Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.trägt es gar vorsichtig und hält es mit beiden Händen "Wetter, edler Philosoph, lassen Sie die deutsche Halb gezogen von Lischen, halb umgeworfen vom trägt es gar vorſichtig und hält es mit beiden Händen „Wetter, edler Philoſoph, laſſen Sie die deutſche Halb gezogen von Lischen, halb umgeworfen vom <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0088" n="78"/> trägt es gar vorſichtig und hält es mit beiden Händen<lb/> weit von ſich ab. Jetzt erſcheint der Doctor ebenfalls<lb/> in der Gaſſe, den öſtreichiſchen Landſturm pfeifend, die<lb/> Cigarre im Munde und mit dem Hakenſtock ſehr burſchi-<lb/> koſe Fechterübungen gegen einen eingebildeten Gegner<lb/> machend. Er brüllt herauf:</p><lb/> <p>„Wetter, edler Philoſoph, laſſen Sie die deutſche<lb/> Preſſe nicht zu unvernünftig lange warten.“</p><lb/> <p>Halb gezogen von Lischen, halb umgeworfen vom<lb/> Rezenſenten, der, wie es ſcheint, ſeiner höheren Bil-<lb/> dungsſchule ſehr ungeduldig entgegengeht ſtolpere ich<lb/> die Treppe hinunter: über Eimer und Beſen, über Kin-<lb/> der und Körbe. Aus allen Thüren ſchauen alte und<lb/> junge, männliche und weibliche Köpfe, die alle der klei-<lb/> nen Liſe Ralff freundlich zunicken. Und wirklich, ſie iſt<lb/> auch, — wie einſt ihre Mutter, nur jetzt noch auf andere<lb/> Weiſe — das bewegende Princip der ganzen Hausge-<lb/> noſſenſchaft. Auf der Gaſſe taucht der Klempner Mar-<lb/> quart aus ſeiner Höhle auf und erhält von der Liſe<lb/> Gruß und Handſchlag, nicht aber vom Rezenſenten, der<lb/> den Feuerarbeiter haßt und, wie es ſo oft in der Welt<lb/> geſchieht, das Werkzeug für die Urſache nimmt. — Hat<lb/> nicht Marquart auf hohe polizeiliche Anordnung ihm,<lb/> dem ehrbaren, ſoliden Rezenſenten, dem Muſter aller<lb/> Pudel, den Maulkorb mit der Steuermarke um die be-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [78/0088]
trägt es gar vorſichtig und hält es mit beiden Händen
weit von ſich ab. Jetzt erſcheint der Doctor ebenfalls
in der Gaſſe, den öſtreichiſchen Landſturm pfeifend, die
Cigarre im Munde und mit dem Hakenſtock ſehr burſchi-
koſe Fechterübungen gegen einen eingebildeten Gegner
machend. Er brüllt herauf:
„Wetter, edler Philoſoph, laſſen Sie die deutſche
Preſſe nicht zu unvernünftig lange warten.“
Halb gezogen von Lischen, halb umgeworfen vom
Rezenſenten, der, wie es ſcheint, ſeiner höheren Bil-
dungsſchule ſehr ungeduldig entgegengeht ſtolpere ich
die Treppe hinunter: über Eimer und Beſen, über Kin-
der und Körbe. Aus allen Thüren ſchauen alte und
junge, männliche und weibliche Köpfe, die alle der klei-
nen Liſe Ralff freundlich zunicken. Und wirklich, ſie iſt
auch, — wie einſt ihre Mutter, nur jetzt noch auf andere
Weiſe — das bewegende Princip der ganzen Hausge-
noſſenſchaft. Auf der Gaſſe taucht der Klempner Mar-
quart aus ſeiner Höhle auf und erhält von der Liſe
Gruß und Handſchlag, nicht aber vom Rezenſenten, der
den Feuerarbeiter haßt und, wie es ſo oft in der Welt
geſchieht, das Werkzeug für die Urſache nimmt. — Hat
nicht Marquart auf hohe polizeiliche Anordnung ihm,
dem ehrbaren, ſoliden Rezenſenten, dem Muſter aller
Pudel, den Maulkorb mit der Steuermarke um die be-
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