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Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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teria das Scharfrichteramt der kleinen Reichsstadt. Er hatte durchaus nicht die Absicht, sein Leben in Rothenburg hinzubringen, so kam es ihm nicht darauf an, sich daselbst auf kurze Zeit anrüchig und ehrlos zu machen.

Wir haben gesehen, wie er seinem Feinde Georg Kindler begegnete und die Liebe desselben zu Laurentia Heyligerin entdeckte, wir haben gesehen, wie er die Silberburg, sein baldiges Eigenthum, Tag und Nacht nicht aus dem Auge ließ. Mit der Besitznahme der Silberburg glaubte der Rachsüchtige zugleich sich rächen zu können an Dem, welchem er seine Verstümmelung zu danken hatte, und so frohlockte er doppelt.

VIII.

Von Hand zu Hand ging im Kreise der Rothenburger Herren in der Silberburg das ominöse Papierblatt.

O Vater! Vater! schluchzte die Jungfrau.

Wo er nur sein mag, daß er bei solchem Aufruhr im Hause nicht hervorkommt?! rief Georg.

Heyliger! Wo ist er? Wo ist der Meister Heyliger? ging's im Kreise.

Währenddem kam das Document zurück zu Herrn Cyprian Schnäubele, dem kaiserlichen Notarius, und von Neuem unterwarf dieser es der sorgfältigsten Prüfung, beäugte es von allen Seiten, von vorn und von hinten. Plötzlich stieß er einen Ausruf hervor, sah auf, umher

teria das Scharfrichteramt der kleinen Reichsstadt. Er hatte durchaus nicht die Absicht, sein Leben in Rothenburg hinzubringen, so kam es ihm nicht darauf an, sich daselbst auf kurze Zeit anrüchig und ehrlos zu machen.

Wir haben gesehen, wie er seinem Feinde Georg Kindler begegnete und die Liebe desselben zu Laurentia Heyligerin entdeckte, wir haben gesehen, wie er die Silberburg, sein baldiges Eigenthum, Tag und Nacht nicht aus dem Auge ließ. Mit der Besitznahme der Silberburg glaubte der Rachsüchtige zugleich sich rächen zu können an Dem, welchem er seine Verstümmelung zu danken hatte, und so frohlockte er doppelt.

VIII.

Von Hand zu Hand ging im Kreise der Rothenburger Herren in der Silberburg das ominöse Papierblatt.

O Vater! Vater! schluchzte die Jungfrau.

Wo er nur sein mag, daß er bei solchem Aufruhr im Hause nicht hervorkommt?! rief Georg.

Heyliger! Wo ist er? Wo ist der Meister Heyliger? ging's im Kreise.

Währenddem kam das Document zurück zu Herrn Cyprian Schnäubele, dem kaiserlichen Notarius, und von Neuem unterwarf dieser es der sorgfältigsten Prüfung, beäugte es von allen Seiten, von vorn und von hinten. Plötzlich stieß er einen Ausruf hervor, sah auf, umher

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[0067] teria das Scharfrichteramt der kleinen Reichsstadt. Er hatte durchaus nicht die Absicht, sein Leben in Rothenburg hinzubringen, so kam es ihm nicht darauf an, sich daselbst auf kurze Zeit anrüchig und ehrlos zu machen. Wir haben gesehen, wie er seinem Feinde Georg Kindler begegnete und die Liebe desselben zu Laurentia Heyligerin entdeckte, wir haben gesehen, wie er die Silberburg, sein baldiges Eigenthum, Tag und Nacht nicht aus dem Auge ließ. Mit der Besitznahme der Silberburg glaubte der Rachsüchtige zugleich sich rächen zu können an Dem, welchem er seine Verstümmelung zu danken hatte, und so frohlockte er doppelt. VIII. Von Hand zu Hand ging im Kreise der Rothenburger Herren in der Silberburg das ominöse Papierblatt. O Vater! Vater! schluchzte die Jungfrau. Wo er nur sein mag, daß er bei solchem Aufruhr im Hause nicht hervorkommt?! rief Georg. Heyliger! Wo ist er? Wo ist der Meister Heyliger? ging's im Kreise. Währenddem kam das Document zurück zu Herrn Cyprian Schnäubele, dem kaiserlichen Notarius, und von Neuem unterwarf dieser es der sorgfältigsten Prüfung, beäugte es von allen Seiten, von vorn und von hinten. Plötzlich stieß er einen Ausruf hervor, sah auf, umher

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-23T09:56:25Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-23T09:56:25Z)

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Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_recht_1910/67>, abgerufen am 21.11.2024.