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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

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Roder, der Lehrer Elisens, den leichten Strohhut auf
dem Kopf, die grüne Botanisirbüchse auf dem Rücken,
schon an der Ecke lustig nach dem Fenster hinaufwinkend.

Die alte Martha hatte den Kaffee fertig und Lis-
chen, die bei ihrem Eifer ebenfalls fertig zu sein, dies-
mal mehr Hülfe als gewöhnlich nöthig gehabt hatte,
sprang die Treppe hinunter und erschien nun, den Lehrer
hinter sich herziehend. -- --

Roder ist einer jener Volkslehrer, wie sie nur Deutsch-
land hervorbringt. Er ist, wie es sich fast von selbst
versteht, der Sohn eines Schulmeisters, der wiederum
der Sohn eines Schulmeisters war; denn wenn es einen
Stand giebt, der sich durch Generationen fortpflanzt,
so ist es das deutsche Volkslehrerthum. Da bringt der
Vater vom Lande einen seiner, gewöhnlich sehr zahl-
reichen Söhne, in die Stadt; mit einer Bibel, einem
Gesangbuch und vor allem einem Choralbuch als Biblio-
thek. Der Junge ist der Stolz seines Vaters. Wer
hat ein größeres Talent die Orgel zu spielen? wer hat
eine bessere Stimme -- wenn sie auch gerade sich setzt?
So ausgerüstet betritt der junge Gelehrte den Schau-
platz seiner weitern Ausbildung; gewaltig packt ihn an-
fangs das Heimweh unter der wilden Bande seiner Mit-
schüler, die ihn hänseln und zum Besten haben in seiner
Gutmüthigkeit und Unerfahrenheit. Das Leben ist ihm

Roder, der Lehrer Eliſens, den leichten Strohhut auf
dem Kopf, die grüne Botaniſirbüchſe auf dem Rücken,
ſchon an der Ecke luſtig nach dem Fenſter hinaufwinkend.

Die alte Martha hatte den Kaffee fertig und Lis-
chen, die bei ihrem Eifer ebenfalls fertig zu ſein, dies-
mal mehr Hülfe als gewöhnlich nöthig gehabt hatte,
ſprang die Treppe hinunter und erſchien nun, den Lehrer
hinter ſich herziehend. — —

Roder iſt einer jener Volkslehrer, wie ſie nur Deutſch-
land hervorbringt. Er iſt, wie es ſich faſt von ſelbſt
verſteht, der Sohn eines Schulmeiſters, der wiederum
der Sohn eines Schulmeiſters war; denn wenn es einen
Stand giebt, der ſich durch Generationen fortpflanzt,
ſo iſt es das deutſche Volkslehrerthum. Da bringt der
Vater vom Lande einen ſeiner, gewöhnlich ſehr zahl-
reichen Söhne, in die Stadt; mit einer Bibel, einem
Geſangbuch und vor allem einem Choralbuch als Biblio-
thek. Der Junge iſt der Stolz ſeines Vaters. Wer
hat ein größeres Talent die Orgel zu ſpielen? wer hat
eine beſſere Stimme — wenn ſie auch gerade ſich ſetzt?
So ausgerüſtet betritt der junge Gelehrte den Schau-
platz ſeiner weitern Ausbildung; gewaltig packt ihn an-
fangs das Heimweh unter der wilden Bande ſeiner Mit-
ſchüler, die ihn hänſeln und zum Beſten haben in ſeiner
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[107/0117] Roder, der Lehrer Eliſens, den leichten Strohhut auf dem Kopf, die grüne Botaniſirbüchſe auf dem Rücken, ſchon an der Ecke luſtig nach dem Fenſter hinaufwinkend. Die alte Martha hatte den Kaffee fertig und Lis- chen, die bei ihrem Eifer ebenfalls fertig zu ſein, dies- mal mehr Hülfe als gewöhnlich nöthig gehabt hatte, ſprang die Treppe hinunter und erſchien nun, den Lehrer hinter ſich herziehend. — — Roder iſt einer jener Volkslehrer, wie ſie nur Deutſch- land hervorbringt. Er iſt, wie es ſich faſt von ſelbſt verſteht, der Sohn eines Schulmeiſters, der wiederum der Sohn eines Schulmeiſters war; denn wenn es einen Stand giebt, der ſich durch Generationen fortpflanzt, ſo iſt es das deutſche Volkslehrerthum. Da bringt der Vater vom Lande einen ſeiner, gewöhnlich ſehr zahl- reichen Söhne, in die Stadt; mit einer Bibel, einem Geſangbuch und vor allem einem Choralbuch als Biblio- thek. Der Junge iſt der Stolz ſeines Vaters. Wer hat ein größeres Talent die Orgel zu ſpielen? wer hat eine beſſere Stimme — wenn ſie auch gerade ſich ſetzt? So ausgerüſtet betritt der junge Gelehrte den Schau- platz ſeiner weitern Ausbildung; gewaltig packt ihn an- fangs das Heimweh unter der wilden Bande ſeiner Mit- ſchüler, die ihn hänſeln und zum Beſten haben in ſeiner Gutmüthigkeit und Unerfahrenheit. Das Leben iſt ihm

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/117>, abgerufen am 24.11.2024.