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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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Der Magister brauchte kein Licht auf den ausgetretenen
Treppen, in den Gängen, die an den jetzt so stillen
Schulzimmern vorbeiführten; selbst der trübe Schein,
der hier und da durch ein Fenster fiel, war ihm nicht
vonnöthen. Einen Augenblick hielt er an vor einer
Thür, der Thür seiner Quinta. Er legte die Hand
auf den Griff, als ob er öffnen wollte; aber mit einem
Seufzer ging er weiter.

Er brauchte auch keine Lampe auf der engern Treppe,
die zu seiner Wohnung mit wenigen Stufen empor
leitete, zu der Zelle, die sein letzter mönchischer Vor¬
gänger, der Bruder Philemon, grade vor hundertund¬
dreißig Jahren auf der Flucht vor dem Feinde, oder,
wie die Sage geht, mit der Faust Herrn Theodor
Berkelmanns an der Kaputze hatte räumen müssen,
und die leer gestanden hatte, bis sie ihm, dem
Magister Noah Buchius, zu seinem endlichen Unter¬
kommen im Leben angewiesen wurde. Dreißig Jahre
hatte er sein Feuerzeug im Dunkeln zu finden gewußt
und fand es auch jetzt; Stahl, Stein und Schwefel
sowie den Kasten mit den zu Zunder gebrannten Lumpen.
Die Funken spritzten von dem Stein, und einer fing
in den schwarzen Lumpen. Der Schwefelfaden leuchtete
auf und fünf Minuten nach seinem ersten Schlag mit
dem Stahl hatte der Magister Buchius Licht. Er hatte
seine kleine Blechlampe auf dem gewohnten Fleck ge¬
funden und bis jetzt wenigstens schlug sie Keiner ihm
aus der Hand. Nichtsdestoweniger ging er noch einmal

Der Magiſter brauchte kein Licht auf den ausgetretenen
Treppen, in den Gängen, die an den jetzt ſo ſtillen
Schulzimmern vorbeiführten; ſelbſt der trübe Schein,
der hier und da durch ein Fenſter fiel, war ihm nicht
vonnöthen. Einen Augenblick hielt er an vor einer
Thür, der Thür ſeiner Quinta. Er legte die Hand
auf den Griff, als ob er öffnen wollte; aber mit einem
Seufzer ging er weiter.

Er brauchte auch keine Lampe auf der engern Treppe,
die zu ſeiner Wohnung mit wenigen Stufen empor
leitete, zu der Zelle, die ſein letzter mönchiſcher Vor¬
gänger, der Bruder Philemon, grade vor hundertund¬
dreißig Jahren auf der Flucht vor dem Feinde, oder,
wie die Sage geht, mit der Fauſt Herrn Theodor
Berkelmanns an der Kaputze hatte räumen müſſen,
und die leer geſtanden hatte, bis ſie ihm, dem
Magiſter Noah Buchius, zu ſeinem endlichen Unter¬
kommen im Leben angewieſen wurde. Dreißig Jahre
hatte er ſein Feuerzeug im Dunkeln zu finden gewußt
und fand es auch jetzt; Stahl, Stein und Schwefel
ſowie den Kaſten mit den zu Zunder gebrannten Lumpen.
Die Funken ſpritzten von dem Stein, und einer fing
in den ſchwarzen Lumpen. Der Schwefelfaden leuchtete
auf und fünf Minuten nach ſeinem erſten Schlag mit
dem Stahl hatte der Magiſter Buchius Licht. Er hatte
ſeine kleine Blechlampe auf dem gewohnten Fleck ge¬
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[48/0056] Der Magiſter brauchte kein Licht auf den ausgetretenen Treppen, in den Gängen, die an den jetzt ſo ſtillen Schulzimmern vorbeiführten; ſelbſt der trübe Schein, der hier und da durch ein Fenſter fiel, war ihm nicht vonnöthen. Einen Augenblick hielt er an vor einer Thür, der Thür ſeiner Quinta. Er legte die Hand auf den Griff, als ob er öffnen wollte; aber mit einem Seufzer ging er weiter. Er brauchte auch keine Lampe auf der engern Treppe, die zu ſeiner Wohnung mit wenigen Stufen empor leitete, zu der Zelle, die ſein letzter mönchiſcher Vor¬ gänger, der Bruder Philemon, grade vor hundertund¬ dreißig Jahren auf der Flucht vor dem Feinde, oder, wie die Sage geht, mit der Fauſt Herrn Theodor Berkelmanns an der Kaputze hatte räumen müſſen, und die leer geſtanden hatte, bis ſie ihm, dem Magiſter Noah Buchius, zu ſeinem endlichen Unter¬ kommen im Leben angewieſen wurde. Dreißig Jahre hatte er ſein Feuerzeug im Dunkeln zu finden gewußt und fand es auch jetzt; Stahl, Stein und Schwefel ſowie den Kaſten mit den zu Zunder gebrannten Lumpen. Die Funken ſpritzten von dem Stein, und einer fing in den ſchwarzen Lumpen. Der Schwefelfaden leuchtete auf und fünf Minuten nach ſeinem erſten Schlag mit dem Stahl hatte der Magiſter Buchius Licht. Er hatte ſeine kleine Blechlampe auf dem gewohnten Fleck ge¬ funden und bis jetzt wenigſtens ſchlug ſie Keiner ihm aus der Hand. Nichtsdeſtoweniger ging er noch einmal

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/56>, abgerufen am 21.11.2024.