kaufenden und verkaufenden Publicum lächerlich zu wer- den mit meiner Mohrrübe, die ich noch immer krampf- haft in der Hand halte. -- Ich trete in einen Eierkorb! Riesiger Scandal! -- Die Polizei erscheint! -- "Ver- koofen Se Ihr Grünkraut sachte," sagt grinsend Poli- zeimann Nr. 69., "immer langtemang!" -- Ich bezahle für den Eierkorb mit blutendem Herzen und gelben Stie- feln; -- von Elise keine Spur! -- Neue Jagd, -- ich glitsche über einem Kohlstrunk aus -- baff, da liege ich mit Korb und Mappe; Kohlrüben, Rosen, Zwiebeln, meine Zeichnungen und Elisens Marktrechnungen im malerischen Durcheinander um mich her. "O Jotte, det arme Kind," sagt eine dicke Gemüsefrau, "ebent in die Eier und nu in den D ...! Soll ich Se ufhelfen, Män- neken!" -- "Immer langtemang," grinst wieder Polizei- mann Nr. 69., der mir wie mein böses Princip gefolgt ist. -- Ich suche meine Schätze, die ich zu allen Teufeln wünsche, gleich im Liegen auf, und erhebe mich dann in einer wirklich anmuthigen Verfassung. Außer Athem und hinkend, schlage ich mich durch die Menge und sinke auf den Eckstein an derselben Ecke, wo mein Leiden begon- nen hatte. Ich stelle den Korb zwischen die Beine und starre mit äußerst bitterm Gefühl hinein. Soll ich das Ungethüm wirklich hinschleppen nach der Sperlingsgasse? -- Vorbei an der Caserne der Zweiunddreißiger und an
kaufenden und verkaufenden Publicum lächerlich zu wer- den mit meiner Mohrrübe, die ich noch immer krampf- haft in der Hand halte. — Ich trete in einen Eierkorb! Rieſiger Scandal! — Die Polizei erſcheint! — „Ver- koofen Se Ihr Grünkraut ſachte,“ ſagt grinſend Poli- zeimann Nr. 69., „immer langtemang!“ — Ich bezahle für den Eierkorb mit blutendem Herzen und gelben Stie- feln; — von Eliſe keine Spur! — Neue Jagd, — ich glitſche über einem Kohlſtrunk aus — baff, da liege ich mit Korb und Mappe; Kohlrüben, Roſen, Zwiebeln, meine Zeichnungen und Eliſens Marktrechnungen im maleriſchen Durcheinander um mich her. „O Jotte, det arme Kind,“ ſagt eine dicke Gemüſefrau, „ebent in die Eier und nu in den D …! Soll ich Se ufhelfen, Män- neken!“ — „Immer langtemang,“ grinſt wieder Polizei- mann Nr. 69., der mir wie mein böſes Princip gefolgt iſt. — Ich ſuche meine Schätze, die ich zu allen Teufeln wünſche, gleich im Liegen auf, und erhebe mich dann in einer wirklich anmuthigen Verfaſſung. Außer Athem und hinkend, ſchlage ich mich durch die Menge und ſinke auf den Eckſtein an derſelben Ecke, wo mein Leiden begon- nen hatte. Ich ſtelle den Korb zwiſchen die Beine und ſtarre mit äußerſt bitterm Gefühl hinein. Soll ich das Ungethüm wirklich hinſchleppen nach der Sperlingsgaſſe? — Vorbei an der Caſerne der Zweiunddreißiger und an
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kaufenden und verkaufenden Publicum lächerlich zu wer-
den mit meiner Mohrrübe, die ich noch immer krampf-
haft in der Hand halte. — Ich trete in einen Eierkorb!
Rieſiger Scandal! — Die Polizei erſcheint! — „Ver-
koofen Se Ihr Grünkraut ſachte,“ ſagt grinſend Poli-
zeimann Nr. 69., „immer langtemang!“ — Ich bezahle
für den Eierkorb mit blutendem Herzen und gelben Stie-
feln; — von Eliſe keine Spur! — Neue Jagd, — ich
glitſche über einem Kohlſtrunk aus — baff, da liege ich
mit Korb und Mappe; Kohlrüben, Roſen, Zwiebeln,
meine Zeichnungen und Eliſens Marktrechnungen im
maleriſchen Durcheinander um mich her. „O Jotte, det
arme Kind,“ ſagt eine dicke Gemüſefrau, „ebent in die
Eier und nu in den D …! Soll ich Se ufhelfen, Män-
neken!“ — „Immer langtemang,“ grinſt wieder Polizei-
mann Nr. 69., der mir wie mein böſes Princip gefolgt
iſt. — Ich ſuche meine Schätze, die ich zu allen Teufeln
wünſche, gleich im Liegen auf, und erhebe mich dann in
einer wirklich anmuthigen Verfaſſung. Außer Athem und
hinkend, ſchlage ich mich durch die Menge und ſinke auf
den Eckſtein an derſelben Ecke, wo mein Leiden begon-
nen hatte. Ich ſtelle den Korb zwiſchen die Beine und
ſtarre mit äußerſt bitterm Gefühl hinein. Soll ich das
Ungethüm wirklich hinſchleppen nach der Sperlingsgaſſe?
— Vorbei an der Caſerne der Zweiunddreißiger und an
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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/207>, abgerufen am 21.11.2024.
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