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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

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"Wohlan, -- die Conferenzen sind eröffnet! Allen
"Gegenwärtigen und Zukünftigen Gruß! Wen send' ich
"zuerst an Jene dort, hinter den Holunderblüthen?

"Ach! Du da -- fort mit Dir zu Ihr hin -- Du
"mein leichtgeflügelter, magenloser Herold, Du den sie
"den "rothen Augenspiegel" nennen, zeig Ihr auf
"Deinen weißen Schwingen die beiden Purpurtropfen,
"sag Ihr, es sei Herzblut -- mein Herzblut aus dem
"wilden Kampf um die Liebe, die rothe Liebe! ... Da
"flattert der Bote der Laube zu; es zittert mein Herz,
"mein banges Herz. -- Sie -- niest!!!.. O Dank,
"Dank ihr ewigen guten Götter, Dank für das Omen!
"(Erkälte Dich nicht, Louise; nimm ein Tuch um,
"hörst Du?)

"Wer ist der zweite meiner Boten? Schnell, schnell
"meine kleine emsige Biene; -- hin zu Ihr -- summe
"Ihr ins Ohr, Honiggedanken, Hausgedanken, Leinen-
"und Drellgedanken!

"(Was hat das Frauenzimmer zu lachen über ihrem
"Nähzeuge, in der kleinen Laube?)

"Und nun mein letzter Bote, mein schwarzer Trauer-
"mantel flattere hin zu Ihr! Hör', was Du Ihr sagen
"sollst. Sag Ihr: "Louise, Louise, der Tag ist zu
"Ende -- die Eintagsfliegen wurden müde, todmüde --
"der Bach schaukelt ihre armen kleinen Leiber fort, vor-

„Wohlan, — die Conferenzen ſind eröffnet! Allen
„Gegenwärtigen und Zukünftigen Gruß! Wen ſend’ ich
„zuerſt an Jene dort, hinter den Holunderblüthen?

„Ach! Du da — fort mit Dir zu Ihr hin — Du
„mein leichtgeflügelter, magenloſer Herold, Du den ſie
„den „rothen Augenſpiegel“ nennen, zeig Ihr auf
„Deinen weißen Schwingen die beiden Purpurtropfen,
„ſag Ihr, es ſei Herzblut — mein Herzblut aus dem
„wilden Kampf um die Liebe, die rothe Liebe! … Da
„flattert der Bote der Laube zu; es zittert mein Herz,
„mein banges Herz. — Sie — nieſt!!!.. O Dank,
„Dank ihr ewigen guten Götter, Dank für das Omen!
„(Erkälte Dich nicht, Louiſe; nimm ein Tuch um,
„hörſt Du?)

„Wer iſt der zweite meiner Boten? Schnell, ſchnell
„meine kleine emſige Biene; — hin zu Ihr — ſumme
„Ihr ins Ohr, Honiggedanken, Hausgedanken, Leinen-
„und Drellgedanken!

„(Was hat das Frauenzimmer zu lachen über ihrem
„Nähzeuge, in der kleinen Laube?)

„Und nun mein letzter Bote, mein ſchwarzer Trauer-
„mantel flattere hin zu Ihr! Hör’, was Du Ihr ſagen
„ſollſt. Sag Ihr: „Louiſe, Louiſe, der Tag iſt zu
„Ende — die Eintagsfliegen wurden müde, todmüde —
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[124/0134] „Wohlan, — die Conferenzen ſind eröffnet! Allen „Gegenwärtigen und Zukünftigen Gruß! Wen ſend’ ich „zuerſt an Jene dort, hinter den Holunderblüthen? „Ach! Du da — fort mit Dir zu Ihr hin — Du „mein leichtgeflügelter, magenloſer Herold, Du den ſie „den „rothen Augenſpiegel“ nennen, zeig Ihr auf „Deinen weißen Schwingen die beiden Purpurtropfen, „ſag Ihr, es ſei Herzblut — mein Herzblut aus dem „wilden Kampf um die Liebe, die rothe Liebe! … Da „flattert der Bote der Laube zu; es zittert mein Herz, „mein banges Herz. — Sie — nieſt!!!.. O Dank, „Dank ihr ewigen guten Götter, Dank für das Omen! „(Erkälte Dich nicht, Louiſe; nimm ein Tuch um, „hörſt Du?) „Wer iſt der zweite meiner Boten? Schnell, ſchnell „meine kleine emſige Biene; — hin zu Ihr — ſumme „Ihr ins Ohr, Honiggedanken, Hausgedanken, Leinen- „und Drellgedanken! „(Was hat das Frauenzimmer zu lachen über ihrem „Nähzeuge, in der kleinen Laube?) „Und nun mein letzter Bote, mein ſchwarzer Trauer- „mantel flattere hin zu Ihr! Hör’, was Du Ihr ſagen „ſollſt. Sag Ihr: „Louiſe, Louiſe, der Tag iſt zu „Ende — die Eintagsfliegen wurden müde, todmüde — „der Bach ſchaukelt ihre armen kleinen Leiber fort, vor-

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/134>, abgerufen am 24.11.2024.