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Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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damals das Hirn ausgeschlagen, anstatt des falschen, heimtückischen Auges.

Um sein heißes Blut zur Ruhe zu bringen, rannte der vormalige Weibel so weit als möglich in die Nacht und in die Berge hinaus; die Geliebte konnte er doch in dieser' Nacht nicht sehen. Sie war bereits seit acht Tagen nicht im Garten erschienen und hatte dem verlobten Freunde durch die alte Magd Nachricht zugehen lassen: der Vater lasse sie nicht von seiner Seite, er sei nun wie ein Kind mit Weinen und großer Angst; sie müsse ihm vorsingen, er fürchte sich so sehr vor dem Herbstwinde in den Bäumen und in den Schornsteinen und Kaminen; Gott allein wisse, wie das enden werde.

So überließ nun an diesem Abend Georg Kindler dem bösen Wolf den Garten zur Silberburg, und in seinen rothen Mantel gehüllt saß der Freimann auf der Schwelle der Hinterthür und reihete Zahlen aneinander, rechnete wie der alte Strumpfstricker auf der Römerhöhe. Er hatte soeben den Werth des wüsten Gartengrundstückes berechnet, und nun daran, den Werth des Hauses in seiner Verfallenheit annähernd aufzustellen, lachte er nach seiner Art still in sich hinein und murmelte:

Heraus sollen sie wie die Füchse aus dem Bau. Wundern werden sie sich über den Scharfrichter und sein Recht. Ho, wie sie die Perrücken schütteln werden im Rath. Nach dreißig Jahren soll's mir noch ein Gaudium sein. Du alter Schlaukopf von Vater in deinem Grabe zu Wetzlar sollst deine Freud' an deinem Söhn-

damals das Hirn ausgeschlagen, anstatt des falschen, heimtückischen Auges.

Um sein heißes Blut zur Ruhe zu bringen, rannte der vormalige Weibel so weit als möglich in die Nacht und in die Berge hinaus; die Geliebte konnte er doch in dieser' Nacht nicht sehen. Sie war bereits seit acht Tagen nicht im Garten erschienen und hatte dem verlobten Freunde durch die alte Magd Nachricht zugehen lassen: der Vater lasse sie nicht von seiner Seite, er sei nun wie ein Kind mit Weinen und großer Angst; sie müsse ihm vorsingen, er fürchte sich so sehr vor dem Herbstwinde in den Bäumen und in den Schornsteinen und Kaminen; Gott allein wisse, wie das enden werde.

So überließ nun an diesem Abend Georg Kindler dem bösen Wolf den Garten zur Silberburg, und in seinen rothen Mantel gehüllt saß der Freimann auf der Schwelle der Hinterthür und reihete Zahlen aneinander, rechnete wie der alte Strumpfstricker auf der Römerhöhe. Er hatte soeben den Werth des wüsten Gartengrundstückes berechnet, und nun daran, den Werth des Hauses in seiner Verfallenheit annähernd aufzustellen, lachte er nach seiner Art still in sich hinein und murmelte:

Heraus sollen sie wie die Füchse aus dem Bau. Wundern werden sie sich über den Scharfrichter und sein Recht. Ho, wie sie die Perrücken schütteln werden im Rath. Nach dreißig Jahren soll's mir noch ein Gaudium sein. Du alter Schlaukopf von Vater in deinem Grabe zu Wetzlar sollst deine Freud' an deinem Söhn-

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[0046] damals das Hirn ausgeschlagen, anstatt des falschen, heimtückischen Auges. Um sein heißes Blut zur Ruhe zu bringen, rannte der vormalige Weibel so weit als möglich in die Nacht und in die Berge hinaus; die Geliebte konnte er doch in dieser' Nacht nicht sehen. Sie war bereits seit acht Tagen nicht im Garten erschienen und hatte dem verlobten Freunde durch die alte Magd Nachricht zugehen lassen: der Vater lasse sie nicht von seiner Seite, er sei nun wie ein Kind mit Weinen und großer Angst; sie müsse ihm vorsingen, er fürchte sich so sehr vor dem Herbstwinde in den Bäumen und in den Schornsteinen und Kaminen; Gott allein wisse, wie das enden werde. So überließ nun an diesem Abend Georg Kindler dem bösen Wolf den Garten zur Silberburg, und in seinen rothen Mantel gehüllt saß der Freimann auf der Schwelle der Hinterthür und reihete Zahlen aneinander, rechnete wie der alte Strumpfstricker auf der Römerhöhe. Er hatte soeben den Werth des wüsten Gartengrundstückes berechnet, und nun daran, den Werth des Hauses in seiner Verfallenheit annähernd aufzustellen, lachte er nach seiner Art still in sich hinein und murmelte: Heraus sollen sie wie die Füchse aus dem Bau. Wundern werden sie sich über den Scharfrichter und sein Recht. Ho, wie sie die Perrücken schütteln werden im Rath. Nach dreißig Jahren soll's mir noch ein Gaudium sein. Du alter Schlaukopf von Vater in deinem Grabe zu Wetzlar sollst deine Freud' an deinem Söhn-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-23T09:56:25Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-23T09:56:25Z)

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_recht_1910/46>, abgerufen am 03.12.2024.