Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.waltigen Wunder in der Luft, im Wasser, auf und Nun zieht eine Wissenschaft alle andern nach sich; Stütze nur die heiße Stirn auf die Hand Du Sohn Der Arm der Nothwendigkeit faßt Dich und schleudert Glücklich, wenn Du's kannst; glücklicher aber viel- waltigen Wunder in der Luft, im Waſſer, auf und Nun zieht eine Wiſſenſchaft alle andern nach ſich; Stütze nur die heiße Stirn auf die Hand Du Sohn Der Arm der Nothwendigkeit faßt Dich und ſchleudert Glücklich, wenn Du’s kannſt; glücklicher aber viel- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0119" n="109"/> waltigen Wunder in der Luft, im Waſſer, auf und<lb/> unter der Erde! Wie ſich das Dachſtübchen füllt mit<lb/> Käfern, Schmetterlingen, Herbarien u. ſ. w. Welch’ eine<lb/> ſelige Ermüdung an jedem Abend, welch’ ein Träumen<lb/> des Nachts, welch’ ein Erwachen am Morgen!</p><lb/> <p>Nun zieht eine Wiſſenſchaft alle andern nach ſich;<lb/> die Klaſſen werden durchflogen, — den Schiller lernen<lb/> wir auswendig und die Welt dehnt ſich immer ſchöner<lb/> und weiter vor uns aus! — Ach ein Fauſt zu ſein, iſt<lb/> es nicht nöthig Alles ſtudirt zu <hi rendition="#g">haben</hi>: das <hi rendition="#g">Wollen</hi><lb/> allein genügt, den Mephiſtopheles aus dem Nebel her-<lb/> vortreten zu laſſen!</p><lb/> <p>Stütze nur die heiße Stirn auf die Hand Du Sohn<lb/> Deutſchlands in langen durchwachten Nächten, beſchwöre<lb/> nur die Geiſter alter und neuer Zeit herauf, ſie ſind<lb/> doch ſtets um Dich, die Geſpenſter: Lebensnoth und<lb/> Zweifel und vergebliches Streben!</p><lb/> <p>Der Arm der Nothwendigkeit faßt Dich und ſchleudert<lb/> Dich mit Deinem Wiſſensdrang in ein kleines ablegenes<lb/> Walddorf oder an die Armenſchule einer großen Stadt;<lb/> da begrab Dein volles Herz und ſuche — zu vergeſſen!</p><lb/> <p>Glücklich, wenn Du’s kannſt; glücklicher aber viel-<lb/> leicht doch, wenn es Dir gegeben iſt, auch hier weiter<lb/> zu ſuchen. Der Pulsſchlag des Weltgeiſtes pocht ja<lb/> überall: „Suchet, ſo werdet ihr ihn finden!“ ſagt das<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [109/0119]
waltigen Wunder in der Luft, im Waſſer, auf und
unter der Erde! Wie ſich das Dachſtübchen füllt mit
Käfern, Schmetterlingen, Herbarien u. ſ. w. Welch’ eine
ſelige Ermüdung an jedem Abend, welch’ ein Träumen
des Nachts, welch’ ein Erwachen am Morgen!
Nun zieht eine Wiſſenſchaft alle andern nach ſich;
die Klaſſen werden durchflogen, — den Schiller lernen
wir auswendig und die Welt dehnt ſich immer ſchöner
und weiter vor uns aus! — Ach ein Fauſt zu ſein, iſt
es nicht nöthig Alles ſtudirt zu haben: das Wollen
allein genügt, den Mephiſtopheles aus dem Nebel her-
vortreten zu laſſen!
Stütze nur die heiße Stirn auf die Hand Du Sohn
Deutſchlands in langen durchwachten Nächten, beſchwöre
nur die Geiſter alter und neuer Zeit herauf, ſie ſind
doch ſtets um Dich, die Geſpenſter: Lebensnoth und
Zweifel und vergebliches Streben!
Der Arm der Nothwendigkeit faßt Dich und ſchleudert
Dich mit Deinem Wiſſensdrang in ein kleines ablegenes
Walddorf oder an die Armenſchule einer großen Stadt;
da begrab Dein volles Herz und ſuche — zu vergeſſen!
Glücklich, wenn Du’s kannſt; glücklicher aber viel-
leicht doch, wenn es Dir gegeben iſt, auch hier weiter
zu ſuchen. Der Pulsſchlag des Weltgeiſtes pocht ja
überall: „Suchet, ſo werdet ihr ihn finden!“ ſagt das
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