſatt von<lb/> ihm; aber dem — dem Gaſt des Magiſters Buchius<lb/> konnte freilich bei ſo glorioſen Zeitläuften leicht ge¬<lb/> holfen werden.</p><lb/> <p>„I Du Halunke! Beſtia, Verwüſter!“ rief der alte<lb/> Herr, ſich jetzt genauer auf dem Fußboden und an den<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [297/0305]
frageſt: ob Du Deine Botſchaft wohl ausgerichtet habeſt
als Bote des höchſten barmherzigen Gottes, des Herrn
Zebaoths oder — als hölliſcher Gaukler ſeines Affen
des leidigen Satans? O Kreatur, ach Rab, Rab,
wohl iſt Dein Zeichen Wahrheit geworden! Sie liegen
bei Deinen Kameraden in Campo Odini und weit
rundum verſtreut meine Brüder und unter ihnen meiner
Seele Sohn im jammerhaften Säkulo. O Vieh, ich
habe Dich im Tuch vom Schlachtfeld, von Wodans
Felde hereingetragen und in Sicherheit gebracht; aber
ich habe meinen lieben Knaben, meinen tapfern Thedel,
meinen Thedel von Münchhauſen liegen laſſen müſſen
unter den Erſchlagenen auf dem Odfelde!“
Der ſchwarze Vogel hatte einen grimmigen Hunger,
er hüpfte ein paar Schritte auf dem Fußboden hin und
her und ſchrie mit heiſerer Stimme ſeine Noth und
ſeinen Grimm aus und hackte in einen Gegenſtand, der
in der Dämmerung genau einem Menſchenarm glich.
Und es war auch einer; aber aus Holz geſchnitzet;
der Arm der heiligen Jungfrau Maria, des Wunder¬
bildes von Kloſter Amelungsborn. Das hatte heute
keine Wunder verrichten können, und der unheimliche
Gaſt des Magiſters Buchius wurde auch nicht ſatt von
ihm; aber dem — dem Gaſt des Magiſters Buchius
konnte freilich bei ſo glorioſen Zeitläuften leicht ge¬
holfen werden.
„I Du Halunke! Beſtia, Verwüſter!“ rief der alte
Herr, ſich jetzt genauer auf dem Fußboden und an den
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