Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.gleichfalls kreischende Mädchen an. Doch er flatterte "Er thut Dir nichts, Kind! Er hat selber das "Mit der Butter reichte es selbst für den Herrn "Weiß man dieses?" seufzte der alte Herr; doch gleichfalls kreiſchende Mädchen an. Doch er flatterte „Er thut Dir nichts, Kind! Er hat ſelber das „Mit der Butter reichte es ſelbſt für den Herrn „Weiß man dieſes?“ ſeufzte der alte Herr; doch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0066" n="58"/> gleichfalls kreiſchende Mädchen an. Doch er flatterte<lb/> nur dem Magiſter in die Hände und dieſer ſprach jetzo:</p><lb/> <p>„Er thut Dir nichts, Kind! Er hat ſelber das<lb/> Seinige abgekriegt.“ Es war die Dirne, die vorhin<lb/> dem Knecht ihre Schürze um die blutende Hand ge¬<lb/> wunden hatte, und die jetzt, immer noch mit verweinten<lb/> Augen, dem alten Herrn in der Zelle des Bruders<lb/> Philemon ſeine ihm ausgemachte Atzung zutrug. „Zu<lb/> Tode hat er mich verjagt, als ob's noch nicht genug<lb/> an der Angſt wäre,“ ſchluchzte ſie, aus ihrem Korbe<lb/> den irdenen Napf mit dem ſteifen, ſchwachdampfenden<lb/> Roggenbrei hebend und zu ihm auf den Tiſch das<lb/> ſchwarze Roggenbrod und den Teller mit dem letzten<lb/> Häring von Kloſter Amelungsborn abſetzend.</p><lb/> <p>„Mit der Butter reichte es ſelbſt für den Herrn<lb/> Amtmann nicht, und die Käſe wollten wir doch lieber<lb/> für den Feind aufheben wenn's doch wieder einmal ſein<lb/> müßte, läßt Ihm die Frau Amtmännin ſagen,“ ſagte<lb/> die junge Magd. „Aber wie Er ſich in ſo ſchlimmer<lb/> Zeit noch mit ſolchem Unthier abgeben mag, das weiß ich<lb/> nicht,“ ſetzte ſie hinzu. „Ich an Seiner Stelle würfe<lb/> gleich den Unglücksvogel da aus dem Fenſter in's Hoop¬<lb/> thal hinunter. Aber der Herr Magiſter grauln ſich ja<lb/> vor nichts; das weiß man freilich ſchon.“</p><lb/> <p>„Weiß man dieſes?“ ſeufzte der alte Herr; doch<lb/> zu ſeinem zappelnden Gefangenen zu genauerer Be¬<lb/> ſichtigung ſich wendend, meinte er: „Armer Patron,<lb/> den Fittich hat man dir böſe zerhackt. Mit dem Fliegen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [58/0066]
gleichfalls kreiſchende Mädchen an. Doch er flatterte
nur dem Magiſter in die Hände und dieſer ſprach jetzo:
„Er thut Dir nichts, Kind! Er hat ſelber das
Seinige abgekriegt.“ Es war die Dirne, die vorhin
dem Knecht ihre Schürze um die blutende Hand ge¬
wunden hatte, und die jetzt, immer noch mit verweinten
Augen, dem alten Herrn in der Zelle des Bruders
Philemon ſeine ihm ausgemachte Atzung zutrug. „Zu
Tode hat er mich verjagt, als ob's noch nicht genug
an der Angſt wäre,“ ſchluchzte ſie, aus ihrem Korbe
den irdenen Napf mit dem ſteifen, ſchwachdampfenden
Roggenbrei hebend und zu ihm auf den Tiſch das
ſchwarze Roggenbrod und den Teller mit dem letzten
Häring von Kloſter Amelungsborn abſetzend.
„Mit der Butter reichte es ſelbſt für den Herrn
Amtmann nicht, und die Käſe wollten wir doch lieber
für den Feind aufheben wenn's doch wieder einmal ſein
müßte, läßt Ihm die Frau Amtmännin ſagen,“ ſagte
die junge Magd. „Aber wie Er ſich in ſo ſchlimmer
Zeit noch mit ſolchem Unthier abgeben mag, das weiß ich
nicht,“ ſetzte ſie hinzu. „Ich an Seiner Stelle würfe
gleich den Unglücksvogel da aus dem Fenſter in's Hoop¬
thal hinunter. Aber der Herr Magiſter grauln ſich ja
vor nichts; das weiß man freilich ſchon.“
„Weiß man dieſes?“ ſeufzte der alte Herr; doch
zu ſeinem zappelnden Gefangenen zu genauerer Be¬
ſichtigung ſich wendend, meinte er: „Armer Patron,
den Fittich hat man dir böſe zerhackt. Mit dem Fliegen
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