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Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Da bist du endlich, mein Trost, meine einzige Hoffnung! O, welch ein Tag, welch ein schrecklicher Tag ist heut wieder vorübergegangen!

Der schwarze Jürg streichelte sanft das blonde Haupthaar der Geliebten.

Ist's heut schlimmer gewesen als sonst?

Viel schlimmer, viel schrecklicher! Ach, ahntest du, was ich dulde; -- es ist so schrecklich, nimmer aus der Angst, dem Zittern und Herzklopfen herauszukommen; -- heut ist mir recht wieder gewesen, als sei nun alle meine Kraft aus und zu Ende. Wärst du nicht mein Lieb, so möcht' ich am liebsten bei meiner Mutter sein, im Grab, wo es still und ruhig ist! Weh, und er ist doch mein Vater!

Er ist dein Vater, dem ich, das Maß voll zu machen, Todfeind sein sollte bis zum Messer.

Laurentia faßte den Geliebten fester; sie zitterte am ganzen Körper.

Still, still, flüsterte Georg, still, süßes Herz; in dir geht alles Uebrige unter; was kümmert uns Beide das, was vergangen ist? Wir müssen eben das Leben von vorn anfangen, und uns nur ein gut Beispiel nehmen an dem Geschehenen!

Dank Gott und dir! sagte Laurentia einfach und rührend.

Was hat er denn heut wieder angestellt? fragte Georg. Schütt aus dein Herzlein. Du weißt, du mußt mir Alles sagen, das ist dein und mein Recht."

Da bist du endlich, mein Trost, meine einzige Hoffnung! O, welch ein Tag, welch ein schrecklicher Tag ist heut wieder vorübergegangen!

Der schwarze Jürg streichelte sanft das blonde Haupthaar der Geliebten.

Ist's heut schlimmer gewesen als sonst?

Viel schlimmer, viel schrecklicher! Ach, ahntest du, was ich dulde; — es ist so schrecklich, nimmer aus der Angst, dem Zittern und Herzklopfen herauszukommen; — heut ist mir recht wieder gewesen, als sei nun alle meine Kraft aus und zu Ende. Wärst du nicht mein Lieb, so möcht' ich am liebsten bei meiner Mutter sein, im Grab, wo es still und ruhig ist! Weh, und er ist doch mein Vater!

Er ist dein Vater, dem ich, das Maß voll zu machen, Todfeind sein sollte bis zum Messer.

Laurentia faßte den Geliebten fester; sie zitterte am ganzen Körper.

Still, still, flüsterte Georg, still, süßes Herz; in dir geht alles Uebrige unter; was kümmert uns Beide das, was vergangen ist? Wir müssen eben das Leben von vorn anfangen, und uns nur ein gut Beispiel nehmen an dem Geschehenen!

Dank Gott und dir! sagte Laurentia einfach und rührend.

Was hat er denn heut wieder angestellt? fragte Georg. Schütt aus dein Herzlein. Du weißt, du mußt mir Alles sagen, das ist dein und mein Recht.“

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[0037] Da bist du endlich, mein Trost, meine einzige Hoffnung! O, welch ein Tag, welch ein schrecklicher Tag ist heut wieder vorübergegangen! Der schwarze Jürg streichelte sanft das blonde Haupthaar der Geliebten. Ist's heut schlimmer gewesen als sonst? Viel schlimmer, viel schrecklicher! Ach, ahntest du, was ich dulde; — es ist so schrecklich, nimmer aus der Angst, dem Zittern und Herzklopfen herauszukommen; — heut ist mir recht wieder gewesen, als sei nun alle meine Kraft aus und zu Ende. Wärst du nicht mein Lieb, so möcht' ich am liebsten bei meiner Mutter sein, im Grab, wo es still und ruhig ist! Weh, und er ist doch mein Vater! Er ist dein Vater, dem ich, das Maß voll zu machen, Todfeind sein sollte bis zum Messer. Laurentia faßte den Geliebten fester; sie zitterte am ganzen Körper. Still, still, flüsterte Georg, still, süßes Herz; in dir geht alles Uebrige unter; was kümmert uns Beide das, was vergangen ist? Wir müssen eben das Leben von vorn anfangen, und uns nur ein gut Beispiel nehmen an dem Geschehenen! Dank Gott und dir! sagte Laurentia einfach und rührend. Was hat er denn heut wieder angestellt? fragte Georg. Schütt aus dein Herzlein. Du weißt, du mußt mir Alles sagen, das ist dein und mein Recht.“

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-23T09:56:25Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-23T09:56:25Z)

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Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_recht_1910/37>, abgerufen am 27.04.2024.