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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

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Erschrocken und prustend springt dieser zur Seite, wor-
auf die Uebelthäterin, böse Folgen ahnend, sogleich,
um das Becken herum, die Flucht ergreift.

"Ihr seid Zeugen, daß Sie angefangen hat!" ruft
Gustav, ebenfalls die Hand in's Wasser tauchend und
Elisen nacheilend.

"Tante! Tante! -- Onkel, Hülfe!" schreit diese,
mit der abgebundenen Schürze den Verfolger im Ren-
nen abwehrend und ihn mit der andern freien Hand
unaufhörlich bespritzend.

"Warte, Wasserjungfer!" ruft Gustav und bemäch-
tigt sich der Schürze. "Das sollst Du büßen, Ver-
rätherin!"

Mit einem Schrei läßt Elise ihre Aegide fahren,
und -- wie ein Reh ist sie seitwärts im Gebüsch hinter
den Holundersträuchen verschwunden, doch nicht, ohne
ihren durchnäßten Verfolger auf den Fersen zu haben.

"Diese Wildfänge!" seufzt die Tante Helene, auf
eine Bank sinkend; während ich Taschentuch, Arbeits-
körbchen und umherrollende Aepfel, welches alles das
Frauenzimmer, den Ausgang ihres Attentats vorher-
sehend, sogleich zu Boden geworfen hat, aufsuche, wie
es einem guten Onkel und Vormund geziemt. "Hören
Sie nur, wie das Mädchen kreischt!" --

Indem wir noch der wilden Jagd zwischen den

Erſchrocken und pruſtend ſpringt dieſer zur Seite, wor-
auf die Uebelthäterin, böſe Folgen ahnend, ſogleich,
um das Becken herum, die Flucht ergreift.

„Ihr ſeid Zeugen, daß Sie angefangen hat!“ ruft
Guſtav, ebenfalls die Hand in’s Waſſer tauchend und
Eliſen nacheilend.

„Tante! Tante! — Onkel, Hülfe!“ ſchreit dieſe,
mit der abgebundenen Schürze den Verfolger im Ren-
nen abwehrend und ihn mit der andern freien Hand
unaufhörlich beſpritzend.

„Warte, Waſſerjungfer!“ ruft Guſtav und bemäch-
tigt ſich der Schürze. „Das ſollſt Du büßen, Ver-
rätherin!“

Mit einem Schrei läßt Eliſe ihre Aegide fahren,
und — wie ein Reh iſt ſie ſeitwärts im Gebüſch hinter
den Holunderſträuchen verſchwunden, doch nicht, ohne
ihren durchnäßten Verfolger auf den Ferſen zu haben.

„Dieſe Wildfänge!“ ſeufzt die Tante Helene, auf
eine Bank ſinkend; während ich Taſchentuch, Arbeits-
körbchen und umherrollende Aepfel, welches alles das
Frauenzimmer, den Ausgang ihres Attentats vorher-
ſehend, ſogleich zu Boden geworfen hat, aufſuche, wie
es einem guten Onkel und Vormund geziemt. „Hören
Sie nur, wie das Mädchen kreiſcht!“ —

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[242/0252] Erſchrocken und pruſtend ſpringt dieſer zur Seite, wor- auf die Uebelthäterin, böſe Folgen ahnend, ſogleich, um das Becken herum, die Flucht ergreift. „Ihr ſeid Zeugen, daß Sie angefangen hat!“ ruft Guſtav, ebenfalls die Hand in’s Waſſer tauchend und Eliſen nacheilend. „Tante! Tante! — Onkel, Hülfe!“ ſchreit dieſe, mit der abgebundenen Schürze den Verfolger im Ren- nen abwehrend und ihn mit der andern freien Hand unaufhörlich beſpritzend. „Warte, Waſſerjungfer!“ ruft Guſtav und bemäch- tigt ſich der Schürze. „Das ſollſt Du büßen, Ver- rätherin!“ Mit einem Schrei läßt Eliſe ihre Aegide fahren, und — wie ein Reh iſt ſie ſeitwärts im Gebüſch hinter den Holunderſträuchen verſchwunden, doch nicht, ohne ihren durchnäßten Verfolger auf den Ferſen zu haben. „Dieſe Wildfänge!“ ſeufzt die Tante Helene, auf eine Bank ſinkend; während ich Taſchentuch, Arbeits- körbchen und umherrollende Aepfel, welches alles das Frauenzimmer, den Ausgang ihres Attentats vorher- ſehend, ſogleich zu Boden geworfen hat, aufſuche, wie es einem guten Onkel und Vormund geziemt. „Hören Sie nur, wie das Mädchen kreiſcht!“ — Indem wir noch der wilden Jagd zwiſchen den

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/252>, abgerufen am 23.11.2024.