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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

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kleine Händchen klatschen fröhlich zusammen: welche Ge-
danken an weiße Dächer und grüne funkelnde Tannen-
bäume! Wie phantastisch die Sperlingsgasse in dem wir-
belnden, weißen Gestöber aussieht! Wie die wasserholen-
den Dienstmädchen am Brunnen kichern! Der fatale
Wind! --

"Gehorsamster Diener Herr Professor Niepeguk!
Auch im ersten Schnee?"

"Aerztliche Verordnung!" brummt der Weise und
lächelt herauf zu mir, so gut es Würde und Hypochon-
drie erlauben.

Auf der Sophienkirche schlägt's jetzt! -- Erst vier?
und schon fast Nacht! -- "Vier!" wiederholen die
Glocken dumpf über die ganze Stadt. Jetzt sind die
Schulen zu Ende! Hurrah -- hinaus in den beginnen-
den Winter: die Buben wild und unbändig, die Mäd-
chen ängstlich und trippelnd, dicht sich an den Häuser-
wänden hinwindend.

Hier und dort blitzt nun schon in einem dunkeln La-
den ein Licht auf, immer geisterhafter wird das Aus-
sehen der Sperlingsgasse.

Da kommt der Lehrer selbst, seine Bücher unter dem
Arm; aufmerksam betrachtet er das Zerschmelzen einer
Flocke auf seinem fadenscheinigen, schwarzen Rockärmel.
Jetzt ist die Zeit für einen Märchenerzähler, für einen

kleine Händchen klatſchen fröhlich zuſammen: welche Ge-
danken an weiße Dächer und grüne funkelnde Tannen-
bäume! Wie phantaſtiſch die Sperlingsgaſſe in dem wir-
belnden, weißen Geſtöber ausſieht! Wie die waſſerholen-
den Dienſtmädchen am Brunnen kichern! Der fatale
Wind! —

„Gehorſamſter Diener Herr Profeſſor Niepeguk!
Auch im erſten Schnee?“

„Aerztliche Verordnung!“ brummt der Weiſe und
lächelt herauf zu mir, ſo gut es Würde und Hypochon-
drie erlauben.

Auf der Sophienkirche ſchlägt’s jetzt! — Erſt vier?
und ſchon faſt Nacht! — „Vier!“ wiederholen die
Glocken dumpf über die ganze Stadt. Jetzt ſind die
Schulen zu Ende! Hurrah — hinaus in den beginnen-
den Winter: die Buben wild und unbändig, die Mäd-
chen ängſtlich und trippelnd, dicht ſich an den Häuſer-
wänden hinwindend.

Hier und dort blitzt nun ſchon in einem dunkeln La-
den ein Licht auf, immer geiſterhafter wird das Aus-
ſehen der Sperlingsgaſſe.

Da kommt der Lehrer ſelbſt, ſeine Bücher unter dem
Arm; aufmerkſam betrachtet er das Zerſchmelzen einer
Flocke auf ſeinem fadenſcheinigen, ſchwarzen Rockärmel.
Jetzt iſt die Zeit für einen Märchenerzähler, für einen

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[4/0014] kleine Händchen klatſchen fröhlich zuſammen: welche Ge- danken an weiße Dächer und grüne funkelnde Tannen- bäume! Wie phantaſtiſch die Sperlingsgaſſe in dem wir- belnden, weißen Geſtöber ausſieht! Wie die waſſerholen- den Dienſtmädchen am Brunnen kichern! Der fatale Wind! — „Gehorſamſter Diener Herr Profeſſor Niepeguk! Auch im erſten Schnee?“ „Aerztliche Verordnung!“ brummt der Weiſe und lächelt herauf zu mir, ſo gut es Würde und Hypochon- drie erlauben. Auf der Sophienkirche ſchlägt’s jetzt! — Erſt vier? und ſchon faſt Nacht! — „Vier!“ wiederholen die Glocken dumpf über die ganze Stadt. Jetzt ſind die Schulen zu Ende! Hurrah — hinaus in den beginnen- den Winter: die Buben wild und unbändig, die Mäd- chen ängſtlich und trippelnd, dicht ſich an den Häuſer- wänden hinwindend. Hier und dort blitzt nun ſchon in einem dunkeln La- den ein Licht auf, immer geiſterhafter wird das Aus- ſehen der Sperlingsgaſſe. Da kommt der Lehrer ſelbſt, ſeine Bücher unter dem Arm; aufmerkſam betrachtet er das Zerſchmelzen einer Flocke auf ſeinem fadenſcheinigen, ſchwarzen Rockärmel. Jetzt iſt die Zeit für einen Märchenerzähler, für einen

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/14>, abgerufen am 21.11.2024.