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Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Die Blicke und Bewegungen der Hände, Schultern und Köpfe, welche diese Vorlesung begleiteten und ihr folgten, zu schildern, geht über unsere Kraft. Während Alles in Wunder und Staunen steht und Laurentia leise über die Schmach des Vaters weint, das Gesicht an der Brust des Geliebten verbergend, wollen wir einen Blick in die Vergangenheit werfen.

Anno 1675 war der Zinsmeister Christian Jakob Heyliger ein Mann in seinen besten Jahren, und der Reichskammergerichtssecretarius Scheffer, obgleich bedeutend jünger als der Zinsmeister, war doch nur ein kümmerliches Männlein gegen den stattlichen Bürger von Rothenburg. Nicht im mindesten wahrscheinlich erschien es von damals, daß der Secretarius für sich selbst einen angenehmen Gebrauch von dem eben vorgetragenen Schriftstück werde machen können. Der Mann hüstelte und spie auch von Zeit zu Zeit ein wenig Blut aus, und nicht die mindeste Aussicht war vorhanden, daß er nach dreißig Jahren mit diesem Pact werde hervortreten können. Freilich hatte er ein damals fünfjährig Söhnlein, welchem der Vertrag hätte zu Gute kommen können; aber damit war es ein eigen Ding. Dieses Söhnlein war die einzige Frucht einer für den Secretarius ungemein stürmischen Ehe, und der Vater hatte längst den ohnmächtigen Zorn und Grimm, den er täglich seiner bessern Hälfte gegenüber verschlucken mußte, auch auf den kleinen Wolf, welchem die Frau Schefferin mit der Muttermilch die allergrößeste Verachtung der väterlichen

Die Blicke und Bewegungen der Hände, Schultern und Köpfe, welche diese Vorlesung begleiteten und ihr folgten, zu schildern, geht über unsere Kraft. Während Alles in Wunder und Staunen steht und Laurentia leise über die Schmach des Vaters weint, das Gesicht an der Brust des Geliebten verbergend, wollen wir einen Blick in die Vergangenheit werfen.

Anno 1675 war der Zinsmeister Christian Jakob Heyliger ein Mann in seinen besten Jahren, und der Reichskammergerichtssecretarius Scheffer, obgleich bedeutend jünger als der Zinsmeister, war doch nur ein kümmerliches Männlein gegen den stattlichen Bürger von Rothenburg. Nicht im mindesten wahrscheinlich erschien es von damals, daß der Secretarius für sich selbst einen angenehmen Gebrauch von dem eben vorgetragenen Schriftstück werde machen können. Der Mann hüstelte und spie auch von Zeit zu Zeit ein wenig Blut aus, und nicht die mindeste Aussicht war vorhanden, daß er nach dreißig Jahren mit diesem Pact werde hervortreten können. Freilich hatte er ein damals fünfjährig Söhnlein, welchem der Vertrag hätte zu Gute kommen können; aber damit war es ein eigen Ding. Dieses Söhnlein war die einzige Frucht einer für den Secretarius ungemein stürmischen Ehe, und der Vater hatte längst den ohnmächtigen Zorn und Grimm, den er täglich seiner bessern Hälfte gegenüber verschlucken mußte, auch auf den kleinen Wolf, welchem die Frau Schefferin mit der Muttermilch die allergrößeste Verachtung der väterlichen

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[0063] Die Blicke und Bewegungen der Hände, Schultern und Köpfe, welche diese Vorlesung begleiteten und ihr folgten, zu schildern, geht über unsere Kraft. Während Alles in Wunder und Staunen steht und Laurentia leise über die Schmach des Vaters weint, das Gesicht an der Brust des Geliebten verbergend, wollen wir einen Blick in die Vergangenheit werfen. Anno 1675 war der Zinsmeister Christian Jakob Heyliger ein Mann in seinen besten Jahren, und der Reichskammergerichtssecretarius Scheffer, obgleich bedeutend jünger als der Zinsmeister, war doch nur ein kümmerliches Männlein gegen den stattlichen Bürger von Rothenburg. Nicht im mindesten wahrscheinlich erschien es von damals, daß der Secretarius für sich selbst einen angenehmen Gebrauch von dem eben vorgetragenen Schriftstück werde machen können. Der Mann hüstelte und spie auch von Zeit zu Zeit ein wenig Blut aus, und nicht die mindeste Aussicht war vorhanden, daß er nach dreißig Jahren mit diesem Pact werde hervortreten können. Freilich hatte er ein damals fünfjährig Söhnlein, welchem der Vertrag hätte zu Gute kommen können; aber damit war es ein eigen Ding. Dieses Söhnlein war die einzige Frucht einer für den Secretarius ungemein stürmischen Ehe, und der Vater hatte längst den ohnmächtigen Zorn und Grimm, den er täglich seiner bessern Hälfte gegenüber verschlucken mußte, auch auf den kleinen Wolf, welchem die Frau Schefferin mit der Muttermilch die allergrößeste Verachtung der väterlichen

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-23T09:56:25Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-23T09:56:25Z)

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_recht_1910/63>, abgerufen am 24.11.2024.