Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.arme Frau, "bester Heinrich, ich bitte Dich himmel- "Gefräßiger willst Du sagen --" "Meinetwegen auch! aber bitte, bitte, mach Dich "Ganz gewiß nicht, Schatz. Die Speisekammer "Er ist unverbesserlich!" seufzte die Frau, sich zu "Nein, das will ich nicht. Wann etwas heute arme Frau, „beſter Heinrich, ich bitte Dich himmel- „Gefräßiger willſt Du ſagen —“ „Meinetwegen auch! aber bitte, bitte, mach Dich „Ganz gewiß nicht, Schatz. Die Speiſekammer „Er iſt unverbeſſerlich!“ ſeufzte die Frau, ſich zu „Nein, das will ich nicht. Wann etwas heute <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0145" n="135"/> arme Frau, „beſter Heinrich, ich bitte Dich himmel-<lb/> hoch, mach Dich nicht ſchlechter —“</p><lb/> <p>„Gefräßiger willſt Du ſagen —“</p><lb/> <p>„Meinetwegen auch! aber bitte, bitte, mach Dich<lb/> doch in dieſem ſchrecklichen Augenblick, wo mir alle<lb/> Glieder beben von Deinem Worte über Kienbaum,<lb/> mach Dich jetzt nicht gräßlicher als Du biſt. Biſt<lb/> Du denn allein der Obſtbäume und der Stachel-<lb/> beeren wegen zu — mir — uns herausgekommen<lb/> aus der Stadt?“</p><lb/> <p>„Ganz gewiß nicht, Schatz. Die Speiſekammer<lb/> und die Milchkammer hatten auch ihre Reize. Nimm<lb/> nur mal die friſche Butter und das Bauernbrot an!<lb/> Und Euren Käſe! Für mich hatte die ganze klaſſiſche<lb/> und moderne Welt nur deshalb geſchrieben und<lb/> drucken laſſen, um das nöthige Einwickelpapier herzu-<lb/> ſtellen. Nämlich, Eduard, ich ſtopfte mir nicht nur<lb/> den Hals, ſondern auch die Taſchen voll.“</p><lb/> <p>„Er iſt unverbeſſerlich!“ ſeufzte die Frau, ſich zu<lb/> mir wendend. „Ich habe es eigentlich auch ſchon von<lb/> unſerer erſten Bekanntſchaft an aufgegeben, ihn zu<lb/> beſſern und verſuche es nur manchmal noch bloß des<lb/> Anſtandes wegen vor fremden Leuten und liebem Beſuch.<lb/> Aber jetzt im Ernſt, o Gott ja, im herzbebenden Ernſt,<lb/> ich rede nun wohl ſelber zu Deinem Freunde ein<lb/> Wort von unſerm damaligen Verhältniß, wenn —<lb/> wenn Du uns nicht doch vorher ſagen willſt —“</p><lb/> <p>„Nein, das will ich nicht. Wann etwas heute<lb/> gottlob Zeit hat, ſo iſt es das! Du hängſt und<lb/> köpfſt ihn nicht mehr, Schatz. Es iſt zu ſpät. Es<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [135/0145]
arme Frau, „beſter Heinrich, ich bitte Dich himmel-
hoch, mach Dich nicht ſchlechter —“
„Gefräßiger willſt Du ſagen —“
„Meinetwegen auch! aber bitte, bitte, mach Dich
doch in dieſem ſchrecklichen Augenblick, wo mir alle
Glieder beben von Deinem Worte über Kienbaum,
mach Dich jetzt nicht gräßlicher als Du biſt. Biſt
Du denn allein der Obſtbäume und der Stachel-
beeren wegen zu — mir — uns herausgekommen
aus der Stadt?“
„Ganz gewiß nicht, Schatz. Die Speiſekammer
und die Milchkammer hatten auch ihre Reize. Nimm
nur mal die friſche Butter und das Bauernbrot an!
Und Euren Käſe! Für mich hatte die ganze klaſſiſche
und moderne Welt nur deshalb geſchrieben und
drucken laſſen, um das nöthige Einwickelpapier herzu-
ſtellen. Nämlich, Eduard, ich ſtopfte mir nicht nur
den Hals, ſondern auch die Taſchen voll.“
„Er iſt unverbeſſerlich!“ ſeufzte die Frau, ſich zu
mir wendend. „Ich habe es eigentlich auch ſchon von
unſerer erſten Bekanntſchaft an aufgegeben, ihn zu
beſſern und verſuche es nur manchmal noch bloß des
Anſtandes wegen vor fremden Leuten und liebem Beſuch.
Aber jetzt im Ernſt, o Gott ja, im herzbebenden Ernſt,
ich rede nun wohl ſelber zu Deinem Freunde ein
Wort von unſerm damaligen Verhältniß, wenn —
wenn Du uns nicht doch vorher ſagen willſt —“
„Nein, das will ich nicht. Wann etwas heute
gottlob Zeit hat, ſo iſt es das! Du hängſt und
köpfſt ihn nicht mehr, Schatz. Es iſt zu ſpät. Es
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