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Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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andern Gebäude in Rothenburg zitterte das Haus in seinen Grundvesten. Wie ein lebendiges Wesen, das sich in großer Noth und Qual befindet, ächzte und stöhnte und wehrte es sich vergeblich. Schon waren mehrere verwitterte Fensterflügel losgerissen aus ihren Angeln und in die Gasse, den Hof und den Garten hinabgestürzt. Ungehinderten Eingang fand der sausende Wind in der Silberburg; scharf und schrill strich er durch die Gänge und Gemächer und trieb den Staub, den die Jahre ungehindert angehäuft halten, wolkenhaft hin und wieder. Mäuse und Ratten trieb das Krachen in Gebälk und Gemäuer in Schaaren aus ihren Schlupfwinkeln, und der Herr des Hauses, wie er, ruheloser als je, nach seiner Art durch die Corridore schlich, sah ihr Laufen und Wimmeln zu seinen Füßen und hörte ihr ängstliches Pfeifen durch das Brausen und Zischen des Sturmes. Alle Ratten und Mäuse verließen in dieser Nacht die Silberburg und warfen sich in die benachbarten Häuser und in das Römerthor, wo sie den erstaunten Geschlechtsgenossen gewiß viel zu berichten hatten, aus dem eben verlassenen Aufenthaltsort.

Wiederum mußte Laurentia Heyligerin die ganze Nacht hindurch die wohlbekannten Tritte, das geisterhafte Schlurfen, das irrende Tasten an den Thüren und Schlössern hören. Als die tastende Hand auch zu ihrem Thürschloß kam und das Mädchen emporsprang, ihre Kleider zusammenraffte und in die Dunkelheit des Vorplatzes hinausleuchtete, sah sie die gebückte, hagere Ge-

andern Gebäude in Rothenburg zitterte das Haus in seinen Grundvesten. Wie ein lebendiges Wesen, das sich in großer Noth und Qual befindet, ächzte und stöhnte und wehrte es sich vergeblich. Schon waren mehrere verwitterte Fensterflügel losgerissen aus ihren Angeln und in die Gasse, den Hof und den Garten hinabgestürzt. Ungehinderten Eingang fand der sausende Wind in der Silberburg; scharf und schrill strich er durch die Gänge und Gemächer und trieb den Staub, den die Jahre ungehindert angehäuft halten, wolkenhaft hin und wieder. Mäuse und Ratten trieb das Krachen in Gebälk und Gemäuer in Schaaren aus ihren Schlupfwinkeln, und der Herr des Hauses, wie er, ruheloser als je, nach seiner Art durch die Corridore schlich, sah ihr Laufen und Wimmeln zu seinen Füßen und hörte ihr ängstliches Pfeifen durch das Brausen und Zischen des Sturmes. Alle Ratten und Mäuse verließen in dieser Nacht die Silberburg und warfen sich in die benachbarten Häuser und in das Römerthor, wo sie den erstaunten Geschlechtsgenossen gewiß viel zu berichten hatten, aus dem eben verlassenen Aufenthaltsort.

Wiederum mußte Laurentia Heyligerin die ganze Nacht hindurch die wohlbekannten Tritte, das geisterhafte Schlurfen, das irrende Tasten an den Thüren und Schlössern hören. Als die tastende Hand auch zu ihrem Thürschloß kam und das Mädchen emporsprang, ihre Kleider zusammenraffte und in die Dunkelheit des Vorplatzes hinausleuchtete, sah sie die gebückte, hagere Ge-

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[0052] andern Gebäude in Rothenburg zitterte das Haus in seinen Grundvesten. Wie ein lebendiges Wesen, das sich in großer Noth und Qual befindet, ächzte und stöhnte und wehrte es sich vergeblich. Schon waren mehrere verwitterte Fensterflügel losgerissen aus ihren Angeln und in die Gasse, den Hof und den Garten hinabgestürzt. Ungehinderten Eingang fand der sausende Wind in der Silberburg; scharf und schrill strich er durch die Gänge und Gemächer und trieb den Staub, den die Jahre ungehindert angehäuft halten, wolkenhaft hin und wieder. Mäuse und Ratten trieb das Krachen in Gebälk und Gemäuer in Schaaren aus ihren Schlupfwinkeln, und der Herr des Hauses, wie er, ruheloser als je, nach seiner Art durch die Corridore schlich, sah ihr Laufen und Wimmeln zu seinen Füßen und hörte ihr ängstliches Pfeifen durch das Brausen und Zischen des Sturmes. Alle Ratten und Mäuse verließen in dieser Nacht die Silberburg und warfen sich in die benachbarten Häuser und in das Römerthor, wo sie den erstaunten Geschlechtsgenossen gewiß viel zu berichten hatten, aus dem eben verlassenen Aufenthaltsort. Wiederum mußte Laurentia Heyligerin die ganze Nacht hindurch die wohlbekannten Tritte, das geisterhafte Schlurfen, das irrende Tasten an den Thüren und Schlössern hören. Als die tastende Hand auch zu ihrem Thürschloß kam und das Mädchen emporsprang, ihre Kleider zusammenraffte und in die Dunkelheit des Vorplatzes hinausleuchtete, sah sie die gebückte, hagere Ge-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-23T09:56:25Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-23T09:56:25Z)

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_recht_1910/52>, abgerufen am 21.11.2024.