Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

jeder stand, die Stirn runzelnd und die Zähne zusammenbeißend, still.

Da hab' ich Euch ja! rief der Scharfrichter.

Euch bin ich nirgends und niemals ausgewichen! sagte Georg Kindler.

Bigott, hab' ich's nicht gesagt, wir Zwei hätten uns noch lange nicht zum letzten Mal gesehen?!

Bigott, rief auch Georg, ich wär' doch lieber Profoß im Regiment Deutschmeister blieben.

Meint Ihr! Basolamano! Man wird alt und fängt an, die Bequemlichkeit zu lieben; -- gefällt mir recht wohl hie zu Rothenburg im Thal. -- Freut mich, Euch zu sehen, und hoff' Euch nunmehro bei Gelegenheit dies verkleisterte Auge heimzahlen zu können. Thut mir die Liebe an, Weibel! 'S wär' mir ein' Seelenlust, Euch so -- von Amtswegen vorzunehmen.

Der schwarze Jürg schnitt eine Grimasse, und seine Hand zuckte nach der linken Hüfte, von der sonst der Degen herabhing. Der Scharfrichter lachte:

Laßt nur, Camarado, wir sind hier nicht im Feldlager, und meine günstigen und gnädigen Herren vom Rath dulden keinen Friedensbruch innerhalb der Bannmeile.

Mit höhnischer Devotion zog der Henker von Rothenburg den breitkrämpigen Hut ab, verneigte sich tief vor seinem Widersacher und schloß seine Rede:

Wünsch' Euch den schönsten guten Abend, Herr Weibel vom Regiment Montecuculi, ich will Euch nicht

jeder stand, die Stirn runzelnd und die Zähne zusammenbeißend, still.

Da hab' ich Euch ja! rief der Scharfrichter.

Euch bin ich nirgends und niemals ausgewichen! sagte Georg Kindler.

Bigott, hab' ich's nicht gesagt, wir Zwei hätten uns noch lange nicht zum letzten Mal gesehen?!

Bigott, rief auch Georg, ich wär' doch lieber Profoß im Regiment Deutschmeister blieben.

Meint Ihr! Basolamano! Man wird alt und fängt an, die Bequemlichkeit zu lieben; — gefällt mir recht wohl hie zu Rothenburg im Thal. — Freut mich, Euch zu sehen, und hoff' Euch nunmehro bei Gelegenheit dies verkleisterte Auge heimzahlen zu können. Thut mir die Liebe an, Weibel! 'S wär' mir ein' Seelenlust, Euch so — von Amtswegen vorzunehmen.

Der schwarze Jürg schnitt eine Grimasse, und seine Hand zuckte nach der linken Hüfte, von der sonst der Degen herabhing. Der Scharfrichter lachte:

Laßt nur, Camarado, wir sind hier nicht im Feldlager, und meine günstigen und gnädigen Herren vom Rath dulden keinen Friedensbruch innerhalb der Bannmeile.

Mit höhnischer Devotion zog der Henker von Rothenburg den breitkrämpigen Hut ab, verneigte sich tief vor seinem Widersacher und schloß seine Rede:

Wünsch' Euch den schönsten guten Abend, Herr Weibel vom Regiment Montecuculi, ich will Euch nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="3">
        <p><pb facs="#f0032"/>
jeder stand, die Stirn runzelnd und die Zähne zusammenbeißend,      still.</p><lb/>
        <p>Da hab' ich Euch ja! rief der Scharfrichter.</p><lb/>
        <p>Euch bin ich nirgends und niemals ausgewichen! sagte Georg Kindler.</p><lb/>
        <p>Bigott, hab' ich's nicht gesagt, wir Zwei hätten uns noch lange nicht zum letzten Mal      gesehen?!</p><lb/>
        <p>Bigott, rief auch Georg, ich wär' doch lieber Profoß im Regiment Deutschmeister blieben.</p><lb/>
        <p>Meint Ihr! Basolamano! Man wird alt und fängt an, die Bequemlichkeit zu lieben; &#x2014; gefällt mir      recht wohl hie zu Rothenburg im Thal. &#x2014; Freut mich, Euch zu sehen, und hoff' Euch nunmehro bei      Gelegenheit dies verkleisterte Auge heimzahlen zu können. Thut mir die Liebe an, Weibel! 'S      wär' mir ein' Seelenlust, Euch so &#x2014; von Amtswegen vorzunehmen.</p><lb/>
        <p>Der schwarze Jürg schnitt eine Grimasse, und seine Hand zuckte nach der linken Hüfte, von der      sonst der Degen herabhing. Der Scharfrichter lachte:</p><lb/>
        <p>Laßt nur, Camarado, wir sind hier nicht im Feldlager, und meine günstigen und gnädigen Herren      vom Rath dulden keinen Friedensbruch innerhalb der Bannmeile.</p><lb/>
        <p>Mit höhnischer Devotion zog der Henker von Rothenburg den breitkrämpigen Hut ab, verneigte      sich tief vor seinem Widersacher und schloß seine Rede:</p><lb/>
        <p>Wünsch' Euch den schönsten guten Abend, Herr Weibel vom Regiment Montecuculi, ich will Euch      nicht<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0032] jeder stand, die Stirn runzelnd und die Zähne zusammenbeißend, still. Da hab' ich Euch ja! rief der Scharfrichter. Euch bin ich nirgends und niemals ausgewichen! sagte Georg Kindler. Bigott, hab' ich's nicht gesagt, wir Zwei hätten uns noch lange nicht zum letzten Mal gesehen?! Bigott, rief auch Georg, ich wär' doch lieber Profoß im Regiment Deutschmeister blieben. Meint Ihr! Basolamano! Man wird alt und fängt an, die Bequemlichkeit zu lieben; — gefällt mir recht wohl hie zu Rothenburg im Thal. — Freut mich, Euch zu sehen, und hoff' Euch nunmehro bei Gelegenheit dies verkleisterte Auge heimzahlen zu können. Thut mir die Liebe an, Weibel! 'S wär' mir ein' Seelenlust, Euch so — von Amtswegen vorzunehmen. Der schwarze Jürg schnitt eine Grimasse, und seine Hand zuckte nach der linken Hüfte, von der sonst der Degen herabhing. Der Scharfrichter lachte: Laßt nur, Camarado, wir sind hier nicht im Feldlager, und meine günstigen und gnädigen Herren vom Rath dulden keinen Friedensbruch innerhalb der Bannmeile. Mit höhnischer Devotion zog der Henker von Rothenburg den breitkrämpigen Hut ab, verneigte sich tief vor seinem Widersacher und schloß seine Rede: Wünsch' Euch den schönsten guten Abend, Herr Weibel vom Regiment Montecuculi, ich will Euch nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-23T09:56:25Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-23T09:56:25Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_recht_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_recht_1910/32
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_recht_1910/32>, abgerufen am 28.04.2024.