Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.Dichter. -- Ganz aufgeregt schritt ich hin und her; "Ein Bilderbuch der Sperlingsgasse!" "Eine Chronik der Sperlingsgasse!" Ein Kinderkopf drückt sich drüben im Hause gegen Dichter. — Ganz aufgeregt ſchritt ich hin und her; „Ein Bilderbuch der Sperlingsgaſſe!“ „Eine Chronik der Sperlingsgaſſe!“ Ein Kinderkopf drückt ſich drüben im Hauſe gegen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0015" n="5"/> Dichter. — Ganz aufgeregt ſchritt ich hin und her;<lb/> vergeſſen war die böſe Zeit; — auch mir war, wie wei-<lb/> land dem ehrlichen Matthias, ein großer Gedanke „auf’s<lb/> Herz geſchoſſen“. „Ich führe ihn aus, ich führe ihn<lb/> aus!“ brummte ich vor mich hin, während ich auf und<lb/> ab lief; wie verwundert mich auch alle meine Quartan-<lb/> ten und Folianten von den Büchergeſtellen anglotzten,<lb/> wie ſpöttiſch auch das Allongeperückengeſicht auf dem<lb/> Titelblatt der dort aufgeſchlagenen Schwarte hergrinzte!</p><lb/> <p>„Ein Bilderbuch der Sperlingsgaſſe!“</p><lb/> <p>„Eine <hi rendition="#g">Chronik der Sperlingsgaſſe</hi>!“</p><lb/> <p>Ein Kinderkopf drückt ſich drüben im Hauſe gegen<lb/> die Scheibe, und der Lampenſchein dahinter wirft den<lb/> runden Schatten über die Gaſſe in mein dunkles Fen-<lb/> ſter und über die Büchergeſtelle an der entgegengeſetzten<lb/> Wand. Ein gutes, ein glückliches Omen! Grinzt nur,<lb/> ihr Meiſter in Folio und Quarto, ihr Aldinen und El-<lb/> zeviere! Ein Bilderbuch der Sperlingsgaſſe; eine Chro-<lb/> nik der Sperlingsgaſſe! Ich mußte mich wirklich ſetzen,<lb/> ſo war mir die Aufregung in die alten Beine gefahren,<lb/> und benutzte das gleich, um ein Buch Papier zu falzen<lb/> für meinen großen Gedanken und einen letzten Blick<lb/> hinaus zu werfen in den erſten Schnee. Bah! — Wo<lb/> war er geblieben? Wie ein guter Diener war er, nach-<lb/> dem er die Ankunft ſeines Meiſters, des geſtrengen Herrn<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [5/0015]
Dichter. — Ganz aufgeregt ſchritt ich hin und her;
vergeſſen war die böſe Zeit; — auch mir war, wie wei-
land dem ehrlichen Matthias, ein großer Gedanke „auf’s
Herz geſchoſſen“. „Ich führe ihn aus, ich führe ihn
aus!“ brummte ich vor mich hin, während ich auf und
ab lief; wie verwundert mich auch alle meine Quartan-
ten und Folianten von den Büchergeſtellen anglotzten,
wie ſpöttiſch auch das Allongeperückengeſicht auf dem
Titelblatt der dort aufgeſchlagenen Schwarte hergrinzte!
„Ein Bilderbuch der Sperlingsgaſſe!“
„Eine Chronik der Sperlingsgaſſe!“
Ein Kinderkopf drückt ſich drüben im Hauſe gegen
die Scheibe, und der Lampenſchein dahinter wirft den
runden Schatten über die Gaſſe in mein dunkles Fen-
ſter und über die Büchergeſtelle an der entgegengeſetzten
Wand. Ein gutes, ein glückliches Omen! Grinzt nur,
ihr Meiſter in Folio und Quarto, ihr Aldinen und El-
zeviere! Ein Bilderbuch der Sperlingsgaſſe; eine Chro-
nik der Sperlingsgaſſe! Ich mußte mich wirklich ſetzen,
ſo war mir die Aufregung in die alten Beine gefahren,
und benutzte das gleich, um ein Buch Papier zu falzen
für meinen großen Gedanken und einen letzten Blick
hinaus zu werfen in den erſten Schnee. Bah! — Wo
war er geblieben? Wie ein guter Diener war er, nach-
dem er die Ankunft ſeines Meiſters, des geſtrengen Herrn
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